Der Kunstverein „Roter Keil“ erklärte die Hallen des alten „BAN Re-Use & Upcycling Shop“ in der Ungergasse zum Kreativraum für alle. KünstlerInnen stellen dort nun „Massagekreuze“ und „Bomben-Wippen“ aus.
Hinter einem verrosteten Tor in der Ungergasse 31 verbirgt sich seit kurzem eine Welt voll provozierender und experimentierfreudiger Kunst. Die alten Räume sind jedoch schwer baufällig. Genau deshalb ist die BAN heuer – nach mehr als 25 Jahre in der Ungergasse – in die Puchstraße umgezogen. Die Räumlichkeiten in der Ungergasse hat nun der Rote Keil für sich beansprucht. Die Stadt Graz will das knapp 2000 Quadratmeter große Gebäude aber abreißen und stattdessen eine neue Wohnanlage bauen lassen. Pläne dafür gibt es bereits, Baubeginn soll noch in diesem Sommer sein.
Raum erobern als Konzept
Die Mitglieder des Roten Keils sind als Kunstschaffende stets auf der Suche nach neuen und interessanten Ausstellungsorten. „Wir wollen keine weißen Wände. Das ist langweilig“, sagt Obmann Eero Teuschl. Der Rote Keil stellte schon an verschiedensten Orten aus: Letztes Jahr unter freiem Himmel beim Lendwirbel und in einer alten Ziegelfabrik auf dem Dev9t-Festival in Belgrad.
Als Teuschl und sein Stellvertreter Paul Lässer hörten, dass die BAN umzieht und das Gebäude in der Ungergasse bis zum Baubeginn leersteht, fassten sie einen schnellen Beschluss: Das Gebäude sollte zur Galerie umfunktioniert werden – im Mai wurde diese eröffnet. Wie lange die Galerie bestehen wird, ist allerdings ungewiss. Teuschl und Lässer wollten sich die Chance im Griesviertel auszustellen aber nicht nehmen lassen: Gries sei das belebteste Viertel der Stadt. Hier finde viel kultureller Austausch statt.
Darum haucht der Rote Keil der ungenutzten Fläche neues Leben ein. „Wir – Kulturliebhaber, Künstler und Sportler – wollten gemeinsam diesen Raum erobern“, sagt Teuschl. Der Innenhof dient auch als Skatepark. Am 26. Mai präsentierte die Grazer Skater-Szene, zwischen den ausgestellten Werken, Kunststücke auf Skateboards.
Neues Leben für alte Räume
Bereits Anfang April luden Teuschl und Lässer FreundInnen und Bekannte aus ihrem internationalen Künstlernetztwerk ein. Diese sollten den zu Tode verurteilten Raum wieder mit Leben füllen. Kunstwerke aus verschiedenen Handwerken wurden ausgestellt: Malerei, Bildhauerei, Tischlerei, Fotografie und Textilschneiderei verwandelten das leerstehende Gebäude in eine mit Leben gefüllte Galerie
Manche der ausgestellten Werke sind Bestandteil bereits bestehender Projekte, andere Arbeiten sind direkt vor Ort neu entstanden. Unter den KünstlerInnen sind bekannte Namen zu finden. Besonders stolz ist Obmann Teuschl, die „Jesus-Comics“ von Walter Lang ausstellen zu dürfen.
Teuschl selbst bietet ein Selbstporträt aus Glasscherben zum Verkauf an. Der Fokus des Roten Keils liegt jedoch auf der Präsentation und nicht auf dem Verkauf der Werke. Auch der Eintritt ist frei. Zur Eröffnung am 12. Mai kamen knapp 600 interessierte Gäste und feierten den neuen Ausstellungsort.
Dass Kunst nicht immer „schön“ in einem ästhetisch Sinn sein muss, will Karin Goldgruber mit ihrem „Massagekreuz“ beweisen. Die Grazer Bildhauerin kreierte aus einem schlichten Holzkreuz und einem Vibrator eine Massageliege. Die „Bomben-Wippe“ von Akbar Brander provoziert ebenfalls: Es handelt sich um Kinderspielzeug – hergestellt aus einer Bombe.
Zweckentfremdung ist das Stichwort: Ob „Massagekreuz“ oder „Bomben-Wippe“, alten Gegenständen wird neuer Geist eingehaucht. In einem größeren Kontext spiegelt sich diese Idee auch in der dafür gewählten Location wieder. Den ehemaligen Hallen des „BAN Re-Use & Upcycling Shop“ in der Ungergasse wird noch einmal neues Leben eingehaucht – bevor im Sommer hier etwas gänzlich Neues entstehen soll.
[infobox color=“#dd3333″]Im Sommer 2012 gründeten Martin Maierl, Eero Teuschl und Paul Lässer den Verein Roter Keil in der Idlhofgasse 87. Das gemeinschaftliche Atelier hat derzeit 16 Mitglieder, die alle auf dem Gebiet der bildenden Künste – Grafik, Malerei, Skulptur und Fotografie – tätig sind. Der Rote Keil wurde als kollaborative Werkstätte konzipiert, in der die Arbeitsplätze den unterschiedlichen Anforderungen angepasst sind und alle Bereiche im ständigen Austausch stehen.[/infobox]