Drei Brasilianer warten auf Jesus und den Zug

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Auf Reisen erlebt man bekanntlich besonders viel. Deshalb begaben wir uns auf der Suche nach interessanten Geschichten zum Grazer Hauptbahnhof, wo wir auf Ruben, Henrique und Aline trafen. Die drei kommen aus Brasilien und landeten nur durch Zufall in Graz. Der Annenpost erzählten sie, wie es dazu kam, warum sie jeden Samstag Gott widmen und was sie in Österreich machen. 

Am BahnhofAline, Henrique und Ruben (v.l.) verbringen den Nachmittag ungewollt am Grazer Hauptbahnhof 

Hallo, dürfen wir dich um ein Gespräch bitten?

Ruben: Ja, aber mein Deutsch ist nicht sehr gut.

Das klappt schon. Wir würden gerne wissen, wie du heißt und was du hier am Grazer Bahnhof machst?

Mein Name ist Ruben. Gestern war ich bei der Hochzeit eines Freundes in Ungarn. Jetzt fahre ich zusammen mit zwei Freunden zurück nach Bogenhofen ins Adventisten-Bildungszentrum. Dort bin ich Volontär, um zu helfen und Deutsch zu lernen. Eigentlich studiere ich Journalismus in Brasilien. Seit August bin ich in Österreich. Am Anfang habe ich noch kein Wort Deutsch gesprochen.

Wie funktioniert das Volontariat neben dem Studium?

Ich habe das Studium unterbrochen. Wenn ich zurück nach Brasilien gehe, kann ich weiterstudieren. Danach möchte ich Internationale Beziehungen studieren und als Diplomat arbeiten. Journalismus gefällt mir nämlich nicht so gut. In Brasilien ist es schwer, damit einen gut bezahlten Job zu bekommen und davon zu leben. Nur wer richtig bekannt ist, bekommt genug Geld.

Warum gerade Bogenhofen?

Weil ich Adventist des Siebenten Tages bin. Mit einem Service der Adventisten kann ich im Bildungszentrum ein Auslandsjahr als Volontär machen. Mein Freund, der gerade einkaufen ist, war auch schon Volontär hier. Er hat mir gesagt, man kann hier gut Deutsch lernen. Also bin ich hergekommen.

Hier studierst du nicht?

Nein, das Deutschlernen und die Arbeit als Volontär verbrauchen sehr viel Zeit. Meine Freizeit ist zum Lernen und Spaß haben da – und auch zum Reisen.

(Rubens Freunde Henrique und Aline kommen vom Einkaufen zurück)

Wie kann man sich eure Religionsgemeinschaft vorstellen? David Alaba ist ja auch Sieben-Tages-Adventist….

Henrique: Wir glauben, dass Gott wiederkommen wird und auf diese Wiederkunft warten wir. Wir heißen deshalb „Adventisten des Siebenten Tages“, weil wir am Samstag gar nichts machen. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Da nehmen wir uns Zeit für Gott und für einander. Wir machen alles, was uns mit Gott verbinden kann.

David Alaba spielt auch am Samstag Fußball…

Henrique: Das ist ein Problem. Er sagt zwar, dass er Adventist ist, nimmt es aber nicht genau. Ich kann auch sagen, dass ich Fußballer bin – ich spiele aber in keinem Verein. Er macht das falsch, wir machen es richtig. Am Samstag ist Sabbath. In der Bibel – im zweiten Mose –  steht, dass wir am Sabbath nicht arbeiten dürfen. Wir machen einfach, was die Bibel sagt.

Wie seid ihr zu dem Glauben gekommen?

Henrique: Mein Vater ist Pastor. Von klein auf habe ich diesen Glauben kennengelernt.

Ruben: Auch meine Familie ist sehr religiös. Und auch die von Aline.

Ist die Glaubensgemeinschaft in Brasilien größer als in Österreich?

Henrique: Ja, viel größer. Die größte Gemeinde in Österreich hat ca. 200 Mitglieder. Allein in unserer Gemeinde in Brasilien gibt es 3000.

Ihr glaubt, dass Gott wieder zurückkommt. Was wird da passieren?

Henrique: Wir kommen in den Himmel. Dort werden wir mit Gott für 1000 Jahre wohnen. Danach kehren wir zurück zu dieser Welt und alles wird erneuert. Gott wird eine neue Stadt bauen – ein neues Jerusalem.

Was passiert mit denen, die keine Adventisten sind?

Henrique: Diejenigen, die nicht nach der Bibel leben, werden sterben. Das heißt nicht, dass alle sterben, die keine Adventisten sind. Die Religion ist egal, wenn man nur der Bibel folgt. Auch Adventisten können sterben, wenn sie nicht alles richtig gemacht haben. Wenn Gott wieder kommt, können Sie ihn nicht sehen. Deshalb werden sie sterben. Sie werden aber auferstehen und der Teufel wird mit ihnen sein. Gemeinsam mit ihm werden sie gegen Gott kämpfen. Ein Krieg zwischen Gott und dem Teufel wird entstehen, aber sie werden auf jeden verlieren.

Wann passiert das?

Henrique: Das wissen wir nicht. Wir warten einfach.

Ruben: Die Bibel sagt, niemand weiß das. Nur Gott.

Kommt Jesus oder Gott auf die Erde?

Henrique: Gott, Jesus und der Heilige Geist sind für uns eine Person. Sie sind eine Person in drei Körpern. Das ist schwierig zu beschreiben. Im Körper wird Jesus wiederkommen, weil er für uns gestorben ist.

Aline: Das ist unsere Hoffnung.

Aber jetzt einmal fahrt ihr nach Bogenhofen?

Ruben: Ja, eigentlich haben wir gar nicht geplant, nach Graz zu kommen, aber mit unserem Zug gab es technische Probleme und wir mussten zwischenstoppen. Deshalb kommen wir auch später nach Bogenhofen.

Henrique: Ihr studiert auch Journalismus. Das finde ich cool.

Ruben: Ich habe auch oft Interviews gemacht. Da habe ich nicht gewusst, was ich fragen soll und war nervös. Man muss relaxen und wenn man einmal spricht, kommt alles von allein.

Was studiert ihr beide?

Henrique: Ich habe schon zwei Jahre in Brasilien JUS studiert. Jetzt möchte ich hier weiter machen und in Österreich bleiben.

Aline: Ich auch!

Warum wollt ihr in Österreich bleiben?

Henrique: Ich wollte nach Europa. Zuerst wollte ich in Frankreich studieren, weil das die erste Sprache war, die ich gelernt habe. Das war aber zu kompliziert, weil ich kein Diplom in Französisch habe. Das ist das Problem: Mein Französisch ist wahrscheinlich besser als mein Deutsch, aber dass ich Deutsch spreche, kann ich beweisen.

Was macht ihr noch diesen Sommer?

Henrique: Ich mache eine Reise. Ich fliege nach Südamerika, um Werbung für Bogenhofen zu machen. Dafür arbeite ich immer noch ab und zu, auch wenn kein Volontär mehr bin.

Dankeschön für das Gespräch und schönen Sommer noch!  

Das Interview führten Ines Abrahan und Adrian Engel  

FH JOANNEUM - Journalismus und PR /
wohnt in Graz / 19 Jahre /
schreibt und liest gern / liebt gute Geschichten und Schokolade / Tee - und Nagellackfreak/

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