Die Waffenkäufe haben im ganzen Land zugelegt. Auch im Annenviertel? Die Annenpost hat recherchiert.
Das Waffengeschäft boomt. Exakt 14.842 Waffen sind derzeit, per 1. Februar 2016, laut Landespolizeidirektion Steiermark in Graz registriert. Zum Vergleich: Im Februar 2015 waren rund 1.000 Waffen weniger im Umlauf. Waffen werden in die Kategorien A, B, C und D unterteilt. Unter Kategorie A fallen verbotenes Waffen- und Kriegsmaterial. Halbautomatische Schusswaffen, Faustfeuerwaffen und Selbstladendebüchsen zählen zu den genehmigungspflichtigen Waffen der Kategorie B und sind ab dem 21. Lebensjahr erlaubt. Bewaffnungsmaterialien der Kategorie C und D sind nicht genehmigungspflichtig, aber dennoch meldepflichtig. Dazu zählen unter anderem Druckluft- und CO2-Waffen. Diese sind für Menschen ab 18 Jahren zugänglich.
Einen Waffenschein bitte!
Die Waffenbesitzkarte berechtigt grundsätzlich zum Besitz von zwei Schusswaffen der Kategorie B. Beantragen kann diese Karte in Österreich jede und jeder, der nach Vollendung des 21. Lebensjahres nachweislich den Umgang mit Waffen gelernt hat. Zusätzlich ist ein psychologisches Gutachten vorzuweisen. Von diesem Angebot machen immer mehr GrazerInnen Gebrauch. Wolfang Gsöll vom Referat der Sicherheitsverwaltung der Landespolizeidirektion Steiermark spricht von einem signifikanten Anstieg: „Im Vergleichszeitraum von September 2014 bis Jänner 2015 wurden insgesamt 74 Waffenbesitzkarten ausgestellt. Im Zeitraum von September 2015 bis Jänner 2016 wurden insgesamt 436 Waffenbesitzkarten ausgestellt.“ Fast sechs Mal so viele Waffenbesitzkarten wurden im Vergleich zum Vorjahr ausgegeben. Landespolizeidirektion Steiermark möchte diesen enormen Anstieg allerdings nicht mit der gegenwärtigen Flüchtlingskrise in Verbindung bringen . Eine Erklärung für dieses Aufrüsten kann uns die Polizei jedoch nicht geben. Auch in welchen Bezirken von Graz die meisten Waffenbesitzkarten beantragt werden, lässt sich pauschal nicht sagen.
Waffen im Annenviertel – Lokalaugenschein
Gleich zwei Waffenfachgeschäfte befinden sich im Annenviertel. Das Traditionsgeschäft „Waffen Wanz“ in der Griesgasse und der handwerkliche Meisterbetrieb „Waffenstube Guggi“ in Lend. Letztere haben wir genauer unter die Lupe genommen:
Der Geruch von Stahl und Politur durchzieht den kleinen Laden. Die Wände zieren ausgestopfte Fasane, Hirschgeweihe und Krickl, Prachtexemplare. Darunter unzählige Gewehre, fein säuberlich drapiert und geschlichtet. Hinter dickem Glas lagern Handfeuerwaffen, Pfeffersprays, und Schlagstöcke – alles was das Herz eines Waffennarren begehrt.
„Waffen zu besitzen ist nicht böse“
Seit 39 Jahren ist Herbert Erich Guggi Besitzer der „Waffenstube Guggi“ in der Wienerstraße 9. Waffen aller Art und auch Kurse zur Handhabung dieser werden dort angeboten. „Der Absatz steigt“, sagt Guggi . Der handwerkliche Meisterbetrieb lockt nicht nur Jäger und Sportschützen, sondern auch vermehrt Otto-Normalverbraucher , stellt der Geschäftsinhaber fest: „In den letzten zwei Jahren sei die Nachfrage an Waffen, abseits der Jagd- und Hobbygesellschaft, enorm angestiegen.“ Vor allem Pfeffersprays und Gaspistolen zur Selbstverteidigung werden gerne gekauft. Herbert Guggi kann das negativ behaftete Image von Waffen nicht nachvollziehen, da der adäquate und verantwortungsvolle Umgang mit Waffen für ihn nichts Verwerfliches darstellt.
Mehr Angst, mehr Waffen?
Auf die Frage, warum der Andrang auf Waffen so enorm angestiegen ist, erklärt Herbert Guggi: „Das ist ganz logisch. Wenn die Angst steigt, werden mehr Waffen gekauft, der Staat schützt mich ja nicht!“ Für Herbert Guggi ist klar, dass dieses Phänomen auf die Flüchtlingskrise zurückzuführen ist. Seiner Meinung nach haben die GrazerInnen Angst vor der „Flut“ an potentiell bewaffneten und kriminellen Asylwerbern. Der Staat hat in seinen Augen versagt, die Angst vor Übergriffen steigt und die Reaktion darauf sei es, sich selbst zu schützen. Immer mehr Frauen kauften in letzter Zeit in der Waffenstube Guggi ein. Pfeffersprays gehen ständig über die Ladentheke. Dazu meint Herbert Guggi: „Hättens‘ denn keine Angst, wenn‘s als Frau allein nach Hause gehen und eine Runde Ausländer kommt entgegen? Da wärn’s ja dumm, wenn’s keinen Pfefferspray dabei hätten. Bis die Polizei kommt, is‘ eh schon alles vorbei.“ Er ist überzeugt, dass eine erhöhte Polizeipräsenz, vor allem in Bezirken wie Lend und Gries die Angst und Verunsicherung der Grazer Bevölkerung verringern würde.
Wie sicher fühlen sich junge Annenviertler?
Ist es heutzutage also wichtig, sich selbst verteidigen zu können? Muss man deswegen gleich zur Waffe greifen? Wir haben für diese Recherche jeweils 20 Frauen und Männer zwischen 18 und 27 Jahren zum Thema Waffenbesitz und Sicherheitsempfinden im Annenviertel befragt. 90 Prozent der befragten Frauen waren sich einig, dass es wichtig ist, einen Pfefferspray bei sich zu tragen. Auf die Frage hin, ob das mit der vermehren Präsenz von Asylwerbern zu tun hat sagt Magdalena Hammer: „Nein absolut nicht, mir machen diese betrunkenen Bahnhofsjunkies viel mehr Angst.“ Auch beim Thema Schusswaffen waren sich die befragten Männer und Frauen einig, Stefan Weinmüller sagt dazu: „Waffen besitze ich keine, ich hatte beim Bundesheer damit zu tun und muss sagen, dass es einfach zu viel Aufwand ist. Rein zur Selbstverteidigung ist das dann doch übertrieben.“ Katharina Rinnhofer denkt ähnlich: „Ich habe nie gelernt mit Waffen umzugehen und will es auch nicht lernen. Ich habe eher Angst vor dem Umgang mit Waffen.“ Gewisse Brennpunkte wie Volksgarten oder Griesplatz würde ein Großteil der Befragten nachts dennoch meiden. Im Großen und Ganzen fühlen sie sich aber im Annenviertel sicher.