Helga Schicho ist Mitarbeiterin beim Verein ISOP (Innovative Sozialprojekte) in Graz St. Andrä. Dort leitet sie zwei Beschäftigungsprojekte für Langzeitarbeitslose und MigrantInnen, unter anderem die plauderBar. Weiters koordiniert sie einen berufsbegleitenden Lehrgang zur interkulturellen Kompetenzbildung für Menschen in sozialen Berufen.
1. Was gefällt Ihnen am Annenviertel?
Helga Schicho: Mein Lieblingsplatz im Annenviertel ist die plauderBar von ISOP mit dem Gastgarten im Sommer. Hier gibt es immer sehr gutes und günstiges Essen aus den verschiedensten Ländern. Und der Volksgarten, weil er eigentlich sehr schön ist.
2. Was gefällt Ihnen nicht am Viertel und sollte sich ändern?
Schicho: Die Situation im Volksgarten. Ich verstehe nicht, warum schon so lange so öffentlich mit Drogen gehandelt werden kann. Man müsste für Jugendliche Angebote schaffen, die attraktiver sind als das Dealen und vor allem sinnvoll und hilfreich.
3. Wie kann man Ihrer Meinung nach die stetig steigenden Arbeitslosenzahlen senken?
Schicho: Durch Arbeitszeitsenkung. Wenn Beschäftigte beispielsweise keine Überstunden machen oder Vollzeitbeschäftigung anstatt 38 Stunden nur mehr 34 Stunden in der Woche bedeutet, gäbe es genug Arbeitsplätze. Das Geld ist ja da, es wird nur wo anders ausgegeben. Weniger Banken retten, weniger virtuelle Finanzgeschäfte, dann hätte man mehr Geld dafür. Außerdem gäbe es sicher keine Arbeitslosen, wenn man für den vorhandenen Bedarf – z.B. in Kindergärten, Schulen, in der Pflege etc. – genug Finanzen und Ressourcen zu Verfügung stellen würde.
4. Welche Probleme sehen Sie in der aktuellen Integrationspolitik?
Schicho: Ganz schlimm finde ich die aktuelle Diskussion über Integrationsunwilligkeit. Ich sehe darin wirklich einen politischen Fehler, weil es komplett an der Sache vorbei geht und Emotionen schürt. Befragungen haben gezeigt, dass sich das Klima beim Thema Integration, das heißt auch das Unbehagen gegenüber MigrantInnen in den letzten Jahren verbessert hat. Der abgedroschene Satz, dass Integration alle Seiten angeht, ist dann sinnvoll, wenn wirklich alle Seiten Beteiligte werden für ein gemeinsames Ziel, das im Großen vielleicht gesellschaftlicher Zusammenhalt ohne Diskriminierung heißt, im jeweiligen Kleinen aber sehr vielfältig und phantasievoll gemeinsam erarbeitet wird.
5. Würden Sie Ihren Job auch ausüben, wenn Sie nicht dafür bezahlt werden würden?
Schicho: Wenn ich mein Leben trotzdem erhalten kann, ja sicher. Aber ich würde einiges anders machen. Vor allem würde ich den Bürokratismus, der in den letzten Jahren drastisch gestiegen ist, ganz stark reduzieren. Organisationen wie ISOP wird es dadurch immer schwerer gemacht, weil viel Zeit drauf geht. Dafür bräuchte man wieder mehr Personal, was finanziell nicht möglich ist.