Die Annenviertlerin Bianca begrüßt uns schon am Eingang zusammen mit ihrem kleinen Sohn.

Daheim im Annenviertel

Lesezeit: 3 Minuten

Durch nichts zeichnet sich das Annenviertel so sehr aus, wie durch seine Vielfalt. Unterschiedliche Kulturen, unterschiedliche Orte und unterschiedliche Bewohner. Menschen, die das Viertel zu dem machen, was es ist. Eine davon ist Bianca R., die seit sechs Jahren im Viertel lebt und arbeitet. Sie hat der Annenpost einen kleinen Einblick in ihr Leben gegeben, bei ihr daheim im Annenviertel.

AP: Warum wohnst du im Annenviertel?

Bianca: Wegen der tollen Lage. Ich arbeite in der Scherbe und daher komme sehr schnell zur Arbeit – in nur fünf Minuten bin ich dort. Aber eigentlich ist es leider recht teuer hier, denn die Preise sind in Graz glaub ich mittlerweile überall ziemlich gleich.

Die Annenviertlerin Bianca begrüßt uns schon am Eingang zusammen mit ihrem kleinen Sohn.
Die Annenviertlerin Bianca begrüßt uns schon am Eingang zusammen mit ihrem kleinen Sohn.

AP: Was machst du eigentlich so?

Bianca: Ich bin seit fast sechs Jahren Köchin in der „Scherbe“. Das macht mir auch total Spaß, das Arbeitsklima passt, die Gäste sind recht lustig und das Team arbeitet einfach gut zusammen. Es ist auch sehr abwechslungsreich, weil wir bei vielen Veranstaltungen dabei sind, zum Beispiel beim Lendwirbel im Mai.

AP: Wohnst du alleine hier?

Bianca: Nein, ich wohne hier mit meinem Freund, unserem Kind und zwei Katzen. Die beiden sind sehr verschmust – Wohnungskatzen eben. Wenn du sie einmal streichelst, wirst du sie nie wieder los.

Kater Cäsar ist einer von Biancas Mitbewohnern und kuschelte sich zur Begrüßung gleich an die Annenpost.
Kater Cäsar ist einer von Biancas Mitbewohnern und kuschelte sich zur Begrüßung gleich an die Annenpost.

 

AP: Was ist dein Lieblingsgegenstand in der Wohnung?

Bianca: Mein Lieblingsgegenstand in der Wohnung? („Der Fernseher“, ruft Biancas Freund aus der Küche.) Nein, nicht der Fernseher. Am ehesten der Computer, da kann ich am Abend meine Serien in Ruhe anschauen, wenn der Kleine schläft.

AP: Was ist dein Lieblingsplatz im Annenviertel?

Bianca: Schwierig, normalerweise geh ich immer nur in den Stadtpark, aber der ist in einem anderen Bezirk. Der Volksgarten sicher mal nicht, der ist eher das Gegenteil zum Lieblingsplatz. Eigentlich bin ich meistens im „Scherbengarten“, also eh an meinem Arbeitsplatz, da kann man nämlich so gemütlich draußen sitzen.

AP: Fühlst du dich im Viertel sicher? In letzter Zeit gab es ja immer wieder laute Stimmen, dass die Bezirke Lend und Gries besonders unsicher seien.

Bianca: Es kommt drauf an wo du bist. Wie ich vorher gesagt habe im Volksgarten geht es jetzt in letzter Zeit schon um. Mit dem Kleinen würde ich da nicht spazieren gehen. Der Park selber ist irgendwie zweigeteilt, auf der einen Seite ist da der Spielplatz und auf der anderen Seite ist der Weg durch den Park, wo auf den Bänken die diversen Nationalitäten sitzen.

Erst vor kurzem musste die Polizei mit einer Razzia eingreifen, weil ein richtiger Bandenkrieg ausgebrochen war. Vor zwei Wochen wurde dabei sogar jemand erstochen. In den Volksgarten würde ich bei Nacht nicht gehen, aber ansonsten fühle ich mich recht sicher.

AP: Weil du die vielen unterschiedlichen Nationalitäten angesprochen hast: das Annenviertel zeichnet sich ja durch seine Multikulturalität aus, ist das für dich positiv?

Bianca: Ich glaube es gibt ein großes Problem hier, was die Migration betrifft, auch bei der Eingliederung in die Gesellschaft. Oft kommen viele Leute aus einem Land hierher, die alle in einem gemeinsamen Wohnblock leben und Gruppierungen bilden. Die scheinen sich gar nicht richtig integrieren zu wollen, weil sie eh ihr eigenes Grüppchen haben – ich glaube das ist ein großes Problem. Ich kenne aber auch genug Leute, die hergekommen sind und sich komplett anpassen, die das positiv bewältigen und ganz normal ihrer Arbeit nachgehen.

Biancas Blick aus dem Fenster - besonders praktisch: an Silvester kann siesich  das Feuerwerk über dem Schlossberg gemütlich vom Wohnzimmer aus anschauen.
Biancas Blick aus dem Fenster – besonders praktisch: an Silvester kann sie sich das Feuerwerk über dem Schlossberg gemütlich vom Wohnzimmer aus anschauen.

AP: Was war dein verrücktestes Erlebnis im Annenviertel?

Bianca: Da muss ich nachdenken. Da sind einige Sachen passiert, es sind so viele, da ist das schon zur Normalität geworden. Allein in der „Scherbe“ passiert schon sehr viel. Was mir lustiges in Erinnerung geblieben ist, war auch bei der Arbeit. Wir haben einen Arbeitskollegen in der Küche gehabt, der mal einen langen 10-Stunden-Tag hatte. Danach war er schon ganz fertig und musste aber noch im Lager was räumen. Auf einmal ist so ein kleiner Junge da drinnen gewesen, der hat ihn gefragt wo denn der Billa  ist. Mein Kollege hat gesagt: „Siehst du hier einen Billa? Der ist ein Stückchen weiter rauf, da musst du weitergehen.“ Der kleine Junge sagte „Ok“, und ging dann. Nach ein paar Minuten war er wieder da und mein Arbeitskollege schon etwas schroffer: „Was willst du denn schon wieder da? Du hast hier nichts zu suchen, das ist unser Lager!“ „Ich wollte nur schauen.“, meinte der Junge. „Geh jetzt“, sagte mein Kollege, aber nach ein paar Minuten war der Junge schon wieder da – diesmal mit zwei weiteren Kindern. Alle drei haben zu lachen angefangen, darauf ist mein Arbeitskollege total wütend geworden und hat geschrien: „Raus da mit euch!“ Die Kinder haben nur noch mehr gelacht. Dann ist er so wütend geworden, dass er sich den Lauch geschnappt hat und den Kindern damit nachgelaufen ist. Die Kinder sind dann weggelaufen und kamen auch nicht mehr zurück. Das war so ein lustiger Anblick, mein Kollege, der mit dem Lauch den Kindern hinterherlief. Ich glaube ja, dass die Drei keine zukünftigen Gäste von uns werden.

 

Als leidenschaftliche Südsteirerin und angehende Journalistin interessiere ich mich fürs Verschlingen und Produzieren von Medien aller Art - nebenbei bin ich als freie Mitarbeiterin für "Die Woche" in Leibnitz tätig.

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