Peter Weibel eröffnet seine Ausstellung, im Hintergrund das zerteilte Bücherregal
Peter Weibel eröffnet seine Ausstellung, im Hintergrund das zerteilte Bücherregal

Vom zersägten Bücherregal bis zum 3D-Druck

Lesezeit: 2 Minuten

Dieses Wochenende finden in Graz zum 15. Mal die Galerientage statt. Gestern, beim Auftakt im Atelier Contemporary, wurde eine Ausstellung von Peter Weibel eröffnet. Darin zu sehen sind Objekte, mit denen er schon vor 25 Jahren der heutigen 3D-Druck-Technik nahegekommen ist.

Zunehmend füllt sich der kleine Ausstellungsraum im Atelier Contemporary in der Griesgasse gegenüber vom Kunsthaus. Auch unter dem Vorzelt draußen wird es enger und alle lauschen den Begrüßungsworten der Galeristen Petra und Ralph Schilcher. Nur einer fehlt noch – der Künstler selbst. „Es ist eine klassische Peter-Weibel-Ausstellung. Die Ausstellung ist fertig, die Leute sind da, nur der Peter kommt erst später“, meint Ralph Schilcher, der den Künstler schon jahrelang kennt, dazu amüsiert.

ausstellung leute
Das kleine Atelier Contemporary füllt sich immer mehr…

Auch dieses Jahr bieten die Galerientage ein umfassendes Programm an zeitgenössischer bildender Kunst. Im Annenviertel, wo heuer mit Scanned World der Auftakt stattfand, kann man an fünf Orten die Galerientage erleben. Es werden Ausstellungen, Performances, Künstlergespräche, Symposien, Buchpräsentationen und einige weitere Sonderveranstaltungen geboten. Neben dem Atelier Contemporary sind im Annenviertel das Kunsthaus , die Camera Austria, < rotor > und das Kulturzentrum bei den Minoriten vertreten.

Zur Erleichterung der Galeriebetreiber des Atelier Contemporary taucht Peter Weibel schon kurze Zeit später auf. Er erklärt, was er in Scanned World mit den zersägten und wieder zusammengefügten Alltagsgegenständen und Skulpturen vermitteln will: „Ein für uns statisches Fernsehbild besteht eigentlich aus vielen einzelnen Zeilen, den sogenannten scan lines, die von einer Kathode abgetastet werden. Erst bei einer Bildstörung entsteht ein verzerrtes Fernsehbild, und wir erkennen diese Zeilen“, erklärt der 71-jährige Medienkünstler.
Eine weitere Überlegung war, dass Gegenstandswelt und Objektwelt oft mit der Beziehung zwischen Land und Landkarte verglichen werden. „Meiner Auffassung nach bildet die Landkarte das Land nicht ab, sondern konstruiert es. Insofern wollte ich die Gegenstände wie Bilder behandeln und in scan lines zerlegen.“ Im Jahr 1990 hat Weibel verschiedene Alltagsgegenstände in Streifen zersägt. Wie das Fernsehbild durch das Abtasten von diesen Zeilen aufgebaut wird, so werden beim 3D-Druck Gegenstände durch das Absondern von Materiallinien aufgebaut. Peter Weibel hat also in gewisser Weise schon vor 25 Jahren, als er begann, sich mit dem Thema auseinander zu setzen, die Technologie des 3D-Drucks vorweggenommen.
Beim neuerlichen Zusammenbau der Objekte wurde zwischen den Elementen Plexiglas platziert. „Daher lassen sich die rekonstruierten Gegenstände beeinflussen, verbiegen und verformen wie ein berechenbares Bild durch die scan lines. Oder wie ein Ereignis oder Sachverhalt, dessen Wirklichkeit von der Medienwelt verzerrt dargestellt wird“, so Weibel.

Peter Weibel eröffnet seine Ausstellung, im Hintergrund das zerteilte Bücherregal
Peter Weibel eröffnet seine Ausstellung, im Hintergrund das zerteilte Bücherregal

Der Sinn der Galerientage sei es zu zeigen, wie wichtig die Arbeit von Galeristinnen und Galeristen für die Künstlerinnen und Künstler ist, so Tanja Gassler von der Projektleitung. Gerade am Beginn würden sie wertvolle Aufbauarbeit für eine künstlerische Laufbahn leisten und die Künstlerkarriere auch später im Hintergrund weiterbegleiten. „Sie setzen Impulse, damit künstlerische Arbeiten überhaupt erst in größeren Ausstellungen und Sammlungen bekannter Museen präsentiert werden“, sagt Gassler bei der Eröffnung.

Leider wäre – nicht nur in Graz – ein negativer Trend bemerkbar: Viele Galerien wandern ab oder schließen, doch es kommen keine neuen mehr nach. Ein weiteres Ziel der Galerientage sei es daher, den Standort Graz für Galerien wieder attraktiver zu machen und auch mit der Politik und dem Tourismus der Stadt Graz die vielfältige Kunst- und Kulturszene zu erhalten.

plan galerientage 2015
Ausstellungsorte im Annenviertel
[box] Info:

Ausstellungen im Annenviertel:
Scanned World
noch bis 30. Juni
im Atelier Contemporary, Griesgasse 3

Uncovering History
zweiter Teil der Ausstellungsreihe Disputed Landscape
noch bis 7. Juli
in der Camera Austria, Lendkai 1

DE LUCE
noch bis 27. Juni
im Kulturzentrum bei den Minoriten

Die Kunst des urbanen Handelns: Raus aus dem Dilemma
noch bis 22. Mai
im <rotor>, Volksgartenstraße 6a, Ecke Orpheumgasse

Landschaft in Bewegung
noch bis 26. Oktober
und
HyperAmerika
noch bis 30. August
im Kunsthaus, Lendkai 1

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Romana kommt aus der Nähe von Weiz und Gleisdorf. Steckt sie ihre Nase nicht gerade in ein gutes Buch oder einen spannenden Artikel, dann recherchiert sie vermutlich gerade für eine Annenpost-Story, sitzt in einer Vorlesung, entspannt zuhause oder ist unterwegs mit Freunden.

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