Das Stiefkind des Barsports

Lesezeit: 2 Minuten
Am Wochenende steigen in Graz die Österreichischen Staatsmeisterschaften im Tischfußball. Unter den Favoriten: Die TFC Hotshots aus dem Billardcafé Immervoll – die unbekanntesten Weltmeister der Stadt.

CL quali
Der Sieg in der Damenbundesliga 2015 ist nur einer von vielen Titeln der Hotshots. Foto: TFC Hotshots

Benjamin Willfort fokussiert den Ball. Mit sicherem Griff kontrolliert er seine Spieler. Aus dem Augenwinkel bemerkt er jede Bewegung des Gegners. Ein lauter Knall. Der Schuss sitzt! Weltmeisterlich. Benjamin Willfort ist nur einer von sieben WeltmeisterInnen im TFC Hotshots und will auch bei der kommenden Staatsmeisterschaft im Tischfußball um den Sieg mitspielen, die von 30. Oktober bis 1. November im Brauhaus Puntigam in Graz ausgespielt wird. Ausgerichtet wird die Meisterschaft, zu der rund hundert Teilnehmer erwartet werden, vom Tischfußballclub Hotshots, bei dem auch Benjamin Willfort trainiert. Jeden Mittwoch und Sonntag im Billardcafé Immervoll.

Grifftechnik und Schüsse trainieren die Profis oft auch ohne Gegenspieler.
Grifftechnik und Schüsse trainieren die Profis oft auch ohne Gegenspieler.

„Jeder kann bei uns Mitglied werden und bekommt auch einen erfahrenen Spieler zur Seite gestellt“, lädt Benjamin Neulinge ein. Trotz professioneller Arbeit achtet der Verein sehr auf ein familiäres Miteinander: „Jeder soll sich wohlfühlen!“ Beim ungezwungenen Training steht der Spaß am Spiel immer im Vordergrund. So motivieren sich die Trainingspartner spielerisch zu Höchstleistungen.

Ein langer Weg an die Spitze

Benjamin Willfort erinnert sich noch gut, wie schnell er dem Reiz des Wettkampfs verfallen ist: „Als ich 12 oder 14 war, hat mein Cousin einen Tisch zu Weihnachten bekommen. Später, mit 15, haben wir dann in der Schule einen Wuzzler im Pausenraum gehabt.“ Das reicht ihm nicht und er sucht nach immer neuen Herausforderungen. Beim Fortgehen trifft er erstmals auf Vereinsmitglieder der Hotshots und beginnt vor rund neun Jahren bei ihnen zu trainieren. Zu Beginn muss er viel Lehrgeld zahlen. „Am Anfang verlierst du alles“, resümiert Benjamin. Er bleibt dennoch am Ball, trainiert weiter und holt sich im Sommer 2014 seinen Einzel-Weltmeistertitel in Bonn. Auch in jüngster Zeit feiern die Hotshots beachtliche Erfolge. Das Damenteam qualifiziert sich für die Champions League. Einen großen Zuwachs an SpielerInnen bringt das der Profiszene erstaunlicherweise nicht.

Komm ich jetzt ins Fernsehen?

Rund 20 Mitglieder zählt der einzige Tischfußballverein der Steiermark. Außer als “Steirer des Tages” in der Kleinen Zeitung finden sich Tischfußballer selten in den Medien. Einzig über die Plattform “Kozoom” lassen sich derzeit live Spiele im Internet verfolgen. Woran liegt das? „Ein Problem ist die Schnelligkeit der Bewegungen“, erklärt Benjamin Willfort. „Ein ungeschultes Auge erkennt die technischen Feinheiten bei einem Schuss einfach nicht.“ Überdies ist Tischfußball in Österreich nur in Salzburg als Sport anerkannt. Für Ballgefühl, Schnelligkeit, Reaktion, mentale Stärke und Gegneranalyse ist aber intensives Training notwendig – wie in jedem Leistungssport. „Ich schaue, dass ich drei bis viermal pro Woche am Tisch stehe. Vor dem Turnier brauche ich fünf Tage Pause zum Regenerieren“, beschreibt Benjamin Willfort sein Training für die kommende Staatsmeisterschaft.

Hier werden Weltmeister geboren!
Hier werden Weltmeister geboren!

Ohne Medienpräsenz bleiben Sponsoren beinahe komplett aus. Eine Staatsmeisterschaft auszurichten, gestaltet sich daher als schwieriges Unterfangen. Tische werden immerhin vom Österreichischen Tischfußballverband gestellt. Die größte Herausforderung ist es, eine passende Location für die Veranstaltung zu finden. Unterkunft und Anreise zahlen die SpielerInnen selbst. Mit großer Begeisterung fahren trotzdem zwei Drittel der rund 300 aktiven SpielerInnen in Österreich regelmäßig zu Turnieren. Wien stellt dabei mit 20 Vereinen den größten Anteil.

Im Vergleich dazu ist die Profiszene in Deutschland um ein Vielfaches größer. Gleich zwei Verbände betreiben dort mehrere Ligen und veranstalten Turniere. Selbst eine eigene Seniorenliga hat sich etabliert. Zur internationalen Deutschen Meisterschaft reisen sogar 600 begeisterte SpielerInnen aus aller Welt. Warum Medien trotzdem den Veranstaltungen fern bleiben, begründet Hotshots Vereinsvorstand Marina Tabakovic: „Sobald ein Spiel beginnt, bildet sich eine Traube aus Zusehern um den Tisch, aber die sind alle leise.“ Emotionale Bilder erzeugt das keine. Die Freude, wenn das entscheidende Tor fällt und der Pokal in die Höhe gestemmt werden darf, schmälert das aber letztlich nicht.

 

[box]Alle Infos rund um Turniere und Verband, sowie die Staatsmeisterschaft, finden sich unter: www.tfboe.org[/box]

Egal ob beim Wandern in der Natur oder in den Untiefen des Internets, Clemens ist immer weltoffen. Reisen in alle Winkel der Erde steht ganz oben auf seiner To-Do-Liste.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

sieben − drei =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Wenn Filme Wirklichkeit zeigen

Nächste Geschichte

Tanz den Kunstrasen

Letzter Post in VIERTEL(ER)LEBEN