Eine düstere Stimmung herrscht am Griesplatz. Doch das hat nicht nur mit dem Wetter zu tun.

Wer hat Angst im Annenviertel?

Lesezeit: 3 Minuten

Mitte März wurden die Zahlen der Lebensqualitätsumfrage in Graz präsentiert. In punkto Sicherheitsgefühl schnitt das Annenviertel dürftig ab. Der Stadtteil Gries landete im Ranking um den gefürchtetsten Grazer Bezirk auf Platz zwei, geschlagen nur von Puntigam. Das Podest komplettiert Lend am dritten Rang. Jagt das Annenviertel den Grazerinnen und Grazern also Schrecken ein?

Polizeisirenen ertönen im Hintergrund, Reifen quietschen am unebenen Asphalt. Grau zeichnet sich der Himmel über den Dächern ab, der Boden ist nass vom Regen. Das schlechte Wetter hält die Menschen jedoch nicht davon ab, den Griesplatz zu überqueren. Er ist einer der Hauptverkehrspunkte im Annenviertel, ebenso wie der Lendplatz weiter nördlich.


Die Sprayer am Griesplatz drücken ihre Stimmung mit Graffitis aus.

Die Sprayer am Griesplatz drücken ihre Stimmung mit Graffiti aus.

 

Die Lebensqualitätsumfrage 2013 ergab, dass sich die Befragten in Gries besonders bei Nacht unsicher fühlen. Nur 36,6 Prozent halten es für ungefährlich, sich nachts im öffentlichen Raum dieses Bezirks aufzuhalten. In Lend liest sich die Statistik noch schlimmer: Nur 24,5 Prozent trauen sich bei Dunkelheit auf die Straßen und Plätze ihres Bezirks und nicht einmal die Hälfte fühlt sich in ihrer Nachbarschaft beschützt. Auch Radfahrerinnen und Radfahrer empfinden in beiden Stadtteilen wenig Sicherheit. Selbiges gilt für diejenigen, die zu Fuß unterwegs sind. Auch in diesen beiden Rubriken durchquert lediglich die Hälfte der Befragten das Annenviertel ohne Schrecken.

Das Gefühl der Angst

Im Vergleich zu den Umfragen der letzten Jahre, nimmt das Angstgefühl in Graz zu.
Laut einer Statistik des Bundeskriminalamtes von 2014 ist jedoch in den letzten Jahren die Kriminalitätsrate in der Steiermark durchschnittlich gesunken. Laut Wolfgang Hübel, Sicherheitsbeauftragter der Stadt Graz, sei dies eine Entwicklung, die durchgängig und somit auch in der Murmetropole Graz zutreffend sei. Und trotzdem steigt anscheinend die Angst vor Verbrechen. Ein Phänomen, das Hübel nicht erklären kann. „Subjektiv herrscht etwa am Bahnhofsplatz ein ungutes Gefühl, obwohl es objektiv dort sicher ist“, versucht er es trotzdem. Schuld daran tragen seiner Meinung nach auch die Medien mit, die überwiegend von negativen Ereignissen berichten würden. Auch Statistikbeauftragte Barbara Rauscher erwähnt: „Viele Medien nehmen sich aus bestimmten Quellen nur jene Details heraus, die sie gerade brauchen.“ Und damit werden Ereignisse inszeniert.


Eine düstere Stimmung herrscht am Griesplatz. Doch das hat nicht nur mit dem Wetter zu tun.

Eine düstere Stimmung herrscht rund um den Griesplatz. Doch das hat nicht nur mit dem Wetter zu tun.

