Haben Yasser & Ozman in ihren Raps verhetzt und zu terroristischen Handlungen aufgerufen? Ja!, meint das Grazer Straflandesgericht, Nein!, die mittlerweile in erster Instanz verurteilten Rapper. Wir haben einen der beiden Musiker, die vor Gericht schwiegen, zum Interview gebeten, um seine Sicht auf den Fall zu erfahren.
Elf beziehungsweise sechs Monate bedingt und eine Geldbuße von rund 1000 Euro. Zu dieser Strafe hat das Grazer Straflandesgericht das Rapper-Duo Yasser & Ozman Mitte Jänner verurteilt (Kleine Zeitung und der Kurier berichteten). Staatsanwalt Johannes Winkelhofer warf den beiden Verhetzung, Aufruf zu terroristischen Handlungen und Verherrlichung des Drogenhandels vor, was die Musiker in drei Rapsongs verpackt haben sollen. Die Musikvideos dazu, unter anderem im Oeverseepark in Graz gedreht, luden die beiden auf die Internetplattform youtube.com und erreichten damit rund 400.000 Klicks. Das Gericht sprach Osman B. und Yasser Gowayed in allen Anklagepunkten für schuldig. Das nahm die Annenpost zum Anlass, einen der beiden Rapper zum Interview zu treffen.
Anti-Jüdische Propaganda
„Die wollen mich als judenfeindlich hinstellen, aber ich habe nirgends Juden erwähnt,“ will Yasser Gowayed seine Liedtexte richtig stellen. Für ihn sind Juden und der Staat Isreal nicht dasselbe. Seine Abneigung gilt ausschließlich Israel und „Zionisten“, nicht aber der Glaubensgemeinschaft der Juden. „Ich kenne keine Juden, ich muss sie nicht lieben, aber ich hasse sie auch nicht. Ich habe nichts gegen Religionen.“ Die Staatsanwaltschaft prangerte Textzeilen aus dem Musikvideo „An alle Brüder“ an, in welchem Gowayed „gegen alle, die gegen uns was haben“ singt. Mit der Beschimpfung „Fick Israel“ ziele er aber gegen den israelischen Staat und nicht gegen eine Glaubensgemeinschaft. „Ich rappe nicht gegen zivile Bürger. Ich habe gesehen, es gibt genug israelische, genug jüdische Zivilisten, die die extremsten Kritiker des Staates Israel sind. Warum sollte ich solche Leute meinen (in seinen Liedern, Anm.)?“ Damit widerspricht er zwar dem Vorwurf des Antisemitismus, als Verhetzung lassen sich die Texte aber immer noch einstufen – nur eben gegen Israel und nicht gegen das Judentum.
Das österreichische Strafgesetzbuch beschreibt in seinem Paragraph 283, was als Verhetzung gilt. Es muss jemand „öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, oder […] für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt gegen eine […] Religionsgesellschaft oder eine andere nach den Kriterien [..] der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, […] definierte Gruppe von Personen [..] ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe“ auffordern oder aufreizen. Im zweiten Absatz dieses Gesetztes heißt es weiter, dass ebenso zu bestrafen ist, „wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen eine in Abs. 1 bezeichnete Gruppe hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht.“
Und Israel verachtet Yasser Gowayed. „Ich mag Israel nicht, das kann mir keiner aufzwingen, den Staat werde ich nie mögen. Die sind Mörder. Was die mit den Palästinensern machen… Vielleicht hätte ich ein Lied mit Fakten darüber machen sollen.“ Gowayed ist der Meinung, dass mehr Fakten in seinen Lieder zu keiner Verurteilung geführt hätten. Er hätte aber nun einmal „aus dem Herzen geschrieben.“ Bereuen tut er seine heftige Wortwahl allerdings nicht. Den Text schrieb er, als er aus dem Gefängnis kam, und da war er voller Wut. Einer Wut, die immer schon da war: „Dieses Thema ist ja schon lange in meinem Kopf dagewesen.“
Außerdem beklagt Gowayed, dass im Gericht drei Stunden über antijüdische Propaganda geredet wurde. „Hallo? Die Amerikaner hat man nicht einmal erwähnt.“ – und das, obwohl das Rapper-Duo nicht nur gegen Israel, sondern auch die Vereinigten Staaten singt: „Fick Israel und USA“. Ein harter Umgangston stehe im Rap an der Tagesordnung, darum fühlt sich Gowayed auch frei, solche Äußerungen zu tätigen, und beruft sich auf die künstlerische Freiheit. Hierbei bekommt er auch Unterstützung von einer Rap-Gruppe aus Graz, Generation Arrogant. „Rap ist einfach angriffslustig, ohne solche Wortspiele und Übertreibungen würde Rap gar nicht leben“, erklären die Macher des Songs „Graz Boss“.
