Welt verbessern im kleinsten Kino der Stadt

Lesezeit: 3 Minuten
Mit ihrem „Ciné Privé“ wollen die beiden Kunstgärtner Irmi und Reinfrid Horn Verständnis und Miteinander mit den Mitteln der Filmkunst fördern.

img_0317
Filmkunst in einer gemütlicher Atmosphäre. Foto: Martin Pendl

Zwölf Jahre gibt es den kunstGarten schon im Bezirk Gries. Irmi und Reinfrid Horn haben ihn damals ins Leben gerufen, um Menschen einen niederschwelligen Zugang zu zeitgenössischer Kunst zu bieten. Dieser Anspruch wird besonders gut im Garten hinter dem Haus in der Payer-Weyprecht-Straße sichtbar, in dem sich nicht nur Irmi Horns Rosen und die feine Sammlung von Kunstobjekten und Plastiken, von Hartmut Skerbisch etwa, bewundern lassen, sondern wo – vor allem im Sommer –  auch kleine Konzerte und Theateraufführungen im Freien stattfinden.

Ein Projekt der besonderen Art im kunstGarten ist das Zimmerkino. Besonders begeistert ist Reinfrid Horn von diesem Wort nicht, da die Veranstaltung im Sommer im Freien stattfindet und nur in den kälteren Jahreszeiten ins Haus verlegt wird. Weil es dort einfach gemütlicher ist. Neben Schränken mit hunderten von Büchern stehen da weiche Sessel mit Polstern, die zum Verweilen einladen. Die Stimmung ist wirklich sehr privat, eine Leinwand und ein Beamer reichen, um Klubkino-Atmosphäre aufkommen zu lassen.

img_0325
Jung und Alt sind willkommen. Foto: Martin Pendl

Gegen Hass und Ausgrenzung
Ein Ziel des Projekts ist es, mit den gezeigten Werken Menschen zum Nachdenken anzuregen. Filme über fremde Kulturen und Lebensweisen sollen dazu beitragen, Vorurteile abzubauen. Auf die Frage, warum dies gerade mit Filmen möglich ist, antwortet Irmi Horn, die selbst Schauspielerin ist: „Jede Art von Kunst, die die Möglichkeit bietet, irgendeine Form von Identifikation zu finden, mit einer Person oder mit irgendwas Dargestelltem, macht die Gedanken freier und lässt Gefühle zu.“ Zwar sind beide der Meinung, dass die vorgeführten Werke auch unterhalten sollen, als ehemalige Volksschullehrer hätten sie jedoch auch einen gewissen pädagogischen Anspruch. „Mehr Wissen und besser werden“, so beschreiben sie diesen.

Aktuell werden im Zimmerkino vor allem Filme des thailändischen Regisseurs Apichatpong Weerasethakul vorgeführt, der auch im diesjährigen steirischen herbst mit einer beeindruckenden Installation zu Gast war. Der preisgekrönte Filmemacher reist in seinem Film „Mysterious Object at Noon“ durch Thailand und lässt Menschen, denen er begegnet, Geschichten erzählen, die er zu einer zusammensetzt und inszeniert. Aus den Erzählungen entsteht ein Werk über einen gelähmten Jungen, Hauslehrerinnen aber auch Außerirdische. Eine große Rolle spielen dabei die thailändische Kultur und Religion.

Für das Ehepaar Horn ist es aber auch wichtig, aktuelle Themen aufzugreifen. Als Beispiel nennen sie Filme über Ägypten, Griechenland oder Syrien. Sie sollen den BesucherInnen des Zimmerkinos den Alltag der Menschen in diesen Regionen näherbringen. Neben Verständnis für andere Kulturen geht es ihnen vor allem um Gerechtigkeit. Die Ausbeutung von Ländern der Dritten Welt ist für Irmi Horn ebenso ein zentrales Thema wie die Mitschuld Österreichs am Zweiten Weltkrieg, über die, ihrer Meinung nach, noch immer viel zu wenig Menschen Bescheid wissen.

img_0295
Zu einer besseren Gesellschaft beitragen, das ist das Ziel. Foto: Markus Röck

Irmi Horn würde nicht sagen, dass es heute mehr Probleme zwischen den verschiedenen Kulturen gibt als früher. „Die Menschen haben keine Angst, in ein anderes Land zu fahren, sie haben aber Angst, wenn jemand anderer hierher kommt“, sagt sie und meint damit die „Einheimischen“. Als Gründe für diese Angst nennt sie Armut und schlechte Bildung.
Auch im Annenviertel kritisiert Irmi Horn die oftmals geringe Bildung der BewohnerInnen. Der eine oder andere würde studieren, aber danach nichts damit anfangen und stagnieren, anstatt sein Wissen einzusetzen, um für ein besseres Miteinander zu kämpfen. Ein Mensch könne sich dann als Mensch würdig erweisen, wenn er seine Fähigkeiten nutze.

Jeder ist willkommen
Mit durchschnittlich vier BesucherInnen ist das Projekt Ciné Privé eine der kleineren Veranstaltungen des kunstGarten. Hin und wieder kommen jedoch auch 15 oder 20 Personen, sagt Irmi Horn. Besonders über jüngere BesucherInnen freut sie sich. So werde das Angebot häufiger von StudentInnen angenommen, aber sogar SchülerInnen sollen sich schon ins Zimmerkino „verirrt“ haben. Auf die Frage, ob man denn mit dem relativ kleinen Publikum auch etwas erreichen könne, antwortet sie: „Das sind kleine Schritte, die müssen wir gehen. Wenn wir sie nicht gehen, wer geht sie sonst?“ Außerdem gebe es ja noch jede Menge anderer Veranstaltungen und Ausstellungen im kunstGarten. Das Ciné Privé findet das ganze Jahr über statt. Der Eintritt ist frei bzw. gegen freiwillige Spende, um Anmeldung spätestens zwei Stunden vor Beginn wird gebeten.

[box]Kontakt:
kunstGarten Graz
Payer-Weyprecht-Straße 27
8020 Graz
Tel: +43 316 262787

kunstgarten.mur.at[/box]

 

Martin ist ein Android-Fan der "schlimmsten" Sorte. Außerdem Liebhaber von Politsatire und freiwilliger Rettungsanitäter aus Leidenschaft. Möchte gerne mehr Wissen sammeln.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

drei × 2 =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Der Impro-Montag kennt keine Regeln

Nächste Geschichte

Wenn in Eggenberg die Rekorde fallen

Letzter Post in KULTUR