„Aufbruch ins Wesentliche“ lautet das Motto des diesjährigen Lendwirbels. Segel setzen, Kompass checken, aufbrechen. Nicht eindeutig ist allerdings, wohin meine Reise geht. Inspirierend und irritierend – mein erster Lendwirbel.
Von Sarah Koller
Buntes Treiben am Mariahilferplatz. Menschen laufen barfuß auf dem Asphalt. Ausgefallen gekleidet. Gut gelaunt. Tanzend. Viele kleine Stände bilden einen Rahmen um die Menschenmenge und die Kulisse für die barfußtanzende Meute. Auf der Suche nach dem Programmpunkt „Es geht um die Wurst“ sehe ich mich auf dem Mariahilferplatz – zugegeben etwas irritiert von den vielen nackten Füßen – etwas näher um. Eine junge Frau mit knallorangen Haaren und löchrigem Strohhut zeigt mir ihre Ware: Bunt bemalte Bierkapselbroschen.
Mehr oder weniger beeindruckt von diesem künstlerischen Handwerk entdecke ich zwei auf Bierbänken sitzende Herren. Beide starren etwas angestrengt auf die Schnapskarten in ihren Händen. Immerhin geht es bei den beiden im wahrsten Sinne des Wortes um die Wurst. Der Verlierer muss seinem Gegner ein Paar Frankfurter zahlen.
Bandschnitzeljagd
Um kurz vor 15:00 Uhr begebe ich mich auf die Murinsel. Dort soll in wenigen Minuten eine Bandschnitzeljagd starten. Ich weiß nicht wirklich, was mich erwarten wird. Auf der Murinsel stehen bereits ein paar Teilnehmer, die wohl genauso planlos sind wie ich. Pünktlich um 15.00 Uhr beginnt eine Band zu spielen. Nicht schlecht, denk ich mir – doch was ist jetzt eigentlich mit der Schnitzeljagd?
Nach kurzer Überlegung starten die ersten Teilnehmer los. Die Planlosen folgen den Wissenden. Einen Fußmarsch später gelangen wir unter die Murbrücke, wo als Belohnung für die kognitiven Hochleistungen die nächste Band auf uns wartet. Sobald auch die Letzten eingetroffen sind, beginnt die Band zu spielen. Die Lieder klingen melancholisch und schwer verdaulich. Die Violinklänge übertönen die jammernde Stimme des Sängers leider nicht.
Streetsoccer-Turnier
Bevor die Band zu Ende gespielt hat, geht es für mich weiter zum Streetsoccer-Turnier am Lendplatz, während es für die Teilnehmer der Schnitzeljagd den nächsten Hinweis gibt. Das Spiel ist bereits voll im Gange. Zahlreiche Fans und Fußballbegeisterte rufen ihrer Mannschaft zu, heizen die Stimmung auf. Auch die jeweils gegnerische Mannschaft bleibt nicht unbeachtet und wird lautstark beschimpft.
Beim Weg zurück auf den Mariahilferplatz entdecke ich ein Schar Menschen, die rund um einen kahlen Metallbaum stehen. Die Früchte des vier Meter hohen Baumes sind quadratische, kleine Fotos. Dabei handelt es sich um eine Wanderausstellung der Grazer Fotoakademie. Der Baum sei schon in New York City, Italien, der Schweiz und Deutschland gewesen, erklärt mir ein Student der Akademie.
Fazit: Der Lendwirbel hat mich für ein paar Stunden in seinen Bann gezogen, mich irritiert, aber auch fasziniert. Für ein paar Stunden war ich Teil einer anderen Welt – einer bunten, skurilen, wenn auch etwas eigenartigen Welt, die mit Sicherheit einen Besuch wert ist.