Für Kinder bietet der Büchersegler eine eigene Ecke. Auf dem Podest können sie sich austoben und ungebremst schmökern.

Wo man noch in echten Büchern schmökert

Lesezeit: 2 Minuten

Die Herrengasse findet Beatrice Baumann langweilig, das Annenviertel dafür kreativ und inspirierend. Deswegen liegt sie mit ihrem Büchersegler auch am Mariahilferplatz vor Anker.

Im Büchersegler weht einem zwar keine Meeresbrise um die Nase, dafür begrüßt einen der Geruch frischer Bücher und ein herzliches Hallo von Inhaberin Beatrice Baumann. Die Sonne scheint durch die hohen Fenster des Buchladens. Träume und Geschichten haben zwischen den meterhohen Decken genug Platz, sich zu entfalten.

Im Herz des Ladens schippert ein kleines Segelboot – genannt der Optimist. „Büchersegler“ war für Beatrice Baumann eigentlich ein Arbeitstitel. Doch mittlerweile kann sie sich auch „nichts Schöneres“ mehr vorstellen. „Die Idee war immer, dass die Neuerscheinungen und Bücherperlen aus dem Büchermeer im Segelboot drinnen sind. Der Optimist passte perfekt zur Eröffnung eines Buchladens.”

Kindern bietet der Büchersegler eine eigene Ecke. Auf dem Podest können sie sich austoben und ungebremst schmökern.
Kindern bietet der Büchersegler eine eigene Ecke. Auf dem Podest können sie sich austoben und ungebremst schmökern.

Von der Excel-Spezialistin zur Bücherhändlerin

Vor einem Jahr zog Baumann mit ihrem Büchersegler vom Lendkai auf den Mariahilferplatz 5. „Etwas größer, aber genauso schön“, schreibt sie auf ihrer Homepage. Die Vergrößerung „hat sich irgendwie abgezeichnet“. „Viele haben gesagt, dass ein richtiger Kinderbuchladen in Graz fehlt. Unsere Schwerpunkte sind ja Kinderbuch und Belletristik“, erzählt Baumann. Ergänzt wird das Sortiment mit bunten Bastelsachen, Spielen, Zeitungen und Zeitschriften, einigen Kochbüchern und „so schönen Papiersachen“. Auf das neue Geschäft hat sie damals ein älterer Kunde aufmerksam gemacht: „Er hat mich nach Ladenschluss angerufen und gemeint: ’Frau Baumann, hier ist was frei und das sieht, glaube ich, gut aus.’ Dann hab ich abends durch ein Schaufenster des Ladens gelugt und er war wirklich perfekt.“

Vor vier Jahren hat sie den Schritt gewagt ihrem Freund nach Graz zu folgen und erst einmal hat sie sogar in ihrer alten Branche nach einem Job gesucht. In Deutschland hat sie hauptsächlich mit amerikanischen IT-Firmen im Vertiebscontrolling zusammengearbeitet. „Und eigentlich bin ich Excel-Spezialistin – total zahlenlastig.“ Schnell bemerkte sie aber, dass sie das „eigentlich nur mehr sehr halbherzig und ohne Begeisterung“ machte. „Wenn eh alles schon neu ist – neue Stadt, neues Umfeld – warum nicht beruflich dann etwas Neues machen, was einem auch mehr Spaß macht“, meint Baumann.

Dieses Schild schmückt die Außenwand des Geschäftslokals am Mariahilferplatz.
Dieses Schild schmückt die Außenwand des Geschäftslokals am Mariahilferplatz.

Keine Angst vor Hörbüchern und E-Readern

Das Annenviertel konnte laut Baumanns damaliger „Konkurrenzanalyse“ noch einen Buchladen vertragen. Es war für sie immer klar, dass sie nicht in die Innenstadt ziehen möchte, denn die Herrengasse findet sie langweilig. „Das Annenviertel hat so etwas Dörfliches: Man kennt schnell alle. Es war nie eine Option, auf die andere Murseite zu ziehen. Das Viertel ist kreativer und inspirierender“, schwärmt Baumann. Auch wegen der großen Ketten macht sie sich keine Sorgen: „Die Leute, die ich zu den Stammkunden zähle, kommen gezielt hierher. Gerade in der Phase, wo alle gucken, ob ihre Sachen auch nachhaltig produziert sind, wird auch überlegt woher ihre Bücher kommen. Schade ist nur, dass wenig bekannt ist, wie schnell ein Buchladen Ware auch bestellen kann.“ Das meiste kann Baumann in 24 Stunden besorgen. Sie meint: „Man kann halt nicht immer das Aussterben in der Innenstadt bedauern und selber aber nach Seiersberg fahren oder bei Amazon bestellen.”

Selbst vor den E-Readern hat die leidenschaftliche Leserin keine Angst: „Damals wurde auch schon prophezeit, wenn Leute Hörbücher haben, dann wird sich das irgendwie völlig erledigen, dann liest überhaupt niemand mehr. Doch es ist zu einem Segment geworden. Ich habe einen sehr guten Draht zu der Hörbibliothek vis á vis. Wenn ich mir manchmal vorstelle, man sitzt da abends mit so ’nem E-Reader an ’nem Kinderbett und zeigt dann die Bilder, während man die Geschichte vorliest. Ich kann mir das nicht vorstellen. Also vielleicht ist es irgendwie auch so ein Wunschdenken, dass sich das nicht durchsetzen wird. Aber ich glaub’s nicht.“

Dieses Poster ziert die Lagertür im Büchersegler: „Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!“
Dieses Poster ziert die Lagertür im Büchersegler: „Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!“

Lena ist völlig „vernarrt“ in Graz. Ihr ständiges Fernweh brachte sie hierher - die junge Stadt und das Annenviertel hielten sie fest. Trotzdem möchte sie viel herumkommen und entdecken. Sie holt sich die Welt in den veganen Kochtopf und philosophiert gern mit FreundInnen.

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