Bernhard Wolf in seinem Atelier am Griesplatz, das er als Zwischenmieter nutzt.

Zehn Wandmalereien gegen Werbung

Lesezeit: 2 Minuten

Die Kunst im öffentlichen Raum ist im Annenviertel kaum zu übersehen. Neben sprechenden Skulpturen in der Annenstraße und Migrantengeschichten an Häuserwänden nutzt jetzt auch Bernhard Wolf freie Flächen im Stadtgebiet, um seine Kunst zu präsentieren.

Das Projekt „In alle Netze“ versammelt zehn Kunstwerken bestehend aus Symbolen und Wörtern. An freien Wänden sollen die einfach gehaltenen Malereien der Werbungsflut entgegenwirken und das automatische Rezipieren dieser Ankündigungen kurz unterbrechen. „Mit uns wird die letzten Jahrzehnte ein massives psychologisches Experiment vonseiten der Werbebranche durchgeführt“, erklärt Wolf, keine Sekunde würde man von Werbungen in Ruhe gelassen.

Die Wahlplakate nutzen die letzten freien Flächen im öffentlichen Raum. Im Hintergrund sieht man ein Kunstwerk von Bernhard Wolf, das einen Moment die Aufmerksamkeit von der Werbung wegziehen soll.
Die Wahlplakate belegen die letzten freien Flächen im öffentlichen Raum. Im Hintergrund sieht man ein Kunstwerk von Bernhard Wolf, das einen Moment die Aufmerksamkeit von der Werbung wegziehen soll.

Auch wenn der Künstler mit den gleichen Mitteln wie Werbungsmacher arbeitet, gibt es doch Unterschiede. Während beide im öffentlichen Raum um die Aufmerksamkeit der Passanten buhlen, reicht es Wolf schon, wenn Menschen kurz hängen bleiben. Diesen Moment des Hängenbleibens erreicht Wolf durch die vermeintliche Sinnlosigkeit, die seine Kunstwerke auf den ersten Blick ausstrahlen. „Nachdenken muss man darüber nicht, kann man aber, wenn man will.“

Für Wolf handelt es sich bei dem Kunstprojekt um ein Forschungsprogramm, das die Wirkkraft von Symbolen und Wörtern im öffentlichen Raum klar machen soll. Dafür hat er beliebige Symbole gesammelt oder selbst generiert und diese dann mit Wörtern kombiniert. „Mit mir selber muss durch das Assoziieren irgendetwas passieren“, erklärt der Künstler, erst dann kommen die Motive an die Öffentlichkeit. Wie die Kunstwerke auf die Passanten wirken, erfährt er in den meisten Fällen nicht, nur manchmal gibt es Rückmeldungen.

Bernhard Wolf in seinem Atelier am Griesplatz, das er als Zwischenmieter nutzt.
Bernhard Wolf in seinem Atelier am Griesplatz, das er als Zwischenmieter nutzt.

Sechs der zehn geplanten Motive sind schon auf freien Wänden im Grazer Stadtraum angebracht worden. Im Annenviertel sind sie in der Zweigelgasse, Fellingergasse, Griesgasse und am Griesplatz zu sehen. Hauptsächlich handelt es sich dabei um aufgemalte Symbole, nur wenn der Untergrund durch Unebenheiten für die Malerei nicht geeignet ist, greift Wolf auf Plakate zurück. Mitte Oktober sollen alle zehn Motive fertiggestellt sein. Die Hälfte seiner Arbeiten wird dann im Annenviertel zu sehen sein.

Ein Entwurf von Bernhard Wolf für das Kunstwerk, das am Lazarettgürtel entstehen soll. Foto: Bernhard Wolf
Ein Entwurf von Bernhard Wolf für das Kunstwerk, das in den nächsten Wochen am Lazarettgürtel entstehen soll.
Foto: Bernhard Wolf

„Ich bin mir bewusst, dass ich durch meine Kunstwerke auch noch die letzten freien Flächen im öffentlichen Raum bemale“, sagt Wolf. Viele Motive werden aber in den nächsten Monaten „auf natürliche Art und Weise wieder verschwinden“. Entweder werden die Wände, auf die sie gemalt sind, abgerissen oder neue Häuser werden die Baulücken füllen und dadurch die Motive verdecken.

Auf die Frage nach seiner Lieblingswerbung erklärt Wolf, dass er Werbung normalerweise sofort wegfiltere. Einige nette gäbe es trotzdem. „Zum Beispiel die, in der Joan Collins als biestige ältere Frau auftritt und sich, nachdem sie etwas gegessen hat, zurück in einen normalen Typen verwandelt.“ Der Name des Schokoriegels fällt ihm nicht ein.

* 26. April 1994 | Grazerin | Nachbarin des Annenviertels | Journalismus und PR-Studentin | FH Joanneum | "Journalismus ist meine Herausforderung" | sportbegeistert | Ziel: Sportjournalismus

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

1 × fünf =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Flippern – „A körperliche G’schicht“

Nächste Geschichte

Wir fragen uns

Letzter Post in KULTUR