Der Treffpunkt VorOrt, gegenüber der Helmut-List-Halle, will Bewusstsein für eine grünere Urbanität schaffen. Diese soll sich nicht nur in den Beeten vor Ort, sondern auch im zukünftigen smarten Stadtteil Waagner-Biro widerspiegeln.
Versteckt hinter parkenden Autos steht ein kleiner Container. Auf Holzpaletten daneben verteilen sich Beete, aus denen Tomatenstauden und Quittenbäume wuchern, die im urbanen Dschungel exotisch anmuten. Schuttberge und Maschinen im Hintergrund zeugen vom Baufortschritt. Ein soziales Gartenprojekt, vom Fortschritt in den Köpfen der Menschen. Graz wächst. Jetzt noch Radieschen und Rote Rüben, später ein innovativer Stadtteil.
Happy End in Eggenlend
Die Smart City Waagner-Biro ist ein Projekt der Stadt Graz, das ökologische Konzepte, wie Fassadenbegrünung oder Car-Sharing, erproben will. Im beinahe fertiggestellten Science-Tower beschäftigen sich Unternehmen künftig mit diesen Themen. Das Stadtteilmanagement VorOrt, das Teil des StadtLABORs Graz ist, gibt Menschen im Viertel die Möglichkeit, ihre zukünftige Nachbarschaft mitzugestalten.
“Ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit ist die Einbindung der BürgerInnen, der Vereine und der Unternehmen in den Planungsprozess”, sagt Nana Pötsch, Projektverantwortliche der Workshopreihe Living Green City. Mit ihr leistet Pötsch Überzeugungsarbeit im Bezug auf ein nachhaltigeres Leben in der Stadt. „Im Idealfall gelingt es uns, diese Sensibilisierungs- und Beteiligungsprozesse, aber auch technische Ideen, in die Smart City zu implementieren.“
In der ersten Oktoberwoche feiert diese Initiative mit HAPPY END ein Erntedankfest der anderen Art, das den Abschluss des Gartenjahres 2016 markiert. Kastanien und Kürbisse liegen auf den Tischen. We are the future tönt aus der Musikbox neben dem Container und Pötsch verkocht
direkt das frisch geerntete Gemüse zu einem Risotto und macht Palatschinken. Im Hintergrund thronen die Baukräne über der Szenerie. Familien, Architekturstudenten und Passanten stoßen zum Fest. So unterschiedlich wie die Menschen sind auch ihre Beweggründe hier herzukommen: Umweltbewusstsein, Hunger oder einfach nur Neugierde. Eine Besucherin kommt zufällig vorbei: “Etwas Grünes mitten in der Bauwüste zu finden, ist ungewöhnlich, aber interessant“, meint sie und deutet auf die Helmut-List-Halle. „Gegenüber ist ja diese Kulturhalle, aber das hier ist genauso Kultur.“
Über solche Rückmeldungen freut sich Pötsch, die jedoch nicht genau sagen kann, ob das Living Green City Projekt 2017 weitergeführt wird. “Solche Sondierungsprojekte sollen zeigen, ob und dass Urban Gardening und im allgemeinen ein gelebtes Miteinander eine Chance im Stadtteil Waagner-Biro haben.”
Das Grüne als Ausgangspunkt für etwas Großes
Living Green City ist nicht das einzige Grazer Projekt, das den Fokus auf Nachhaltigkeit und urbanes Gärtnern legt. „Ich bin sehr froh, dass es in diesem Bereich eine wachsende Bewegung gibt”, erzählt Andrea Pavlovec-Meixner, die zuständige Gemeinderätin der Grünen, welche Initiativen wie das Forum Urbanes Gärtnern mitbegründet hat. Pavlovec-Meixner würde sich für die Zukunft auch eine bezahlte Koordinationsstelle in der Stadt wünschen, denn bisher passiert die Beratungs- und Unterstützungsarbeit auf ehrenamtlicher Basis.
„Ein Projekt in zentraler Stadtlage wäre ideal, denn die Leute wollen nicht immer nach Andritz oder Straßgang fahren, sondern auch in der Annenstraße oder im Volksgarten anbauen und ernten.“ Laut der Gemeinderätin sollte jeder Bauträger eine Gartenfläche für die öffentliche Nutzung gewährleisten, denn: “Ich glaube, es ist einfach ein Grundbedürfnis der Menschheit, in der Erde zu wühlen.“