Verfolgt. Vertrieben. Hingerichtet. Der Holocaustgedenktag am 27.Jänner erinnert nicht nur an die jüdischen Opfer des Nazi-Regimes. Auch Angehörige anderer Religionsgemeinschaften fielen dem Terror zum Opfer. In Eggenberg wurde letztes Jahr ein Stolperstein für einen Zeugen Jehovas verlegt.
Eggenberg, Reininghausstraße 50 a, der letzte Wohnort von Johann Moser. Er war einer von zahlreichen Zeugen Jehovas, die in der NS-Zeit vertrieben, verfolgt und hingerichtet wurden. Seit dem 16. August 2016 erinnert ein Stolperstein in Eggenberg an ihn und sein Schicksal. Johann Moser trat 1934 aus der katholischen Kirche aus, danach wurde er ein Mitglied der Zeugen Jehovas. Am 10. Oktober 1940 wurde er im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet. Seine Biografie und Daten im Archiv zu finden war nicht einfach. Daniela Grabe, Obfrau des Vereins für Gedenkkultur Graz, erklärt: „In der Nachkriegszeit gab es kein Interesse an diesen Opfergruppen. Manchmal wurden diese Leute als „asozial“ etabliert und dann muss man in den Akten erstmal schauen was das überhaupt für eine Gruppe war.“Seit 2012 organisiert der Verein für Gedenkkultur Graz Stolpersteinverlegungen. Dabei wird ein Gedenkstein in der Größe eines Pflastersteines an der Adresse des letzten Wohnortes eines Opfers verlegt. Oder an der letzten Wirkungsstätte, wenn zum Beispiel der Wohnort doch zu abgelegen ist oder es symbolisch mehr Sinn macht. Bei Stolpersteinverlegungen werden pro Tag 10-20 Steine verlegt, je nachdem, wie viele Adressen im Vorfeld recherchiert und ausfindig gemacht werden konnten. Am diesjährigen Holocaustgedenktag am 27.Jänner sind es zwei – für Robert Herzog und Josef Scharfstein. Mit einem von der Holding Graz zur Verfügung gestellten Bus fahren dann Vereinsmitglieder, Angehörige oder Vertreter von Religionsgemeinschaften zu den einzelnen Stationen. Daniela Grabe möchte bewusst nicht mehr Stolpersteine verlegen. „Wir machen das ganz bewusst so, weil wir wollen, dass bei jedem Verlegungsort genug Zeit ist für die Familie und Angehörige um würdevoll zu gedenken. Wir tragen einerseits die Biografien der Opfer vor, andererseits gibt es auch Musik, sodass es vielleicht ein bisschen Würde zurückgibt, die damals geraubt wurde. Wir wollen das nicht als Fließbandaktion aufziehen.“
Die „vergessenen“ Opfer
150 aktive Zeugen Jehovas in Eggenberg gibt es. Rund 750 in ganz Graz. Der Verein Lila Winkel hat es sich zur Aufgabe gemacht, ausschließlich an die Opfer dieser Religionsgemeinschaft aus der Nazi-Zeit zu erinnern. ZeitzeugInnen besuchen Schulen, führen Gespräche und möchten den SchülerInnen vor allem Toleranz und Offenheit näherbringen. Die Zeugen Jehovas wurden verfolgt, weil sie aus christlicher Überzeugung Widerstand geleistet haben. Sie verweigerten sowohl Hitler-Gruß als auch Kriegsdienst. Selbst Kinder wurden verfolgt und diskriminiert. Für Heidi Gsell, Vorstandsmitglied des Vereins, ist das würdevolle Gedenken deshalb umso wichtiger, sie ist dankbar für die Stolpersteinverlegungen in Graz: „Wir wurden von Anfang an vom Verein für Gedenkkultur berücksichtigt und es werden pro Jahr ein bis zwei Stolpersteine von Zeugen Jehovas in Graz verlegt.“ Trotzdem gehörten die Zeugen Jehovas bis Ende der 90er Jahre zu den sogenannten „vergessenen Opfern“. Auf die Frage, was man in Zukunft besser machen könne, um auch andere Opfergruppen zu würdigen, sagt sie: „Ich würde mich freuen, auch von den Medien mehr beachtet zu werden, das schaffen sie noch nicht so ganz.“
[infobox]Anlässlich des Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27.1.2017 finden zwei Stolpersteinverlegungen in Graz für jüdische Opfer statt: 14:00 – 14:20, Radetzkystraße 8: Verlegung des Stolpersteins für Robert Herzog 14:30 – 14:50, Ruckerlberggürtel 14: Verlegung des Stolpersteins für Josef Scharfstein [/infobox]