Unmittelbar vor der Gemeinderatswahl lud die BürgerInneninitiative Unser Griesplatz zu einer Podiumsdiskussion – über das Verkehrschaos am Platz, das fehlende Grün, die mangelnde Unterstützung seitens der Politik und die „verschissenen Möglichkeiten“. Nur ÖVP und FPÖ sandten keinen Vertreter.
Eine spürbare Spannung liegt am Mittwochabend im Atelier KODA am Griesplatz in der Luft. Wut und Enttäuschung über den Stillstand der letzten Jahre steht einigen der Anwesenden ins Gesicht geschrieben. An diesem Abend sollen VertreterInnen jener Parteien, die sich am 5. Februar der Gemeinderatswahl stellen, mit den Anwesenden diskutieren. Darüber, wie man den Griesplatz zu einem lebenswerteren Ort machen kann. Schon länger ringen die Mitglieder der BürgerInneninitiative „Unser Griesplatz“ um mehr Radwege, mehr Grünflächen und eine Verminderung des Verkehrs. Der umtost die Bewohner am Griesplatz wie sonst an wenigen Orten der Stadt. Für sechs Grazer Buslinien (31,32, 33, 39, 40 und 67) ist der Platz, der insgesamt eher einer Straße ähnelt, zentraler Umsteigepunkt.
Leere Versprechen
Seit 2014 setzt sich die Initiative rund um den Architekten Thomas Pilz für eine Umwandlung der Verkehrs- in eine Begegnungszone ein. Nur die verantwortlichen Politiker im Rathaus haben bislang nicht mitgespielt. Ein Grund für die BürgerInneninitiative, kurz vor der Gemeinderatswahl, VertreterInnen aller Parteien zur Diskussion einzuladen. Der Einladung kamen nach Robert Krotzer (KPÖ), Karin Katholnig (SPÖ) und Karl Dreisiebner (Die Grünen). Während die ÖVP die kurzfristig ausgesprochene Einladung nicht wahrnehmen konnte, beließ es die FPÖ bei einer schriftlichen Beantwortung einiger Fragen. Die Frage, ob die blaue Partei die Umwandlung in eine Begegnungszone unterstütze, wurde mit „aus fachlichen Gründen ausgeschlossen“ begründet.
Auch unter den Gästen fanden sich Politiker. Neben aktiven wie dem stellvertretenden Bezirksvorsteher Hardy Macher (SPÖ) und Peter Grassberger, auf dem dritten Platz der Wahlliste der Grazer Piraten, nahm auch Peter Hagenauer, ehemaliger Gemeinderat und Landtagsabgeordneter der Grünen, im Atelier Platz. Hagenauer hat sich immer wieder mit Fragen der Stadtentwicklung beschäftigt und vor einiger Zeit das „Museum der verschissenen Möglichkeiten“ ins Leben gerufen. Damit dokumentiert er anhand von Zeitungsartikeln und Fotos auf einer Holzwand die vielen Versprechen, die von PolitikerInnen seit 1997 in Bezug auf den Griesplatz gemacht wurden. Gehalten wurde in 20 Jahren kein einziges. Nun soll sich das ändern.
Ein täglicher Spießrutenlauf
Zentrales Thema des Abends war der massenhafte Verkehr am Griesplatz. Laut AnrainerInnen ein großes Problem, das nicht nur Lärm sondern auch eine hohe Feinstaubbelastung verursacht. „Ich kann mein Enkelkind vor lauter Verkehr nicht einmal allein auf die andere Straßenseite schicken“, sagt Rönfeld besorgt und nennt die Überquerung des Platzes einen „täglichen Spießrutenlauf“. Der Wunsch, aus dem Griesplatz eine Begegnungszone zu machen, den Verkehr stark zu reduzieren, Radwege zu bauen und Grünflächen einzurichten, wird von Katholnig mit „zu wenig Budget“ im Keim erstickt. Auf die Frage eines Mannes im Publikum, warum es dann in Innsbruck, das viel kleiner ist, möglich sei, einen EU-Kredit von 150 Millionen Euro für Infrastruktur zu bekommen, folgte große Stille. Dreisiebner brach das Schweigen: „Naja, es müsst‘ sich halt wer darum scheren“, und kritisiert damit die Politik von Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) und Verkehrsstadtrat Mario Eustacchio (FPÖ). Auf den Griesplatz werde immer „vergessen“. „Es darf nicht sein, dass innerhalb kurzer Zeit 80 Millionen für einen Speicher (Anm. Murkraftwerk) hervorgezaubert werden können, aber keine 120 Millionen Euro für ein Projekt, das sich Leute seit 25 Jahren wünschen“, sagt Dreisiebner.
Die aufgeschobene Linie 8
Auch die „Südwestlinie“ war Thema – der Plan, eine neue Straßenbahn-Linie 8 vom Jakominiplatz über die Radetzkybrücke und den Griesplatz in Richtung Reininghaus zu führen. Das würde den Verkehr entlasten, das Feinstaubproblem entschärfen und Platz für Begegnungsraum schaffen. Sogar Verkehrsstadtrat Eustacchio wäre für diese Lösung, sagte er zumindest 2014. Getan hat sich bis heute nichts, nicht einmal ein möglicher Realisierungstermin wurde gefunden. „Weil ja kein Geld da ist“, meint Dreisiebner sarkastisch. Andererseits sei aber für die Südbahnunterführung unter dem Eggenberger Gürtel im Bereich der Josef-Huber-Gasse – und damit für eine „Autobahn zum LKH“, wie es Dreisiebner nennt – plötzlich genügend Geld da ist. Das sorgt für Verwunderung im Raum. „Dieses Geld wäre in eine Straßenbahnlinie besser investiert“, meint auch Katholnig.
Sauer stößt den VertreterInnen der Initiative auf, dass die Pläne für den Griesplatz immer in die unterste Schublade geschoben werden. „ Es wird Zeit für Veränderung, Eustacchio hatte genug Zeit zu handeln, aber nur Versprechen aufgeschoben“, meint auch KP-Gemeinderat Krotzer. Dreisiebner ergänzt: „Unser Verkehrsstadtrat ist inzwischen fremd im eigenen Ressort.“ Nach über zwei Stunden bedankte man sich für Zeit und Gespräch, ehe die ersten Gäste das Atelier verließen. Die Initiative „Unser Griesplatz“ hat wieder Hoffnung geschöpft. „Wir sind positiv überrascht, dass die Parteien unsere Diskussion wahrgenommen haben und uns Rede und Antwort standen. Jetzt warten wir schon gespannt auf die Wahl im Februar und hoffen, dass sich in naher Zukunft so einiges tun wird“, sagt Gudrun Rönfeld, Mitbetreiberin der Initiative und im Brotberuf Referentin für Kunst und Kultur im Büro der scheidenden Grünen Stadträtin Lisa Rücker, mit einem vorsichtigen Blick Richtung Museum. „Eine tolle Idee, aber wir wollen es nicht mehr ausbauen müssen.“