Die Einrichtung ist upgecycelt, das Haarshampoo vegetarisch und die Blondierung vegan? Diese Besonderheiten gibt es im Annenviertel, seit Romana Benedikt Anfang März mit ihrem Friseur-Salon Grünschnitt am Lendplatz eingezogen ist.
Lichtdurchflutet und gemütlich präsentiert sich der Raum, der Romana Benedikt als Arbeitsplatz dient. Der „typische“ Friseursalon sieht anders aus. Eine Holzpalette dient als Regal für Bürsten, Föhn und Glätteisen, die kleine Sitzecke in der Auslage lädt zum Dableiben ein, auf einem antiquarischen Holzkasten thronen eine Kaffeemaschine und Geschirr, das aus Omas Küche stammen könnte. Benedikt führt Grünschnitt alleine und nimmt sich für jeden Kunden/jede Kundin einzeln Zeit. Hektik hat hier keinen Platz. Die junge Friseurin bietet einen Kaffee mit Sojamilch an und erklärt während des Schneidens genau, was sie tut. Die Gemütlichkeit und Ruhe im Salon erklärt sie sich damit, dass sie ihre KundInnen quasi „in ihr Wohnzimmer einlädt“.
Das Annenviertel als veganer Brennpunkt
Einen „Glücksfall“ nennt Benedikt die Tatsache, dass dieses Frühjahr ein Geschäftslokal direkt am Lendplatz frei geworden ist. Die Annenviertlerin selbst hat eine Wohnung in der Nähe, was den täglichen Weg zu ihrem ersten eigenen Salon vereinfacht. Doch der Lendplatz als Wunsch-Standort stand für sie schon lange fest: „Ich find’s einfach super, wie sich der Bezirk und das Publikum, das ich hier hab´, in letzter Zeit entwickelt haben“, meint sie. Die Idee zu Grünschnitt, einem vegan-vegetarischen Friseursalon, kam ihr vergangenen September. Ausschlaggebend war vor allem ihr eigener nachhaltiger Lebensstil, den sie gerne auf ihren Beruf ausweiten wollte. Auch steige die Nachfrage der Menschen, was viele Betriebe zum Umdenken oder gar Umstellen drängt. Die steigende Anzahl der vegetarischen bis veganen Lokale im Annenviertel geben der Friseur-Meisterin in dieser Hinsicht Recht. Doch Grünschnitt hat bei weitem nicht nur KundInnen, die beim Essen lieber aufs Fleisch verzichten. „Ich hab auch genug Fleischesser dabei, die sagen ‚Ich find das Konzept cool!‘ und selbst auch bewusst gesund leben“, erzählt Benedikt.
Auf vegetarischem Weg zu bunten Haaren
Grünschnitt bedeutet übrigens nicht, dass man mit grünen Haaren herauskommt. Obwohl Benedikt als Friseurin bei der Produktauswahl besonders darauf geachtet hat, die komplette Farbpalette abzudecken. Sie wollte nicht nur mit Naturhaarfarben kaum merklich dunkler färben, sondern tatsächlich jede Haarfarbe zustande bekommen. Die Firma, die pflanzliche Inhaltsstoffe und kreative Freiheit für Benedikt am besten vereinen konnte, ist Glynt. Die Haarfarben sind vegetarisch, die Blondierung rein vegan. Das Unternehmen selbst kommt aus der Dermatologie, wodurch die Produkte besonders haut- und haarschonend formuliert sind. Die Alkalität, die bestimmt, wie basisch etwas ist, wurde auf ein Minimum herabgesetzt. Den Pflanzenlipiden, die als Hauptbestandteil fungieren, wurden synthetische Wirkstoffe beigesetzt, damit die Farben ihre Wirkung entfalten können. Damit liefert Benedikt eine Alternative zu herkömmlichen Färbemitteln, die das Haar meist trocken und kaputt machen.
Eine nachhaltige Gesamtphilosophie
Aktuell arbeitet Benedikt mit zwei Marken – Less is more aus Österreich und Glynt aus der Schweiz. Regionalität war für sie ein wichtiges Stichwort bei der Auswahl dieser Firmen. Benedikt setzt auf silikon- und parabenfreie Shampoos und achtet darauf, dass alle von ihr verwendeten Produkte tierversuchsfrei erzeugt wurden. Der große Unterschied zu herkömmlichen Haarprodukten liegt unter anderem in den Bindemitteln. Diese enthalten bei „nicht-veganen“ Produkten meist Hühnereiweiß oder andere tierische Stoffe. Was bei Grünschnitt nicht vegan ist, enthält Bio-Honig aus dem Mühlviertel und wird als „veggie“ gekennzeichnet.
Die Nachhaltigkeit der Produkte wirkt sich jedoch kaum auf den Preis aus. „Beide Marken befinden sich preislich im normalen, friseur-exklusiven Bereich“, erklärt Benedikt. Wichtig ist ihr aber: „Bei mir geht’s nicht nur um die einzelnen Produkte, sondern um die Gesamtphilosophie.“ So verzichtet sie gänzlich auf Alufolie, um die Müllproduktion zu mindern. Stattdessen kommt ein Spezialpapier aus Polyäthylen zum Einsatz, das abwaschbar und dadurch wiederverwendbar ist. Gelegentlich reißt dieser Alu-Ersatz, doch alles in allem entsteht so viel weniger Müll. Die Einrichtung des hellen Raumes, der durch das große Fenster zum Lendplatz hin optisch größer wirkt, ist ebenfalls entsprechend Benedikts nachhaltiger Philosophie eingerichtet: Das Mobiliar ist wiederverwendet, zum Teil ist die Ausstattung upgecycelt – abgesehen von einigen Arbeitsmaterialien, die neu gekauft werden mussten. Veraltet wirkt dennoch nichts bei Grünschnitt. Romana Benedikt versteht sich auf‘s Beleben gebrauchter Gegenstände – und auf‘s Haare schneiden.