Eine Seilbahn auf den Plabutsch, Vandalen im Gemeindepark, neue Schulklassen für die “Smart City” – bei der letzten Bezirksversammlung war zu beobachten, was die Eggenberger im Alltag bewegt.
23. November, 17.30 Uhr – noch 30 Minuten bis zum Beginn der Bezirksversammlung des 14. Bezirks Eggenberg. Der Multimedia-Saal im Studentenheim greenbox WEST füllt sich nach und nach mit interessierten BürgerInnen. Vor allem die ältere Generation scheint an der Veranstaltung interessiert zu sein und nutzt sie auch als Treffpunkt. Die Wartezeit wird hier nicht mit Smartphones überbrückt sondern mit Unterhaltungen. Die Leute kennen sich, es wird gescherzt und gelacht. Zwei Damen hoffen auf eine ,,hitzige Debatte‘‘, andere diskutieren über die Grenzen des Bezirks. Schon jetzt zeigt sich die Vielfalt der Bürgeranliegen – manche haben eigene Listen mitgebracht.
Nach einem Soundcheck geht es los – Bezirksvorsteher Robert Hagenhofer eröffnet die Versammlung und stellt die Bezirksratsmitglieder vor. Durch den Anstieg der Hauptwohnsitze in Eggenberg auf etwa 20.700 zählt der Bezirksrat nun zwölf statt vormals elf Mitglieder, darunter Hagenhofer (ÖVP) und die zwei Bezirksvorsteher-StellvertreterInnen Bernhard Schilcher (FPÖ) und Karin Gruber (KPÖ). Einmal im Quartal werden bei Bezirksratssitzungen Anregungen, Wünsche und Beschwerden der BürgerInnen besprochen, Budgetanträge geprüft und weitere Vorgangsweisen gewählt. Die nächste Sitzung dient als Abschlusssitzung und findet am 15. Dezember statt, der Fokus liegt auf dem übriggebliebenen Budget und Planungen für das Jahr 2018. Am selben Tag findet auch die Bezirksweihnachtsfeier im Gemeindepark Eggenberg statt, die vom Verein Eggenberger Vielfalt organisiert wird.
Von Sonnenkraft und Seilbahnen
In den vergangenen zwei Jahren habe sich in Eggenberg viel getan. Hagenhofer zählt zu Beginn der Versammlung auf, was neu ist: Im Gemeindepark entstand ein neuer Trinkwasserbrunnen, das dortige Kriegerdenkmal wurde repariert, nachdem Vandalen die Beleuchtung und ein Türchen des Denkmals beschädigt hatten. Das Dach der Neuen Mittelschule Karl Morre ziert jetzt eine Photovoltaikanlage, die erste Anlage dieser Art auf einer Grazer Schule. Im Rahmen der Errichtung gab es eine Eröffnungsfeier und kreative Beiträge der SchülerInnen zum Thema „Mit der Kraft durch Sonne“. Mit einer Gesamtmodulfläche von etwa 100 Quadratmetern erzeugt die Anlage rund 15.000 kWh Strom im Jahr. Zum Vergleich: Laut Statistik Austria verbraucht ein österreichischer Haushalt jährlich im Schnitt 4.440 kWh. Des Weiteren startete der Bezirksrat in Zusammenarbeit mit dem Stadtteilbüro EggenLend eine Unterschriftenaktion, die die Errichtung eines Tischtennistisches am Sportplatz St. Vinzenz ermöglichte. ,,Der Tischtennistisch ist aus Beton und das Netz ist aus Alu, er sollte also unverwüstlich sein’’, meint der Bezirksvorsteher.
Auch im Bereich Mobilität gibt es laut Hagenhofer einige Neuerungen: Der Bezirksrat hat gemeinsam mit dem Verein Eggenberger Vielfalt ein Lastenrad gekauft, das gebucht und an zwei verschiedenen Standorten ausgeliehen werden kann. Im Juli 2017 eröffnete ein neuer tim-Standort, der öffentliche Ladestationen, Carsharing, Leihwagen und E-Taxis bietet, Ende 2017 wurden die Gleise der Straßenbahnlinie 7 erneuert.
