„Die Spritzmittel früher waren Bomben“

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In den letzten Wochen wurde das Bienensterben in den Medien heiß diskutiert. Neonicotinoide sollen dafür verantwortlich sein, weshalb der Einsatz der schädlichen Pestizide mittlerweile für zwei Jahre verboten wurde. Die Annenpost war am Bauernmarkt am Lendplatz und hat mit dem Imker Franz Paar darüber gesprochen. Warum die Varroamilbe eine viel größere Gefahr für die Bienenvölker darstellt und auch die Imker immer weniger werden, erzählt er im Interview.

Wie stehen Sie zum Beschluss, den Einsatz von Neonicotinoiden zu verbieten?
Pestizideinsatz ja und nein. Der Bauer hat ein dementsprechendes Fachwissen, er weiß, was und wie viel er spritzt. Er muss spritzen, um überhaupt überleben zu können, das muss man auch sagen! Die größte Gefahr für uns Imker sind die Häuslbauer, die die schönste Ware haben wollen und undosiert, das heißt zu hoch dosiert spritzen. Der Vergiftung durch Beizmittel könnte man mit der Dreifelderwirtschaft vorbeugen, so wie sie früher betrieben wurde. Durch die Modernisierung wurde das aber hintangestellt, weil jeder nur an Gewinnoptimierung denkt. Die Dreifelderwirtschaft fällt mehr oder minder weg, weil der Mais am unkompliziertesten beim Anbau und bei der Ernte ist und vor allem sehr viel Ertrag bringt.

Sind ausschließlich Neonicotinoide für das Bienensterben verantwortlich?
Nein, denn wir leben mit der Varroamilbe. Wenn Bienenvölker in den sogenannten Ackerbaugebieten, also in der Südsteiermark oder im nördlichen Burgenland massiv sterben, kann es schon sein, dass zum Großteil das Spritzmittel Schuld ist. Aber wenn es bei Standimkern auf der Alm zu Völkereinbrüchen kommt, geht das nur zu Lasten des Imkers. Dort oben wird nicht gespritzt, dann hat der Imker eine falsche Behandlung und Arbeitsmethode gegenüber der Varroa angewendet.

Wie wirkt sich die Varroamilbe aus?
Die Varroamilbe ist ein Schädling, der das Bienenblut saugt und dadurch die Bienen massiv schwächt. Im Zuge dieser Schwächung kommen Viren und Bakterien hinzu – die Bienenvölker brechen zusammen, können sich selbst nicht mehr wehren und sterben ab. Imker, die die Varroa-Behandlung nicht konsequent betreiben, sind zum Sterben verurteilt. Das ist aber auch schwierig, weil die Milbe gegen viele Behandlungen resistent geworden ist und  immer neue Methoden angewendet werden müssen.

Hat es Bienenerkrankungen auch früher schon gegeben oder haben sich diese erst in den letzten Jahren entwickelt?
Früher hat es die Tracheenmilbe gegeben. Die Varroamilbe ist durch die Globalisierung und Importbienen aus dem asiatischen Raum eingeschleppt worden. Mittlerweile müssen wir seit ca. 30 Jahren mit der Milbe leben.

Inwieweit ist die Bienenzucht aufgrund von Krankheiten und Umwelteinflüssen schwieriger geworden?
Es ist sicherlich schwieriger geworden, weil man durch die Varroa viel mehr Arbeit hat. Wenn Vergiftungserscheinung auftreten, bricht das Volk zusammen, und es kann sein, dass alle Bienen absterben. Durch die Varroa haben auch viele Imker aufgehört zu arbeiten. Die Älteren sagen, sie tun sich das nicht mehr an, und den Jungen ist es zu zeitaufwändig. Die Spritzmittel früher, wie z.B. DDT waren Bomben gegenüber dem, was heute verwendet wird. Aber die Obstbauern sind auch schon sensibel geworden, da kaum mehr ein Bienenflug stattfindet und sie die Bienen erhalten wollen. Die kleinen Imker haben zum Großteil aufgehört, früher hat es bei fast jedem Bauernhaus ein paar Bienenstöcke für den Eigenbedarf gegeben. Das gibt es heute nicht mehr, sogar die meisten Obstbauern haben aufgehört, selbst Bienen zu halten.

Wieso sind Bienen so wichtig für uns Menschen?
Der Bestäubungseffekt ist enorm. Der Raps z.B. hängt nur vom Bienenflug ab. In China muss mit der Hand bestäubt werden, damit es eine Befruchtung gibt. Bei uns liefert die Biene kostenlos einen enormen Deckungsbeitrag für die Landwirtschaft und die Bevölkerung. Müssten wir per Hand bestäuben, wäre die gesamte Währungswirtschaft davon betroffen.

Hat sich das Verhalten der Marktbesucher verändert, seit das Aussterben der Bienen im Raum steht?
Auf jeden Fall. Sehr viele Leute kommen her und fragen nach, was los ist. Es findet ein Umdenken statt, das Produkt wird jetzt mehr geschätzt. Auch vielen Bauern ist bewusst geworden, wie wichtig die Bienen sind. Das hat uns Imkern gut getan, dass auch wir berücksichtigt werden und unsere Arbeit wertgeschätzt wird.

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[box] Franz Paar hat bereits als Kind mit der Imkerei begonnen  und ist seit mittlerweile 43 Jahren als Imker tätig.  Seine Produkte verkauft er am Bauernmarkt in Ragnitz,  Hönigtal und seit vier Jahren jeden Samstag am Lendplatz.
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"Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht,
sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer!"
22 Jahre alt ~ Graz ~ FH Joanneum ~ Journalismus & PR ~ lesen ~ schreiben ~ Familie & Freunde

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