Drogendeals im öffentlichen Raum war bislang kaum beizukommen. Zu schwierig war die rechtliche Lage, damit die Polizei ordentlich eingreifen konnte. Seit 1. Juni gilt eine Gesetzesnovelle, die das Dealen in Parks und auf Plätzen verhindern soll.
„Weed? Do you want something?“ Viele Grazer kennen diese Situation, wenn einem auf offener Straße Drogen angeboten werden. Bereits im Jänner haben wir von der Szene rund um den Hauptbahnhof und die Keplerstraße berichtet. „Drogendelikte, vor allem beim ersten Mal, werden praktisch als Kavaliersdelikte dargestellt und die Staatsanwaltschaft ist gezwungen, einen großen Teil der Verfahren einzustellen. Es motiviert nicht unbedingt, hier beherzt einzuschreiten, wenn man weiß, dass ohnehin eine Einstellung folgt“, erklärte damals ein anonymer ehemaliger Polizeibeamter der Annenpost.
Nun hat sich die Lage auf den ersten Blick verändert, zumindest im sichtbaren Raum. Wer „Suchtgift einem anderen gegen Entgelt anbietet, überlässt oder verschafft“, wird in Zukunft mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belangt. Dieser Gesetzestext stammt aus der neuen Novelle (§27/2a Suchtmittelgesetz), die seit 1. Juni gilt. Erst im Jänner 2016 wurde die rechtliche Lage geändert, doch diese war für die Beamten untragbar und so wurde noch einmal nachgebessert.
Vor allem das Einschreiten der Beamten soll nun auch wieder einen Sinn haben. Wenn man einen Dealer festgenommen hatte, musste man ihm zuvor Gewerbsmäßigkeit nachweisen, ansonsten durfte er umgehend wieder auf freien Fuß. Die Motivation unter den Polizisten, bei Drogenhändlern entschlossen einzugreifen, war natürlich dementsprechend.
Auf Nachfrage der Annenpost ließ das Landeskriminalamt der Polizei wissen, dass es kurz nach der Einführung des neuen Gesetzes schon Schwerpunktaktionen im Annenviertel gab. In Zusammenhang mit zwei konkreten Festnahmen wird demnächst prozessiert. Ein Ergebnis steht freilich noch aus. Weitere direkte Auswirkungen sind aber seitens der Beamten noch nicht zu spüren und auch nicht abschätzbar. Statistische Daten werden nur einmal jährlich erhoben. Somit muss man noch warten, um gesicherte Zahlen nennen zu können.
Lokalaugenschein Volksgarten
Eine dauerhafte Lösung sieht man aber in der Novellierung bei der Polizei nicht. „Die Verlagerung aus dem öffentlichen Raum ins Private wird nicht ausbleiben. Außerdem ist uns bewusst, dass auch in der Öffentlichkeit der Drogenhandel weitergehen wird“, erklärte das Kriminalamt für Suchtmittel der Steiermark auf Nachfrage der Annenpost. Dieses Faktum wird unterstrichen, wenn man sich für kurze Zeit in den Volksgarten begibt. Innerhalb kürzester Zeit werden einem mehrmals Drogen angeboten.
Wer bestimmt eigentlich was öffentlicher Raum ist? Als Erläuterung steht bei §27/2a, dass ein „Richtwert von zehn Personen erreicht werden muss“. Ein „starres Festhalten an dieser Zahl wird aber abgelehnt“. Nun können sich die Gerichte mit dem Thema befassen, ob und wie öffentlich ein möglicher Deal über die Bühne gegangen ist. Eine optimale Lösung sieht anders aus.
Stefan Pree arbeitet beim Team der Caritas, das suchtkranke Menschen betreut und unterstützt. Der neuen Gesetzesnovelle steht er kritisch gegenüber: „Das neue Gesetz war sicher gut gemeint, doch die Szene wird sich wieder anpassen und andere Wege finden.“ Hauptsächlich wird auf der Straße mit Marihuana gehandelt, Pree sieht in der Legalisierung durchaus eine Lösung. „Man muss sich einfach einen vernünftigen Weg überlegen. Möglicherweise könnte man Cannabis freigeben und mit Altersbeschränkungen etc. legalisieren. Auf alle Fälle muss man sich alles gut überlegen und einen langfristig wohldurchdachten Weg finden“, sagt der Sozialarbeiter weiter. Die Polizei meint zur Legalisierung von Cannabis, dass das sicher keine Lösung sei. Vielmehr sollte man den Hebel zwar auf gleicher Ebene, aber auf andere Art und Weise ansetzen. In Österreich steht bei Gericht Therapie vor Strafe und genau dort solle man eine Änderung herbeiführen.