Zudem soll bis März 2018 eine Machbarkeitsstudie der schwarz-blauen Stadtregierung fertig sein, die klärt, wie sinnvoll der Bau einer Seilbahn auf den Plabutsch ist. Bereits im Jahr 1954 eröffnete ein Sessellift auf den Plabutsch, dessen Betrieb 1971 wieder eingestellt wurde. Die Bergstation und die Stützen wurden Ende der 1980er Jahre abgebaut, lediglich die Talstation besteht bis heute, befindet sich aber in einem schlechten Zustand. Der Sessellift verband den Marktannerweg in Gösting mit dem Fürstenstand am Plabutsch, die zukünftige Seilbahn soll bei der Peter-Tunner-Gasse in Eggenberg starten und weiter über den Fürstenstand bis zum Thalersee führen. Eine erste grobe Einschätzung kalkuliert die Kosten auf 25 Millionen Euro. Berücksichtigt wurde dabei der Bau der Seilbahn, aber auch der Um- beziehungsweise Neubau des Restaurants am Thalersee. Der Plabutsch soll so zum zweiten Grazer Hausberg werden. Laut Hagenhofer nützt es allerdings nichts, eine teure Seilbahn zu errichten, wenn keine Freizeitaktivitäten – etwa eine Mountainbike-Strecke – zur Verfügung stehen. ,,Wir können auch einfach zu Fuß hinaufgehen’’, kommentiert eine Dame die Ausführungen des Bezirksvorstehers kopfschüttelnd. Ein Mann fragt, ob es nicht sinnvoller wäre, eine Bedarfserhebung zu machen, bevor eine Machbarkeitsstudie bezahlt wird. ,,Wer will dort überhaupt hinauf?!’’, möchte er wissen. ,,Alle!’’, hört man aus dem Publikum.
Stadtpolitik trifft Bezirkspolitik
Auch stadtpolitische Entscheidungen sind für den Bezirk von Bedeutung, darum ist Stadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP) an diesem Abend zu Gast. Er ist zuständig für Bildung, Sport, Integration, Soziales, Jugend und Familie und die Stadtbibliotheken. Der Bereich Bildung nimmt gerade jetzt einen hohen Stellenwert ein, denn Graz wächst durch Urbanisierung und Zuwanderung sehr stark. Zudem steigt die Lebenserwartung und die durchschnittliche Kinderzahl. Laut Hohensinner wird Graz bis zum Jahr 2030 um etwa 50.000 Einwohner wachsen. ,,Da nicht nur ältere Menschen nach Graz ziehen, sondern auch sehr viele Familien, müssen wir genügend Kinderbetreuungsplätze bereitstellen’’, meint der Stadtrat. Um mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten zu können, wurde etwa die Neue Mittelschule Algersdorf ausgebaut, auch die Finanzierung für den neuen Schulcampus Smart City in der Waagner-Biro-Straße sei bereits über den Gemeinderat sichergestellt. Die Volksschule Leopoldinum soll aus der Alten Poststraße dorthin übersiedeln, ab Herbst mit zwölf Volksschulklassen, vier Jahre darauf kommen zwölf Klassen NMS dazu. Kosten rund 30 Millionen Euro.
Zuwanderung als Bürgersorge
Ein wichtiger Aspekt von Bezirksversammlungen ist nicht nur das Informieren sondern auch das Zuhören. Die Besucher bekommen die Möglichkeit, ihre Anliegen direkt an die Bezirksratsmitglieder und den Stadtrat zu richten. Themen, die gleich zu Beginn und immer wieder anklingen, sind Zuwanderung und Integration. ,,Ein Drittel aller Arbeitslosen sind Ausländer, warum wird das verschwiegen?’’, fragt ein Bürger. ,,Wir haben Klassen, in denen 90% der Kinder eine andere Muttersprache als Deutsch haben. Warum kann man die nicht auf weniger belastete Schulen aufteilen?’’, möchte ein anderer wissen.
Laut Stadtrat Hohensinner soll der Zuzug durch eine ,,restriktive Zuwanderungspolitik“ eingebremst werden, andererseits sei es wichtig, die Menschen, die bereits in Österreich leben, intensiv zu begleiten, damit diese in der Arbeitswelt Fuß fassen können. Die Aufteilung von Schülern funktioniere nicht. ,,Eltern haben den Anspruch, ihre Kinder auf eine Schule zu schicken, die sich in der Nähe ihres Wohnortes befindet’’, sagt Hohensinner. Zudem bedeutet ,,Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache‘‘ nicht, dass diese kein Deutsch sprechen.
Nicht nur Immigration beschäftigt die EggenbergerInnen. Die Themen reichen von fehlenden Zebrastreifen bis hin zu schwindenden Grünflächen. Genau solche Anliegen können BürgerInnen bei Bezirksversammlungen ansprechen, neben der offenen Fragerunde bietet sich in einer Pause zudem die Möglichkeit, ein Einzelgespräch mit den anwesenden Politikern zu führen. Auch Leute, die die Pause lieber anderweitig nutzen, kommen hier auf ihre Kosten. So meint ein Mann: ,,Wenigstens gibt’s hier Bier.’’