Bis 11. Dezember läuft in The Smallest Gallery am Grieskai eine spontan organisierte Ausstellung, die dem Fotografen Fabian Dankl eine Spielfläche für sein Werk zur österreichisch-slowenischen Grenze liefert.
Der Korridor an der Grenze Österreichs zu Slowenien ist etwa einen Kilometer lang. Er ist politisches Niemandsland, ein Bereich, für den sich keines der beiden Länder zuständig fühlt. „Es war, als würd‘ ich mich zwischen zwei Welten bewegen“, beschreibt der junge Grazer Fotograf Fabian Dankl seine Erfahrung im Gebiet zwischen Spielfeld und Šentilj. Anlässlich eines Besuches Ende Oktober entstanden Fotos und ein Text, mit denen Dankl festgehalten hat, was er gesehen und erlebt hat. Eines der Fotos ist aktuell zusammen mit dem Text unter dem Titel „Der Korridor“ in der Micro-Galerie The Smallest Gallery zu sehen – einem Schaufenster, bereitgestellt vom benachbarten Café tribeka, das seit 2003 als Plattform für junge Fotografie dient.
Augenschein am Nationalfeiertag
Ursprünglich hatte Dankl nicht vor, den Korridor aus Absperrgittern in den Fokus seiner Fotografien zu stellen. „Ich hab mir ganz bewusst den Nationalfeiertag ausgesucht. Ich wollte sehen, wie die Bevölkerung da an der Grenze agiert“, erklärt er. Ausgestattet mit Kamera und Presseausweis machte er sich schon am Vorabend auf den Weg nach Spielfeld, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Dabei fiel ihm ein Bereich besonders auf: der Korridor zwischen Slowenien und Österreich. Die Flüchtlinge werden von slowenischer Seite hineingeschickt, viele von ihnen wissen nicht, wo sie sind und was auf sie zukommt. Es gibt weder Informationen noch Essen oder Trinken. Auf Nachfrage wurde Dankl das Betreten des Korridors trotz Presseausweis von österreichischer Seite verboten. Von einem Polizisten bekam er aber in Aussicht gestellt, möglicherweise am nächsten Tag in der Früh Zugang zu bekommen. Daraufhin stellte der 29-Jährige seinen Bus im Hügelland über der Grenze ab, um dort zu übernachten.
„You can go. But it’s dangerous.“
Als Dankl am Tag darauf erneut darum bat, in den Korridor hineingelassen zu werden, stieß er auf österreichischer Seite wieder auf Abweisung. Kurzerhand beschloss der junge Fotograf, es von slowenischer Seite zu versuchen. Dort gaben die Soldaten mit den Worten „You can go. But it’s dangerous“ nach. „Was genau da gefährlich sein sollte, weiß ich nicht – ich bin dann einfach hineingegangen“, erzählt Dankl. Nachdem er einige Fotos gemacht und mit ein paar Menschen im Korridor gesprochen hatte, verließ er diesen wieder und bewegte sich seitlich an den Absperrgittern vorbei Richtung Österreich. Etwas näher an der österreichischen Seite kam er an einer „Sollbruchstelle“ vorbei, einer Stelle, an der sich im Korridor die Menschengruppen anstauen, wie er sagt. Dort hatten wenige Tage zuvor einige Flüchtlinge die Absperrgitter niedergerissen und waren in Richtung der Bahngleise losgegangen. An genau dieser Stelle saßen nun Journalisten und Pressefotografen.
Der Wert der Freiheit
Sein Presseausweis erleichterte Dankl den Zutritt im Gebiet zwischen Šentilj und Spielfeld. „Da hab ich gemerkt, was es heißt, sich frei bewegen zu können“, erzählt der Fotograf. Er konnte an den wartenden Menschen vorbeigehen und sich problemlos wechselweise im einen und anderen Land aufhalten. Nur sehr selten wurde ihm der Zugang nicht gewährt. Einige Flüchtlinge sprachen ihn an, versuchten, durch ihn an Informationen zu gelangen. In seinem Text nennt Dankl es die drei „Grundbedürfnisse“: „Darf ich dein Handy benutzen?“, „Kannst du uns was zu essen bringen, wir haben auch Geld!“ und „Wir brauchen etwas zu trinken.“ Viele der Menschen fragten auch, ob sie schon in Österreich seien und wie weit es noch nach Deutschland ist. „Die Menschen sind stundenlang in dem Korridor und wissen überhaupt nicht, was als nächstes passiert“, sagt Eva Meran, die sich als Kuratorin der Ausstellung lange mit Dankls Erlebnissen auseinandergesetzt hat.
Der Gegensatz zum Alltäglichen
Die Kunst hat in Dankls Werk die Rolle der Geschichtenerzählerin. Sie beschreibt seine Erfahrungen und Erlebnisse von jenem 26. Oktober. Der gebürtige Tiroler selbst hat in seiner Fotografie ganz bewusst darauf verzichtet, die Gesichter einzelner Personen in den Vordergrund zu stellen. Vielmehr möchte er einen Moment dokumentieren und den Medienbildern, mit denen wir jeden Tag konfrontiert werden, etwas entgegenstellen. „Es stellt sich natürlich auch die Frage: Wem hält man die Kamera ins Gesicht? Ist es überhaupt okay, einem flüchtenden Menschen direkt ins Gesicht zu blitzen?“, formuliert Meran den Konflikt des Fotografen. So positionieren sich auch Karin Oberhuber und Clemens Mair, die Verantwortlichen der Smallest Gallery. Mair meint bei der Ausstellungseröffnung am 28. November, man wolle in der Galerie mit Dankls Arbeit einen Kontrast zu alltäglichen Pressefotos schaffen.