Tagtäglich landen Unmengen an Lebensmitteln im Müll, die noch bedenkenlos essbar wären. Im PANE verkaufen freiwillige MitarbeiterInnen Brot, das am Vortag in Martin Auer-Filialen übriggeblieben ist.
Beim Betreten des kleinen Geschäftslokals in der Mariahilferstraße schlägt einem der angenehme Geruch von Brot entgegen. Nahezu unscheinbar machen weiße Buchstaben an der verglasten Außenwand darauf aufmerksam, dass hier Brot vom Vortag verkauft wird. Gerade einmal die Mitarbeiterin und ich passen in den Raum, der als Verkaufsfläche dient – und ein Regal voller Brot natürlich. Ich entscheide mich für einen Jägerstollen, bezahle 1,50€ und gehe wieder. Draußen wartet schon die nächste Kundschaft.
Geld für karitative Zwecke
PANE ist das hauseigene karitative Projekt des Grazer Bäckers Martin Auer. Hier wird das Brot, das in anderen Filialen übrig bleibt, am nächsten Tag um den halben Preis verkauft. Vor rund drei Jahren berichtete die Annenpost schon einmal über die Initiative. Das Konzept ist gleich geblieben, ein paar Kleinigkeiten haben sich aber verändert. Noch immer kommen 100% des Erlöses dem guten Zweck zu. Im Vorjahr konnten laut Auer dadurch rund 40.000€ gespendet werden. Die Entscheidung, welches Projekt das Geld erhält, trifft man firmenintern – anders als ursprünglich geplant. Damals sollten nämlich PassantInnen auf einer Tafel vor dem Shop Ideen anbringen. „Die Entscheidung, wo das Geld am besten eingesetzt ist, ist keine einfache. Da haben wir uns anfangs ein bisschen überschätzt“, erklärt der Bäcker, wieso die Tafel entfernt wurde. Mittlerweile hilft Altbürgermeister Alfred Stingl aus, so Auer: „Wir sind froh, dass es Menschen wie ihn gibt, die sich genau anschauen, was mit unserem Geld passiert.“
Brot für die Schweine
Der karitative Aspekt ist jedoch nicht der einzige, den PANE verfolgt. „Wir versuchen, eine sinnvolle Gratwanderung zu schaffen“, so Auer. Einerseits sollen KundInnen auch am Abend noch Brot und Gebäck vorfinden. Auf der anderen Seite darf es nicht zu viel sein, damit nichts im Müll landet. „Die Hürde, den Rohstoff Lebensmittel wegzuwerfen, ist sehr gering“, weiß Auer. Darum wird das übriggebliebene Brot seiner Filialen im PANE-Shop weiterverkauft. Der Preis sinkt, die Qualität bleibt dieselbe: „Hinsichtlich der enormen Verschwendung ist Brot für mich ein so großes Thema, weil es auch am nächsten Tag noch so viel wert ist.“ Brot, das auch im PANE nicht an den Mann/an die Frau gebracht werden kann, werde nicht weggeworfen, sondern komme zum befreundeten Bio-Schweinebauern. Dasselbe passiere mit Süßspeisen. Nur Produkte mit Fleisch-Anteil müssen entsorgt werden, das bestimmen die Hygienevorgaben.
Billige Großpackungen fördern die Verschwendung
Lebensmittelverschwendung ist weltweit ein Thema. Jedes Jahr werden rund 1,3 Milliarden Tonnen an Lebensmitteln weggeworfen, so eine Studie der Food and Agriculture Organization (FAO). In Österreich sind es gut 157.000 Tonnen – Tendenz steigend. Ein großer Teil der Nahrungsmittel wäre eigentlich noch genießbar. Auer sieht das Problem hier vor allem bei den Preisen: „Für alles ist man bereit, mehr Geld auszugeben, ausgenommen für Lebensmittel.“ Billige Großpackungen verleiten die Menschen, mehr zu kaufen, als sie tatsächlich brauchen. Das führt dazu, dass mehr im Müll landet, denn „es war eh nicht teuer“. Obwohl BäckerInnen wissen, wie viel ihre Produkte wert sind, und dass diese am nächsten Tag kaum schlechter sind, müssen sie unternehmerisch denken. „Sonst fragen sich die Leute irgendwann: ‚Wieso sollte ich frisches Gebäck kaufen, wenn es nach einem Tag gleich gut ist und mir auch noch billiger kommt?‘“, weiß Auer.
Weitreichende Folgen
Fakt ist, dass nach wie vor in Wien täglich jene Menge an Brot vernichtet wird, mit der Graz im selben Zeitraum versorgt werden könnte. Würde sich jeder vor Augen führen, dass ein österreichischer Haushalt durchschnittlich 300-400€ wegwirft, so lände womöglich deutlich weniger Essen im Müll. Lebensmittel wegzuwerfen ist nicht nur reine Rohstoffverschwendung. Gleichzeitig wird Trinkwasser vergeudet und das Grundwasser verschmutzt. Für die unnötige zusätzliche Produktion von Lebensmitteln werden Wälder gerodet und Meere durch Überfischung maßlos ausgebeutet. Auer ist sich bewusst, nicht die Welt verändern zu können. Dennoch: „Wir freuen uns, wenn wir mit unserem Projekt PANE das Bewusstsein für Lebensmittel stärken können.“ Das Brot vom Vortag schmeckt übrigens wirklich gut.