Jasmin Hirschmann schlägt mit ihrem Handwerk keine Wellen, sondern Falten. Vor kurzem übernahm sie die Grazer Traditionsschneiderei Hödl in der Belgiergasse und pflegt dort die alte Kunst des Plissierens.
Auf den ersten Blick fallen vor allem die vielen bunten Farben in Jassis – Plissee und Mode auf. Aus einer Farbpalette an Zwirnen, glänzenden Stoffen, Nähzubehör und Plisseevorlagen ergibt sich ein kreatives Chaos. Mittendrin die junge Schneiderin Jasmin Hirschmann.
Jasmin arbeitete eigentlich schon als Kindergärtnerin, als sich heuer im Februar die Gelegenheit ergab, die Schneiderei in der Belgiergasse zu übernehmen. Die Vorbesitzerin Milka Hödl hatte dort zuvor das uralte Handwerk des Plissierens ausgeübt und Jasmin dieses Wissen weitergegeben. Auch den Plissierofen und die fünfzig Jahre alten Schablonen, die für die Herstellung nötig sind, übernahm die 24-jährige, die immer schon leidenschaftlich gerne schneiderte.
Ungewöhnlich und knallbunt
Die Übernahme der Werkstatt war für Jasmin ein Sprung ins kalte Wasser. ”Aber wenn ich meinen ersten Laden erst mit 50 Jahren übernommen hätte, hätte ich es eben auch zum ersten Mal gemacht”, erklärt sie ihren mutigen Schritt. Seitdem arbeitet sie an ihrem eigen(willig)en Stil. Abgesehen vom Plissieren fertigt sie knallbunte Trachten, Spitzencorsagen bis hin zu ungewöhnlichen Unikaten. Am liebsten sind ihr Maßanfertigungen, bei denen die KundInnen noch keine genaue Vorstellungen vom Endprodukt haben und sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen kann. Begeistert sitzt Jasmin vor ihren wertvollen Schablonen und gibt Einblick in die Werkstatt, in der alle Stücke ihren Anfang nehmen. Kurz ist es, als wäre man in einer anderen Zeit, und doch entsteht genau dort etwas ganz Neues.
Die Röcke unserer Omas
Das Plissieren, erklärt Jasmin, sei eine Falttechnik, die auf das 15. Jahrhundert zurückgeht und bei der der Stoff händisch zwischen zwei Schablonen gespannt wird – ähnlich dem Falten eines Papierfächers. Diese Schablonen werden dann in einen speziellen Ofen gelegt und ungefähr zwei Stunden auf 100 Grad erhitzt, um die Form dauerhaft zu fixieren. Jasmin arbeitet mit rund 25 verschiedenen Schablonen, die jeweils unterschiedliche Faltenwürfe ergeben – Sonnenplissees zum Beispiel, Steh- oder Liegeplissees.
„Jeder der das nicht kennt, soll seine Oma fragen. Die wird sicher begeistert erzählen, dass sie ein Rockerl vom Färberplatz daheim hat“, sagt Jasmin Hirschmann. Von früh bis spät sei dort früher plissiert worden, erinnert sich Vorbesitzerin Milka Hödl, die heute im Ruhestand ist. Aus dem ganze Land schickten die Schneider damals ihre Stoffe in die Werkstatt. “Alle anderen Schneidereien waren auf uns angewiesen”, sagt sie.
Jasmin ist mit ihrer Handwerkskunst heute noch eine Ausnahmeerscheinung. “Innerhalb von 400 Kilometern bin ich die Einzige, die das macht.” Was sie an dieser Technik, an die sie sich erst gewöhnen musste, besonders fasziniert? Die Leichtigkeit, die das Plissieren jedem Stoff verleiht, sagt Jasmin. Und Milka Hödl: “Mit Plissee wird jeder Stoff zum Schmuckstück und wirkt federleicht.”