„Im Dschihad sterben“
Aber nicht nur wegen Verhetzung, sondern auch wegen Aufruf zu terroristischen Handlungen klagte die Staatsanwaltschaft an. Neben Gesten des Halsabschneidens und der Abgabe eines Gewehrschusses argumentierte die Staatsanwaltschaft vor allem mit der Zeile „Ich werde im Dschihad sterben“ das terroristische Potential von Gowayed und seinem Kollegen, denn Dschihad heißt übersetzt Glaubenskrieg. Der Rapper meint aber, dass Dschihad „Bemühung“ bedeute. „Ich meine damit, wenn ich meine Familie verteidige. Oder wenn man sein Land gegen einen Aggressor verteidigt und dabei fällt. Das ist für mich Dschihad, das hat nichts mit Terror zu tun. Terror ist klar zu verurteilen.“
Auf die Frage hin, ob er mit seinen Songs kein schlechtes Licht auf seine Religion und die Gemeinschaft der Moslems in Österreich werfe, antwortet er: „Ich schade meiner Religion nicht. Wenn ein Attentäter jemandem den Kopf abschneidet und sagt: ‚Gott ist groß‘, das ist schlecht für die Religion, nicht meine Lieder (Attentat von London, Mai 2013, Anm.).“ Das bestätigt auch Dr. Fuat Sanac, der Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. „Dieser Vorfall hat weder etwas mit dem Islam, noch mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich zu tun.“ Sowohl der Israelitische Kultusverein Graz als auch die Israelitische Kultusgemeinde Wien wollten kein Stellungnahme abgeben.
„Ne halbe Tonne Weed“
In den Songs „Keep It Gangsta“ und „Cash“ sollen Gowayed und sein Rap-Kollege den Drogenhandel und den Profit, der damit erzielt werde, verherrlichen. Bei Textzeilen wie „zehn Kilo Mephedronski“ bestellt zu haben und mit dem Verticken von „einer halben Tonne Weed“ kein Wunder. Der gebürtige Ägypter Gowayed meint aber: „Ich habe auch Textzeilen, in denen ich Drogen verurteile, aber das Gericht stützt sich ausschließlich auf die Zeilen, in denen ich vom Ticken singe. Ich möchte die Probleme der Straße einfach thematisieren und anprangern.“ Eine Thematik so zu verarbeiten ist im Rap üblich, das bestätigen auch die Mitglieder von Generation Arrogant: „Man rappt einfach über das, was gerade passiert. Der Hörer soll sich dann selber seine Gedanken über das Thema machen. Das ist ganz normal im Rap.“
Während der gesamten Gerichtsverhandlung verweigerte Gowayed seine Aussage, um sich vom Staatsanwalt nicht provozieren zu lassen, wie er sagt. Erst im Schlussplädoyer legte er der Richterin seine Verteidigung nahe. „Ich habe in ihrem Gesicht gesehen, dass sie mich verstanden hat. Warum das Urteil dann so hart ausfiel, verstehe ich nicht.“ Nachdem sein Anwalt gegen das Urteil berufen hat und der Fall nun in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht abgehandelt wird, erhofft sich der 23-jährige mehr Fairness: „Ich hatte schon mit dem Oberlandesgericht zu tun, die sind dort fairer als im Landesgericht.“
Hier geht´s zum Portrait über Yasser Gowayed.
von Katharina Siuka und Gunnar Zlöbl
Mit den Freunden des Yasser Gowayed eröffnet sich für die FPÖ eine ganz neue WählerInnengruppe.