Die Künstler Viktor Kröll und Rossella Libardoni haben auf 300 Metern Gefängnismauer der Karlau das größte Wandgemälde Österreichs verwirklicht.
Schon von Weitem leuchtet die schwarze Bitumenfarbe auf der Gefängnismauer. Auf den ersten Blick ist kein Muster erkennbar, kein Bild hinter den unzähligen Punkten, die halb bewusst, halb unbewusst auf die Mauer gemalt wurden.
„Es ist ein poetischer Binärcode – eine Reflexionsfläche für die Seele“, so der Künstler und Entwickler der Idee Viktor Kröll. Für ihn und seine Freundin, die italienische Künstlerin Rossella Libardoni, stellt diese Form der Kunst eine Art der Meditation dar.
„Wir wissen während wir die Punkte machen nicht, welche Formen dabei entstehen“, so die Künstler.
Erst von der anderen Straßenseite aus betrachtet werden Bilder erkennbar. Gesichter, Tiere, Landschaften. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Der Künstler vergleicht es mit dem „WolkenSchauen.“ Das Gesamtbild wird erst am Ende „vom Auge des Betrachters zusammengebaut.“
Diesen Aspekt seiner Kunst hat Viktor Kröll schon vor einiger Zeit entdeckt, als er begann, Punkte auf Papier zu zeichnen. Von dieser Technik inspiriert entstand die Idee zu „Opus Magnum 13“ an der Karlau.
Von der Geburt der Idee bis zu Realisierung des Projekts dauerte es circa ein Jahr. Die Leitung der Justizanstalt Karlau gab schließlich ihren Segen. Die Finanzierung wurde durch „Kunst im öffentlichen Raum Graz“ und der Stadt Graz zugesagt.
Die ersten Punkte fanden am 19. September ihren Weg auf die Mauer, und seither erregt das neue Werk an der sonst kahlen Gefängnismauer viel Aufsehen. Vor allem unter den Passanten, wobei nicht alle Menschen den Sinn des Kunstwerks verstehen. Einem Mann ist Schwarz zu pessimistisch. Er denkt, dass Farbe ins Leben gehört und bemängelt, dass das Endergebnis der Kunst ein klar erkennbares Bild sein sollte.
Die meisten Passanten sehen es aber anders. „Das positive Feedback überwiegt“, so die Künstler. 90 Prozent der Menschen zeigten sich begeistert vom ganz speziellen Look der Wand. Egal ob Jung oder Alt, Hip-Hopper oder Häftlinge im Freigang: Pro Tag bleiben etwa zwei Personen stehen und verewigen ihre eigene Kreativität auf der Wand. Jeder ist eingeladen, selbst die Stempel in die Hand zu nehmen, denn die Methode der „Punktemalerei“ ist leicht und für jeden erlernbar.
Außerdem gibt es eine Erklärung dafür, warum der Künstler ausgerechnet schwarze Farbe verwendet. Wegen seiner Rot-Grün-Schwäche schätzt er Kontrastarbeit. „Schwarz und Weiß steht für Licht und Dunkelheit“, so Kröll.
Für die Bitumenfarbe spricht außerdem schlicht und einfach ihre Haltbarkeit, da sie schwer ausbleicht.
Die Kunst auf der Mauer steht als Erinnerung für eine andere Dimension, indem sie die Unüberwindbarkeit zwischen den Welten vor und hinter der Mauer der Karlau widerspiegelt. Außerdem „war die Wand so leer“, meint Kröll, während er die Farbe wegräumt. Zumindest bis morgen, denn dann geht die Malerei weiter. Jeden Tag ein Stück Mauer mehr, bis zur Eröffnungsfeier des Projekts am 12. Dezember 2013 um 18 Uhr im Gasthaus Fasching in der Vinzenz Muchitsch-Straße 5.