Herzen für Barcelona

Lesezeit: 2 Minuten

Im Laden Kreative Einblicke werden Werkstücke von Menschen verkauft, die körperlich oder geistig behindert sind. Die Arbeit in Kreativwerkstätten ist für sie Therapie und Alltag zugleich.

Von Sonja Radkohl

 

Kreative Einblicke 1Von außen präsentiert sich der Laden unscheinbar

 

Auf halbem Weg zwischen Roseggerhaus und Südtirolerplatz, versteckt unter kleinen Imbissen, Geschäften und den Filialen der Großhandelsketten eröffnen sich dem, der genau schaut, „kreative Einblicke“. Unscheinbare Fassade, kaum Auslagen, leicht zu übersehen- so präsentiert sich der Laden Kreative Einblicke von außen. Doch wer den Schritt in den Verkaufsraum wagt, findet dort liebevoll angefertigte Alltagsobjekte vor, hinter denen ganz persönliche Geschichten stecken: Tonschüsseln, Keramikfiguren, Holztiere, Uhren, Wandteppiche oder Korbflechtereien. Jedes dieser Stücke erzählt auch von dem langen Weg, den es bis in den Laden zurückgelegt hat, ein Weg, der seinen Anfang bei einem der Bewohner des „Johann von Gott- Pflegezentrums“ der Barmherzigen Brüder in Kainbach genommen hat.

 

Vom Tonklumpen bis zur Vase

Wer sich in den Werkstätten in Kainbach umsieht, staunt über die Konzentration der Bewohner, die sich vertieft ihrer Arbeit widmen. Sie sägen Holz, aus dem später Uhren werden, stecken mit den Armen bis zum Ellbogen im Ton, um Vasen zu töpfern, flechten mit geschickten Fingern Weidenkörbe oder gehen einer der anderen angebotenen Beschäftigungen nach. „Die Arbeit selbst ist nur ein Hilfsmittel, das Produkt ein bloßer Nebeneffekt. Das eigentliche Produkt ist das Wohlbefinden des Bewohners, die Freude, die Wertschätzung“, sagt Markus Keplinger, Leiter der Werkstätten in Kainbach Dabei setzt man  aber keineswegs nur auf Barmherzigkeit: „Wir wollen ein Teil der Gesellschaft sein und Produkte herstellen, die die Menschen wirklich brauchen“, so Keplinger.

Die Ideen zu den Werkstücken kommen dabei von unterschiedlichen Quellen. Zum einen bestimmen Mitarbeiter und die Nachfrage am Markt, was gefertigt wird, aber auch Einfälle der Bewohner werden umgesetzt: „Wir haben zum Beispiel einen Bewohner, der sammelt Eindrücke in Büchern und setzt diese kreativ um“, sagt Roos Brondijk, Mitarbeiterin in den Werkstätten. Realisiert werden die Ideen von den Bewohnern gemeinsam mit den Mitarbeitern in Einzelarbeit, aber auch vermehrt in kleinen und großen Teams.

 

Bereicherung für die Bewohner

Betrieben wird das „Johannes von Gott Pflegezentrum“ in Kainbach von dem Orden der Barmherzigen Brüder Österreichs. Deshalb werden auch in den Werkstätten vermehrt Stücke mit religiösem Charakter hergestellt, was die Bewohner in ihrer Tätigkeit aber nicht einschränken soll. „Religiöse Symbole herzustellen ist eine zusätzliche Möglichkeit für die Bewohner, wird aber von keinem verlangt“, so Keplinger. Sehr wohl wird aber auf religiöse Grundwerte geachtet, auf ein soziales Miteinander, auf Respekt vor dem Gegenüber.

Kreative Einblicke 2Zum Verkauf stehen Werkstücke, hergestellt von Menschen mit Behinderung

 

Ein Werkstück geht auf die Reise

Eines der Werkstücke hat es sogar über die Grenzen Österreichs hinaus geschafft. Dem Inhaber eines Ladens in Barcelona sind bei einem Graz-Besuch die handgefertigten Tonherzen im Geschäft in der Annenstraßen aufgefallen und er hat beschlossen, sie auch in seinem Laden zu verkaufen. „Sie stehen symbolisch für unseren Leitspruch ,Das Herz befehle’ und gleichzeitig für den Menschen der dahinter steht“, sagt Christine Spielhofer, Mitarbeiterin im Verkaufsladen Kreative Einblicke. „Mir fällt auf, dass gerade wenn die Zeiten schlechter werden, die Menschen beim Einkaufen mehr auf den Hintergrund der Dinge achten, die sie kaufen“

Die Einnahmen durch den Verkauf kommen dabei nicht dem Pflegezentrum zugute, sondern werden direkt an die Bewohner verteilt. „Anerkennungsbeitrag“ nennt sich der Lohn, den sie für ihre Arbeit erhalten. Somit leben die Bewohner nicht abgeschottet in ihrer eigenen Welt, sondern können mit dem „Verkaufsraum als Schnittstelle zur Öffentlichkeit“, wie Christine Spielhofer sagt, sinnvoll am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.

Als perfektionistische Kindergartenpädagogin scheint Sonja geradezu prädestiniert dazu zu sein, buntem Treiben in der Klasse entgegen zu stehen. Im Unterricht fliegt ihre Füllfeder schier über die Seiten, wenn sie sich fleißig Notizen macht. In ihrer Freizeit lebt sie gerne ihre musikalische Seite beim Gitarre spielen aus oder vertieft sich stundenlang in Bücher. Dank ihres schriftstellerischen Talents ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch sie ihre Karriere, wie ihr Lieblingsjournalist Hubert Patterer, im Printbereich starten wird. Verfasst von Jennifer Polanz

3 Comments

    • Ja, das ist glaube ich das Besondere an dem Laden: Man übersieht ihn leicht! Doch gibt es da viel zu entdecken und man weiß auch (was für mich nicht selbstverständlich ist) wer die Hersteller sind.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

fünf × fünf =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

„Früher ist man hier flaniert“

Nächste Geschichte

Ernten, was man sät

Letzter Post in Allgemein

Eine bärenstarke Saison

Die Gruppenphase der Austrian Division 1, der zweithöchsten Liga des österreichischen Footballs, ging für die Styrian