 

Neben dem Hauptbahnhof wird oft der Volksgarten als Gefahrenquelle genannt, der auch als Drogen-Hotspot bekannt ist. Bereits im Herbst vergangenen Jahres dachte die Stadtpolitik über Überwachungskameras nach. Ob die Installation dieser technischen Spione rechtlich zulässig ist, entscheidet die Datenschutzkommission in Wien. Laut Wolfgang Hübel liege das Ergebnis noch nicht vor, denn „die Kriterien sind streng.“

Der Mann für die Sicherheit verbindet das Unsicherheitsgefühl im Annenviertel auch mit dem Verkehrssystem. „Die Infrastruktur ist am linken Murufer schlechter. Das hat sicher auch Einfluss darauf, wie beschützt sich die Menschen auf den Straßen fühlen“, sagt Hübel. Nachdem bereits die Annenstraße grundsaniert wurde, möchte der Gemeinderat der Stadt Graz auch den Griesplatz erneuern. Laut der Kleinen Zeitung soll Mario Eustacchio (FPÖ) ein Verkehrskonzept erarbeiten, das bis Juli stehen soll. Dann erst kann das Stadtteilmanagement mit dem Umbau beginnen.


Der Lendplatz - Ein Verkehrsknotenpunkt, der einigen Angst einflößt.

Der Lendplatz – Ein Verkehrsknotenpunkt, der manchen Angst einflößt.

 

Ergebnis wenig repräsentativ

An der Umfrage, die in sämtlichen Grazer Bezirken durchgeführt wurde, nahmen 9550 Menschen teil. Bei einer Gesamteinwohnerzahl von über 250.000 ein wenig aussagekräftiges Ergebnis. Auch Barbara Rauscher betont immer wieder: „Diese Umfrage ist nicht die Durchschnittsmeinung aller Grazer. Nur ein Teil der Bevölkerung hat teilgenommen und so repräsentiert diese Umfrage nicht die Meinung aller Grazer.“

Doch Wolfgang Hübel nimmt die Umfrage ernst. „Wir besprechen das mit der Polizei und gehen den Anliegen der Bevölkerung nach. Wir versuchen permanent, den Sicherheitsgrad in Graz zu verstärken und werden dementsprechend reagieren.“ Das heiße etwa den Einsatz der Ordnungswache zu verstärken. Zudem sei nicht eine Umfrage entscheidend, um tätig zu werden, sondern „man muss permanent am Puls der Bevölkerung sein und bei Bedarf mit polizeilichen Maßnahmen den Wünschen der Bewohner entgegenkommen.“

Dass die Bezirke Gries und Lend die Spitze bilden, sei für Hübel aus subjektiver Sicht wenig überraschend: „Es gibt Gebiete, die haben einen schlechten Ruf.“ Und da gehören neben dem Voksgarten und dem Bahnhofsgebiet auch die Knotenpunkte Lend- und Griesplatz dazu. Die Annenpost hat sich mit der Kamera auf den Weg gemacht und diese beiden Orte besucht.

Von Katharina Siuka und Marina Pichler

Aus Kärnten importiert lebt die junge Journalistin seit drei Jahren in Graz.
„Wer nichts weiß, muss alles glauben.“ (Marie von Ebner-Eschenbach) Dieser Satz beschreibt sowohl ihr Studium, als auch ihre Persönlichkeit. Neben Neugier und Begeisterungsfähigkeit für alles und jeden ist ihr größtes Hobby wohl die Musik. Ob Jimi Hendrix, CCR oder Lykke Li – ihre Mitmenschen sind ihren (gut gemeinten) Zwangsbeschallungen meist wehrlos ausgesetzt.

4 Comments

  1. Die Sicherheitslage ist katastrophal und da gibt es nichts schönzureden. An allen Ecken kann man den Drogendealern bei ihren illegalen Geschäften zusehen und aggressive Jugendgangs in den Parks beobachten. Meine Frau fühlt sich hier nicht mehr sicher, letztens hat sie ausländische Jugendliche dabei beobachtet wie sie im Metahofpark mit einer Pistole hantieren. Meine Frau kommt selbst aus dem Ausland und wir haben schon gemeinsam in Städten wie New York gelebt, aber nirgends ist die Situation so übel wie in Graz. In New York fühlt man sich wesentlich sicherer als in Graz! Effektiv wird hier in Graz nämlich nichts unternommen um die Bevölkerung zu schützen, und das obwohl es fast täglich gewalttätige Übergriffe gibt! Wir werden hier sicher bald wegziehen!

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