Vor wenigen Tagen flanierten wir durch die Annenstraße und zählten 18 (teilweise noch) leere Räumlichkeiten in der neugestalteten Annenstraße. Ist unsere Beobachtung wirklich besorgniserregend? Wir wollten es genau wissen und fragten nach.
Fotos / Infografik: Lucas Kundigraber
Die Bauarbeiten in der Annenstraße sind seit einem Jahr abgeschlossen. Seitdem hat sich einiges getan, doch vieles scheint noch Zeit für Entwicklung zu brauchen. Neue Geschäfte haben eröffnet, gar nicht so wenige Räume stehen aber noch immer leer. Die Anzahl der von uns angeführten Leerstände in der Einkaufsstraße ist für das Citymanagement Graz jedoch nicht schockierend: „Seit Beendigung des Umbaus gibt es sogar wieder eine leicht erhöhte Nachfrage. Die Gesamthandelsfläche in der Annenstraße ist nach dem Umbau und durch den Einzug von Merkur deutlich gestiegen“, meint Heimo Maieritsch, Citymanager der Stadt Graz. Vor dem Umbau gab es 16 Leerstände, nach dem Umbau sind es nun 18. Die Verschärfung der Situation währen der Umbauzeit war laut Maieritsch jedoch absehbar und ist „keineswegs besorgniserregend“, wie er meint.
Positiv gestimmt ist auch Simone Reis aus der Stadtbaudirektion. Sie führt einige Beispiele an, die belegen sollen, dass die Annenstraße alles andere als einzuschlafen droht: „Im Abschnitt Roseggerhaus bis Babenbergerstraße verzeichnen wir insgesamt sogar weniger Leerstände. Durch die breite Straße ist die Fußgängerfrequenz stark gestiegen, zwei Geschäfte sind aufgrund ihres Erfolges sogar in größere Räumlichkeiten gezogen. Wir betrachten diese positiven Entwicklungen sehr interessiert.“
Dennoch vermittelt die Annenstraße eine spezielle Dynamik: Viele Geschäfte oder Lokale öffnen ihre Pforten und sind nach kürzester Zeit wieder verschwunden oder umgesiedelt. Seitens des Citymanagements ist eine dynamische Entwicklung in einer Straße aber sogar als Erfolgsparameter zu betrachten. Reis vermerkt, dass einige Vermieter ihre Preise während der Bausstellenphase sehr niedrig gehalten haben, diese nun aber wieder gestiegen seien, was einige Umsiedelungen zur Folge hatte.
Die Stadtbaudirektion habe mit der Oberflächengestaltung der Straße einen Startschuss gegeben, vom Erfolg ist man dort überzeugt. „Es tut sich was. Natürlich sind ein paar Handelsbetriebe leer, aber das hier ist nicht die Herrengasse. Dessen muss man sich bewusst sein,“ betont Reis. Die Gründe für den Leerstand scheinen dieselben zu sein wie in anderen Straßen auch: Mietobjekte entsprechen nicht den Anforderungen moderner Handelsbetriebe, Mieten sind oft zu teuer und meist sind private Eigentümer für die Objekte zuständig. Der durchschnittliche Mietpreis ist allerdings nicht sehr aussagekräftig: „Die Unterschiede sind zu groß. Es gibt Flächen ab cirka sieben Euro pro Quadratmeter und Monat, der Preis geht jedoch auch auf 30 Euro und weit darüber hinaus“, sagt Maieritsch. Dadurch lässt sich erklären, weshalb einige Flächen recht schnell vermietet werden, andere jedoch seit Jahren leer stehen.
Das Citymanagement muss dennoch gestehen, dass der Leerstand auffällig ist. Maieritsch ist aber sehr optimistisch, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht: „Man darf hier nicht nur auf den Einzelhandel zählen. Nach dem Umbau hat die Annenstraße andere Potenziale hinsichtlich Gastronomie oder auch die Besiedelung der Erdgeschosslagen durch andere Dienstleister, zum Beispiel aus der Kreativbranche, entwickelt. Auf dieses Potenzial setzen wir nun.“
Die Feldforschung zweier Architekturstudentinnen im Jahre 2012 brachte bereits die Idee, die leerstehenden Räumlichkeiten des Annenviertels für zeitlich begrenzte Zwischennutzung bereitzustellen. Der Plan basiert darauf, dass Vermieter daraus kein Kapital schlagen. Das macht die Umsetzung dieser Zwischennutzung aber auch vermutlich so schwer. Reis weiß, dass in der Vergangenheit unter anderem das Baustellenbüro oder auch einzelne Projekte des Designfestivals Assembly gewisse Flächen temporär genutzt haben. Dennoch wünscht sich die Stadtbaudirektion eine unbefristete Vermietung, um eine durchgehende Belebung der Straße zu garantieren.