Heute ist Europäischer Tag der Sprachen. Damit feiert ganz Europa seine sprachliche und kulturelle Vielfalt. Im Annenviertel findet das große Sprachenfest des Sprachennetzwerks Graz statt und auch wir wollen den Profit von Mehrsprachigkeit betonen.
So trafen wir drei zweisprachige Österreicherinnen aus Ägypten, Bosnien-Herzegowina und der Slowakei. Über Vorurteile und den Stolz der Herkunft.
Ilma (16): Immer noch stolze Bosnierin
Ilma Mašinović wurde nicht in Österreich, sondern in Bosnien-Herzegowina geboren. Auch heute bezeichnet sie ihr Herkunftsland als ihre Heimat, Bosnisch als ihre Muttersprache. Die Schülerin wurde in Bihać eingeschult, war jedoch von klein auf mit der deutschen Sprache konfrontiert: „Wir haben viele Verwandte in Deutschland und von Beginn an hatte ich Deutsch in der Schule, die Sprache war in meinem Umfeld immer präsent.“
Seit bald zehn Jahren lebt sie im Annenviertel und verwendet beide Sprachen – am liebsten auf einmal. In ihrer bosnischen Community und auch mit ihren FreundInnen spricht Ilma eine Mischung aus Bosnisch und Deutsch: „Ich beginne mit der einen Sprache, wechsle während des Sprechens in die andere und beende wieder mit der ersten.“ Ein Phänomen welches sich häufig bei Zweisprachigkeit beobachten lässt. Selbst Ilmas Träume sind situationsabhängig – träumt oder denkt sie von und an die Schule, spielt sich alles auf Deutsch ab. Drehen sich ihre Gedanken um die Familie oder Musik, so sind sie bosnisch geprägt.
Ilmas Deutsch ist nicht akzentfrei. Schon oft wurde sie auf der Straße oder im Park unfreundlich angesprochen, dennoch ist die Schülerin stolz auf ihre Erstsprache. Wie könnte sie auch anders, bezeichnet sie sich nicht etwa als Österreicherin oder Kosmopolitin sondern ganz klar als Bosnierin.
Mariam (14): Menschen haben Vorurteile
Mariam Sharkawi wurde in Ägypten geboren und kam mit nur einem Jahr nach Österreich. Arabisch und Deutsch begleiten sie bereits seit Kindheitstagen. In der Schule oder in ihrer Freizeit nutzt Mariam nur die deutsche Sprache. Arabisch, so erklärt sie, ist eher die familiäre Umgangssprache.
Ihr Vater ist bereits seit 25 Jahren in Österreich, die Mutter seit 13 Jahren. Die Elternteile legten selber Wert darauf, gut Deutsch zu lernen und gaben dieses Empfinden an ihre Kinder weiter. Die 14-Jährige spricht akzentfreies Deutsch, ebenso ihre Geschwister. Dennoch ist sie sich mancher Vorurteile sicher: „Manchmal habe ich das Gefühl, dass Menschen davon ausgehen, dass ich schlecht Deutsch spreche, nur weil ich etwas dunkler bin.“
Im Gegensatz zu Ilma bezeichnet Mariam Deutsch als ihre Erstprache. Zu begrenzt ist der Rahmen in dem sie ihr arabisches Sprachwissen nutzen kann. Auf die Frage, welche Sprache sie mit ihren Geschwistern spricht, ist die Antwort gleich wie bei vielen Bilingualen: eine Mischung aus beiden Sprachen.
Sarah (16): Graz ist meine Heimat
Sarah Wagner ist Kind einer Slowakin und eines Österreichers. Wenn sie sich an ihre Kindheit erinnert, erzählt sie, dass ihre Mutter die Spielsachen immer auf Deutsch und auf Slowakisch aussprach, damit Sarah von Beginn an mit beiden Sprachen aufwächst. Für die 16-Jährige sind die Sprachräume heute klar getrennt: Mit der mütterlichen Seite wird Slowakisch gesprochen, mit der väterlichen Deutsch. Sarah ist stolz auf ihre Mehrsprachigkeit: „Viele Menschen haben einen Akzent in ihrer Aussprache, das blieb mir erspart. Ich kann Slowakisch, Deutsch und Mundart Deutsch. Bin ich also dreisprachig?“
Die Schülerin bereut ein wenig, dass sie während der Volksschulzeit keinen Slowakischunterricht hatte. Das Lesen und fehlerfreie Schreiben brachte sie sich mühsam selber in den vergangenen Jahren bei. Ihre Emotionen ausdrücken – das ging immer ganz gut. Sie erzählt schmunzelnd, dass Streitigkeiten mit ihrer Mutter in Österreich immer auf Slowakisch, in der Slowakei immer auf Deutsch stattfinden.
Einen Migrationshintergrund, meint Sarah, sieht man ihr gar nicht an. Menschen sind immer wieder überrascht, wenn sie mitbekommen, dass sie Slowakin ist. Oder doch Österreicherin? „Graz. Graz ist meine Heimat. Alles andere ist Urlaub, Sprache hin oder her.“