„Im Leben muss man viel ausprobieren, und das macht Spaß“ – unter diesem Motto hat Srirangan Manickam, von seinen Gästen kurz „Sri“ genannt, vor etwa zweieinhalb Jahren am Entenplatz in Graz ein sri-lankisches Restaurant – das Dainadoo – eröffnet. Neben der ausgezeichneten Küche ist vor allem eines bemerkenswert: an jedem Vollmondabend gibt es sri-lankische Speisen umsonst.
Von Christina Jauk, Sarah Koller, Romana Mocnik, Monica Nadegger, Max Sommer & Clemens Wolf
Bereits am Eingang des Dainadoo (Facebook-Page) duftet es nach Curry, Kokosnuss und exotischen Gewürzen. Orientalische Klänge und Jazz erfüllen die sonst so ruhige Gegend rund um den Entenplatz mit Leben. An der offenen Glastür scharen sich die Gäste um heiße Schalen mit Reis und scharfem Linsen- und Thaicurry. Ein dunkelhäutiger Mann mit zusammengebundenem grauem Haar und warmherziger Miene füllt die Schalen immer wieder auf. Spätestens, wenn Manickam an den Tisch kommt und die Gäste herzlich begrüßt, fühlt man sich wie am Mittagstisch einer sri-lankischen Großfamilie.
Gekocht wird im Dainadoo nach original sri-lankischen Rezepten, die Manickam von seiner Mutter gelernt hat. Schon in jungem Alter bekochte er seine Familie, Verwandte und Bekannte. Als Tamile gehörte Manickam in seiner Heimat Sri Lanka einer verfolgten Minderheit an. Als die politische Lage für ihn unerträglich wurde, flüchtete Manickam und wanderte aus. In seine neue Heimat Graz gelangte er über Umwege. Indien, Syrien, Pakistan, die arabischen Emirate und Ägypten waren Zwischenstopps, ehe er in Österreich um Asyl ansuchte. Dem 48-jährigen Tamilen fiel es nicht schwer, gleich von Beginn an Freundschaften zu knüpfen. In Zeiten der finanziellen Not konnte er in einer Kirchengemeinde Unterschlupf finden und umsonst in der Wohnung eines Pfarrers wohnen. Er solle bezahlen, wann er könne, hieß es. Diese Großzügigkeit hat Manickam tieft berührt und bis heute nicht vergessen.
So ist auch das Vollmond-Buffet, eine der großen Besonderheiten des Dainadoo und ein wahrer Geheimtipp, entstanden. Zu jedem Vollmond, außer sonn- und feiertags, wird den Gästen ein kostenloses Buffet mit exotischen Currygerichten geboten. Manickam möchte auf diesem Weg zurückgeben, was ihm zu Beginn seines Aufenthaltes in Österreich geschenkt wurde: Nächstenliebe, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. „Außerdem bin ich an einem Vollmondabend geboren. Dann feiere ich an jedem dieser Tage so etwas wie Geburtstag – und meine Gäste feiern mit“.
Kulinarisch erwartet einen im Dainadoo viel Außergewöhnliches. Die Küche ist vor allem vegetarisch und typisch tamilisch – auch mit der Schärfe wird nicht gespart. Unter der Woche gibt es jeweils von 12:00 bis 14:30 Uhr ein Mittagsbuffet, das je nach Wochentag variiert. Montags und mittwochs tischt Manickam seinen Gästen vegetarische Speisen auf, dienstags und donnerstags gibt’s Fleisch, und am Freitag Fisch. Fleisch zu essen – und zu kochen – ist übrigens für den Sohn einer Hindu–Familie alles andere als selbstverständlich: „Meine Eltern sind gläubige Hindus. Mit zwanzig Jahren habe ich das erste Mal Fleisch gegessen“, erzählt der Küchenchef.
Mit dem Dainadoo hat sich Manickam einen Traum erfüllt und ein Stückchen Heimat direkt nach Graz geholt – deswegen auch die bewusste Namenswahl Dainadoo, was soviel wie „Heimat“ bedeutet. Mit seiner offenen Art und der familiären Atmosphäre zieht er immer mehr Grazer in das Lokal. Trotzdem vermisst er sein Zuhause und wünscht sich eine Besserung der politischen Lage, um eines Tages zurück nach Sri Lanka reisen und dort seine Familie besuchen zu können. Bis dahin holt er Sri Lanka in das Annenviertel und entführt seine Gästen in die kulinarische Welt seiner Heimatregion.