“Welcome to Pepis place. Open from 18 – open end. Wish you a good evening by good music & videos. We are pleased to see you“ steht in bunter Laufschrift über der mit Stickern vollgeklebten Tür am nördlichen Griesplatz. Wer sie öffnet, betritt Pepis Club Beisl und damit eine andere Welt.
Das „Pepis“ ist ein Vereinslokal für schwule Männer, und schon der erste Eindruck überwältigt. Lametta und bunte Lichterketten schmücken die Decke des kleinen Raumes. An den Wänden kleben hunderte Fotos von Prominenten und Gästen, manche auch von prominenten Gästen. Die Stereo-Anlage spielt deutschsprachigen Schlager, „good music“ also. Auch was die LED-Anzeige mit „good videos“ meint, wird bald klar: Auf einem Fernsehgerät in der Ecke des Lokals laufen permanent Schwulenpornos. Nicht zu softe, übrigens.
Hinter der Bar thront Pepi. Zwischen einem von der Decke hängenden Plüschtier und einem Flaschenöffner in Penisform leuchtet sein rundes Gesicht hervor. Seit nunmehr 20 Jahren sitzt er hier jeden Tag – „from 18 – open end“ – und bewirtet seine Gäste. Damit ist Pepis Club Beisl das älteste noch geöffnete Schwulenlokal in Graz.
„Hier fühlen sich einfach alle wohl“, sagt Pepi und deutet dabei auf die kleine Couch, über der Autogrammkarten von Papst Johannes Paul II bis Betty White und Schnappschüsse von Stammgästen hängen. Diese seine Gäste sind „bevorzugt männlich“ und werden mit Betreten des Lokals automatisch Mitglied im „Spielverein 36“. Den Verein hat er gegründet, um die Getränke möglichst billig an seine Mitglieder weitergeben zu können. „Der Verein erhält sich selbst – kostendeckend halt“, erklärt er, während er vom Spritzwein nippt.
Jedesmal, wenn Pepi spricht, verstummen die Gäste und lauschen seinen Worten. Man spürt: Dieser Mann ist hier der König, das hier ist wirklich „Pepis place“. Doch Pepi war nicht immer König. Bevor Josef Gruber zu einer Ikone der Grazer Schwulenszene wurde, war er vor allem eines: unterwegs. Geboren in Kärnten, verbrachte er die Kindheit in verschiedenen Einrichtungen von SOS-Kinderdorf. Mit 23 zog es ihn dann in die Steiermark. Er „tingelte von Ort zu Ort“, bis er in Graz „zum ersten Mal sesshaft wurde“. Dort arbeitete er zunächst in der Mercedes Bar, „als Putzfrau“, ehe er beschloss, sein eigenes Lokal am Griesplatz zu eröffnen.
Seit dieser Zeit hat er viel erlebt und ebenso viel zu erzählen. Auf die Jahre in seinem Beisl angesprochen, holt Pepi eine dicke Mappe hervor und schwelgt in Erinnerungen. Er blättert durch Fotos, die ihn mit seinen berühmten „Freunden“ zeigen. „Der Dorian“ (Steidl), „der Sigi“ (Nagl) oder „der Franz“ (Posch) – sie alle sollen schon zu Gast beim Pepi gewesen sein. Dazwischen hat er eine beachtliche Zahl von Zeitungsausschnitten eingeordnet, jeder hatte ihn zum Thema. Stolz präsentiert er die Artikel in den Klarsichtfolien und ergänzt sie um kleine Anekdoten. Er schwelgt in Erinnerungen und erzählt von seinem Auftritt bei „Liebesg’schichten und Heiratssachen“, seinem ehemaligen Strandhaus in Tunesien, oder seiner Tätigkeit als Polizei-Spitzel.
Viele sind an diesem Tag nicht in Pepis Club Beisl gekommen, um seinen Geschichten zu lauschen. Schon bald verabschiedet er auch den letzten Gast und legt die Erinnerungsmappe zurück. Noch ein letzter Spritzwein für den Hausherren, dann ist für heute das „open end“ gekommen. Pepi schaltet die bunte LED-Anzeige ab und geht einen Stock höher, in seine Wohnung. Bis zum nächsten Tag, wenn der schwule König vom Griesplatz wieder „pleased to see you“ ist.