Foto: Lucas Kundigraber

Wo sich Eltern und Dealer respektieren

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Der Verein Fratz Graz lud zu einem Sommerfest mit Kletterpyramide, Rollenrutsche und Elterncafé im Volksgarten. Wir fanden Platz zwischen Kinder aus aller Welt und kaffeetrinkenden Müttern und fragten nach, wie sicher sie sich denn eigentlich im Volksgarten fühlen.

Kinder laufen herum und lassen sich vom bewölkten Wetter nicht die Laune verderben. An einem Tisch genießt eine Gruppe türkischer Mütter ihren Kaffee, während die BetreuerInnen von Fratz Graz in ihren grellgelben T-Shirts Bälle einsammeln oder sich um das kleine Buffet kümmern, welches sie sorgfältig zubereitet haben. Eine entspannte Situation – im doch so gefährlich propagierten Volksgarten.

Bereits im vergangenen Herbst dachte die Stadtpolitik  über Überwachungskameras im Volksgarten, unter anderem auch direkt am Kinderspielplatz, nach. Der Drogen-Hotspot Volksgarten würde außer Kontrolle geraten, hieß es aus der Österreichischen Volkspartei.

Dass auf der gegenüberliegenden Seite des Kinderspielplatzes andere Regeln herrschen ist auch den BesucherInnen des Fratz Graz Sommerfestes bewusst. Sali aus dem Irak hat zwei Kinder und besucht den Volksgarten heute nicht mehr so häufig wie vor wenigen Jahren: „Es ist zwar ständig Polizei hier, aber das macht mich eher nervös als dass es mich beruhigt.“ Den Park neben ihrer Wohnung, den Fröbelpark, möchte sie noch weniger besuchen. Dort empfindet sie die Situation als noch schlimmer.

Natascha aus der Slowakei hat ebenfalls zwei Kinder. Sie sieht den Park in zwei Bereiche geteilt: „Hier am Kinderspielplatz ist alles in Ordnung. Es ist schön und ich komme gerne her, aber auf die andere Seite des Park setze ich nie einen Fuß.“ Viele der anwesenden Mütter beschreiben die Situation recht ähnlich: Sie genießen den Bereich des Kinderspielplatzes, haben jedoch eine ordentliche Portion Respekt vor dem was auf „der anderen Seite“ geschieht.

Gudrun Göschl, Projektleiterin der Spielemobile von Fratz Graz, bestätigt diese Beobachtungen: „Der Volksgarten besteht zurzeit aus dem kindersicheren Bereich und jenem in dem man seine Drogen unter Büschen versteckt. Dennoch respektieren sich die zwei Seiten. Kein Dealer kommt zu den Kindern, so wie die Kinder nicht alleine zu ihnen dürfen. Die Eltern wissen ganz genau was hier vor sich geht. Sie haben Respekt, doch auch die Dealer lassen den Spielbereich in Ruhe.“

Fast zehn Parks in ganz Graz besuchen die BetreuerInnen des Vereins regelmäßig. Der Volksgarten ist der am häufigsten besuchte. Mit einem Spielemobil und viel Motivation betrachten die BetreuerInnen ihre Rolle als ein Statement. Mit ihrer Anwesenheit und den bunten Spielsachen versuchen sie die Situation zu entschärfen und zu zeigen, dass man sich ruhig hierher trauen kann. Etwa 80 Kinder nutzen wöchentlich die Möglichkeit der Parkbetreuung im Volksgarten und auch immer mehr Eltern verweilen zu Tratsch und Kaffee.

Auch Clara aus Österreich kommt gerne in den Park. Vor Drogendealern oder Polizeirazzias hat sie keinerlei Angst: „In der Nacht würde ich zwar nicht alleine durchgehen, aber untertags ist der Volksgarten ein harmloser Bereich. Kinder können hier ungestört und sorgenfrei herumtoben und spielen. Ich habe Respekt, aber keine Angst.“

Von den „untragbaren“ Zuständen (Dealen in Gegenwart von spielenden Kindern oder versteckten Drogenpäckchen am Spielplatz) welche im vergangenen Herbst große Diskussionen auslösten, scheinen die Anwesenden nicht betroffen zu sein. Zekiym aus der Türkei berichtet, dass sie zwar schon viele Schauergeschichten über den Park gehört hat, doch selber noch nie etwas gesehen oder sich in einer gefährlichen Situation befunden hat. „Ich bin nicht nur oft hier – ich komme jeden Tag! Ich mag den Park. Es ist schön, nicht gefährlich.“

Auch Wolfgang Gruber, der Leiter des Referats für offene Kinder- und Jugendarbeit, stattete dem Sommerfest einen Besuch ab. „Wir haben immer wieder Vernetzungstreffen im Bereich Volksgarten. Ob mit den Jugendzentren oder Vereinen – wir wissen alle, dass man die Lebensqualität im Park noch steigern kann.“ Wie auch Göschl ist er der Meinung, dass der Park von außen schlechter darstellt wird, als er eigentlich ist

Man merkt, dass die Mütter, BetreuerInnen und Kinder in ihrer Umgebung wohl fühlen. Sie lachen, tratschen und laufen quer durch die Wiese. Und dennoch betont jeder befragte Elternteil: „Nein, alleine lasse ich meine Kinder nicht in diesen Park.“

Stolze Kroatin die sie ist, zieht es Anna nicht nur in ihr zweites Heimatland, sondern auch immer wieder in ihre Wahl- und fast schon Drittheimat Indien. Überhaupt reist die begeisterte Weltentdeckerin von ihrem Zuhause im Annenviertel immer wieder in ferne Ecken der Erde.

Ihr Interesse an Integration, verschiedenen Kulturen, und allem was mit Diversität zu tun hat locken sie vor allem in den Nahen Osten, um mal aus einer ganz anderen Perspektive über Glaube und Feminismus zu diskutieren (was sie übrigens auch daheim leidenschaftlich gerne tut).

Wenn sie nicht gerade ihre zwei Katzen ärgert, predigt wie wichtig Sprachförderung ist oder gelben Muskateller trinkt, bemüht sie sich, die letzte Phase ihres Pädagogik Studiums abzuschließen.
Ihre Ausbildung als Integrations Assistentin und ihre ausgeprägte soziale Ader braucht sie vor allem im JA.M Mädchenzentrum, wo sie als Sozialbetreuerin arbeitet.

Von Naturwissenschaften hingegen versteht sie gar nichts aber reden, das tut sie immer gern...

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