Vor einem Jahr ist Beate Wagner, die ehemalige Chefin der Frühbar, verstorben. Seit Februar befindet sich das Lokal nun in neuen Händen, doch dem Besitzer fehlt die Kundschaft. Wir waren dort und haben uns erkundigt, was anders ist, warum sich angeblich viele nicht mehr hinein trauen und wo die alte Jukebox jetzt ist.
Das Schild mit der altbekannten Aufschrift prangt noch über dem Eingang. „Frühbar-Cafe Beate“ ist dort zu lesen. Hinter der Theke, wie man sie über 30 Jahre lang gekannt hat, ist Beate aber schon lange nicht mehr. „Sie hat 2013 schon mehr Urlaub gemacht, sie hat gespürt irgendetwas passt nicht“, erzählt Birgit Otter, die Tochter von Beate Wagner. „Sie ist relativ schnell operiert worden und hat dann gar nicht mehr arbeiten können. Sie war nur mehr ein paar Mal im Lokal, aber sie war nicht mehr belastbar.“ Im Juli darauf ist Beate verstorben.
Birgit selbst war selten im Lokal: „Ich weiß nicht, was sie da drinnen alles gemacht hat, aber sie hat anscheinend wirklich was ausgestrahlt. Da kommt schon auch Stolz durch.“ Das sieht auch ihr Ehemann Kurt so. „Für mich ist das Café ein Symbol für die Veränderung im Viertel gewesen, da immer wieder anderes Publikum gekommen ist.“ Birgit konnte der Welt, die sich im Lokal ihrer Mutter auftat, nie etwas abgewinnen. „Bis wir einmal reingegangen sind und dort nur junge Leute waren, die Kiwis gegessen haben“, erzählt sie von ihrer ersten Begegnung mit den kultigen, sogenannten, Kinderwienern. „Es war nicht nur Alkohol und Rauch, es hat sich komplett gedreht. Ich habe gemerkt, es ist nicht alles, was im Gries abgeht, immer nur schlecht.“ Das fiel ihr auch auf, als sie nach Beates Tod kurzzeitig Geschäftsführerin war. „Es gab so viele positive Gespräche mit verschiedenen Personen, und es ist ein Blödsinn, wenn die Leute nur Schlechtes über den Gries reden.“
Mittlerweile hat sie mit dem Lokal aber nichts mehr am Hut und vom neuen Besitzer, Mehmet Akkan, hört man weniger positive Worte. Ihm gehört das Café nun seit einem halben Jahr, bei der Neueröffnung im Februar waren noch viele Gäste da, seitdem gehe es aber bergab. „Beate hat 28 Jahre lang nichts verändert, und wir haben gedacht, einen neuen Boden und eine neue Farbe müssen wir schon machen.“ Darüber hätte es aber nur Beschwerden gegeben. „Das passt anscheinend nicht zu den Leuten.“
Eine kräftige blaue Farbe strahlt von der Wand, einen neuen Parkettboden hat Akkan verlegen lassen. „Die Studierenden, die herkommen, sagen mir, dass es vorher Kult war. Aber schmutzige, mit Öl verschmierte Teppiche sind für mich kein Kult.“ Ein kleines Barlicht hat er angebracht – „das kann man aber ausschalten“, erklärt Akkan – und neue Sessel hat er angeschafft. Die alten, dreckigen liegen draußen im Hof, obwohl viele lieber im Café darauf sitzen würden. Den Geruch würden die Gäste vermissen, meint der neue Besitzer. Er kann solche Wünsche zwar nicht verstehen, würde sich aber seiner Kundschaft anpassen: „Wenn ich weiß, dass die Leute wieder kommen, wenn es exakt wie früher ist, reiße ich alles wieder ab.“
Während wir bei einem kleinen Bier an der Bar sitzen und uns Mehmet Akkan von seinen Änderungen und seiner Verzweiflung erzählt, blicken wir uns im Lokal um. Es sieht durchaus einladend aus, aber halt nicht mehr so wie früher. Beim Blick zur Eingangstür sticht ein leuchtender Bildschirm heraus, der daneben an der Wand hängt. „Das ist unsere neue, moderne Jukebox“, erklärt der Betreiber. „Aber alle wollen unbedingt die alte zurück.“ Die digitale Soundmaschine wirkt tatsächlich wie ein Fremdkörper im einfach gehaltenen Lokal. Ähnlich wie der kleine orientalische Raum zum Shisha-Rauchen, den Akkan neu eingerichtet hat: „Aber auch das hilft nichts.“ Er mache nur Minus mit der Frühbar, zahle seit drei Monaten die Miete aus der eigenen Tasche. „Ich habe es nur gut gemeint und gedacht, es ist besser, wenn es sauber ist.“ Das Kinderwiener für hungrige Nachtschwärmer gibt es aber auch bei ihm noch.
Veränderungen seien das eine, schwach konsumierende Gäste das andere: „Es kommen viele Junkies, die nur Wasser trinken. Damit macht man kein Geschäft.“ Die Schuld an dem schlecht laufenden Geschäft sieht Mehmet Akkan nicht bei sich. Der Standort Gries sei das Problem. „Wir trauen uns um 22 Uhr nicht mehr auf den Griesplatz, weil viele Dealer dort stehen und Drogen verkaufen. Wir haben selber Angst.“ Akkan fordert von der Politik, sich der Problematik anzunehmen. „Seit die Dealer da sind, ist die Gastronomie in der ganzen Griesgasse stark geschwächt worden, weil sich viele nicht mehr her trauen. Ich schreibe nur minus, aber ob du im Plus oder Minus bist, interessiert die Stadt nicht.“
Er weiß jedenfalls nicht, was er mit dem Café anstellen soll: „Ich habe selber keine Idee mehr, was ich machen soll, um das Lokal auf die Beine zu bringen.“ Fast schon verzweifelt verabschiedet Mehmet Akkan sich von uns. Das Bier geht aufs Haus, er fragt uns noch lachend, aber wohl auch mit einer Portion Ernst, ob wir nicht irgendeine Idee für das Cafe hätten. Für die alte Jukebox ist es auf jeden Fall schon vorbei: Die steht bei Beates Sohn zuhause und spuckt keinen Ton mehr aus.
Von: Simon Michl und Simon Gruber