Am Samstag Abend fand im Orpheum Graz die Preisverleihung für die Filmpreise der Diagonale 2015 statt. Der Preis für den besten Spielfilm des Festivals ging an „Ich seh Ich seh“ von Veronika Franz und Severin Fiala. Am Sonntag wurde der Preisträger-Film erneut gezeigt. Einige versuchten noch in letzter Minute, Tickets am Kinoschalter zu ergattern. Erfolglos. Der Kinosaal war bis auf den letzten Platz ausverkauft.
Zwei Buben, zehn Jahre alt, Zwillinge. Sie wohnen in einem abgeschiedenen Haus, umgeben von Kukuruzfeldern. Die Mutter ist gerade von einer Schönheits-OP nach Hause gekommen und dick einbandagiert. Allmählich beginnen die Kinder an ihr zu zweifeln. „Du bist nicht unsere Mama!“
„Ich seh Ich seh“ vermittelt anfangs ein Gefühl von Geborgenheit. Gelassen sitzt man im Kinostuhl, aber die düstere Musik verrät, dass es nicht dabei bleiben wird. Langsam spannen sich die Körper der Zuschauer an. Nervöse, erwartungsvolle Blicke sind auf die Kinoleinwand gerichtet. Irgendetwas stimmt nicht. Es ist zu ruhig. Plötzlich wird die Musik hektisch, die Zuschauer versuchen das Wechselspiel zwischen Gut und Böse zu durchschauen. Ist es die Mutter die Ihrem Sohn eine „gute alte Watsch’n“ gibt und den zweiten Bub gekonnt ignoriert? Oder sind es die Kinder, die Ihren Mut zusammenfassen, die Mutter an das Bett fesseln und sie mit der brennenden Frage konfrontieren: „Wo ist unsere Mama?“
Die Jury des Diagonale Filmfestivals begründet die Entscheidung, „Ich seh Ich seh“ als besten Film auszuzeichnen, wie folgt: „Ich sehe was, was du nicht siehst. Ein Kinderspiel und seine Folgen. Was passiert, wenn die Mutter sich an diesem Spiel nicht beteiligt? Ein Film, der alles hat, Klarheit und Mysterium, psychologisches Drama und Horrorgenre. „Ich seh Ich seh“ von Veronika Franz und Severin Fiala ist voller Geheimnisse, inhaltlich fesselnd und handwerklich brillant.“
„Es ist unser erster Spielfilm, also ist es geradezu unglaublich, gleich den Diagonale-Preis zu erringen“, freute sich Regisseurin Franz im Annenpost-Interview über den Erfolg. „Bezüglich Film ist Graz ein besonderer Ort, weil die Menschen in Graz zusammenkommen und trinken und feiern und Filme anschauen.“ Mit Graz verbinde sie außerdem eine spezielle Erinnerung: „Meinen ersten Kuss. Direkt unter dem Uhrturm.“