Eine neue Bahnunterführung soll die Josef-Huber-Gasse bis zur Alten Poststraße verlängern. Das Projekt ist heiß umstritten, AnrainerInnen sehen eine Gefahr für ihre Lebensqualität.
Wer mit dem Auto vom Griesplatz kommend zu den Reininghausgründen fahren will, muss am Ende der Josef-Huber-Gasse nach rechts oder links auf den Eggenberger Gürtel abbiegen. Bald soll es aber, wenn es nach der schwarz-blauen Koalition im Rathaus geht, die Möglichkeit geben, geradeaus durch eine Bahnunterführung weiterzufahren. Auch wenn von der „smart city”, die in Reininghaus entstehen soll, derzeit noch nicht viel zu sehen ist. Die neue Straße soll inklusive Eisenbahn-Unterführung um 680 Meter Verlängert werden. Samt Ausbau der Südbahnstraße und der Alten Poststraße wird die Baustelle ca. einen Kilometer Länge umfassen und rund 20 Millionen Euro kosten. Die Umsetzung des Projekts ist im Zeitraum 2019 bis 2022 geplant.
All das ist nichts Neues – die Unterführung ist Bestandteil des Rahmenplans Reininghaus, dessen Konzept für die Verkehrsanbindung schon seit 2013 beschlossen ist. Das Thema sorgt aktuell für Unmut in der Bevölkerung, wurde doch vor kurzem die Straßenbahnlinie 8 über die Rösselmühlgasse abgesagt. „Die neue Straße wird mehr Verkehr anziehen, dabei sollten attraktive Alternativen geboten werden”, meint Thomas Pilz, Architekt und Vertreter der Bürgerinitiative Unser Griesplatz. Er spricht von täglich tausenden Autos, die über den Griesplatz geleitet werden.
Die Grünen veröffentlichten am Dienstag ein 5 Punkte Programm, das unter anderem den sofortigen Stopp des „Projekts Stadtautobahn Josef-Huber-Gasse” fordert.
Die KPÖ, die 2014 für das Verkehrsanbindungskonzept stimmte, teilte am selben Tag in einer Presseaussendung mit, dass sie einen Antrag einbringen werde, die geplanten ÖV-Projekte – damit sind die geplante Straßenbahnverlängerung bis Reininghaus und die Umsetzung des Buskonzepts West gemeint – noch vor der Verlängerung der Josef-Huber-Gasse umzusetzen. „Als reine Autolösung wäre diese neue Straßenverbindung abzulehnen“, so Verkehrsstadträtin Elke Kahr.
Die abgesagte Linie 8 und die geplante Unterführung waren schon bei der Podiumsdiskussion im Jänner Thema, über die die Annenpost berichtet hat. Karl Dreisiebner, Klubobmann der Grünen im Grazer Gemeinderat, nannte die Unterführung eine „Autobahn zum LKH”. „Wer diese unökologische und unsoziale Verkehrspolitik nicht will, unterschreibt wahrscheinlich hier”, tweetete er am 29. November und verwies damit auf die Online-Petition der Bürgerinitiative.
Bau einer Unterführung Josef-Huber-Gasse in Graz?!?
Noch mehr Autoverkehr im Gries und am #Griesplatz?!?
Noch mehr #Feinstaub und NOx im #Graz|er Westen?!?
Wer diese unökologische und unsoziale Verkehrspolitik nicht will, unterschreibt wahrscheinlich hier: https://t.co/7xpXcVQhZ4— karl dreisiebner (@KDreisiebner) November 30, 2017
Nicht nur Gegenstimmen
Einen anderen Zugang hat Franz Peter Pergler, ÖVP-Bezirksratsmitglied und Sprecher von Pro Griesplatz. Auch er will die Lebensqualität im Viertel steigern, könne die „Verurteilungspolitik” gegen AutofahrerInnen aber nicht nachvollziehen. Auf die Initiative Unser Griesplatz ist er nicht gut zu sprechen. Die Konkurrenz der beiden Initiativen ist spürbar. Das starke Auftreten der Unterführungs-Gegner bei der Bezirksversammlung am 14. November vermittle den falschen Eindruck eines geschlossenen Widerstandes aller Bewohner, so Pergler. Den Individualverkehr vom historisch gewachsenen Griesplatz zu verbannen, sei nicht machbar. „Die Unterführung ist eine notwendige Maßnahme zur Entlastung der anderen Verkehrsrouten”, findet auch Thomas Heschl, Bezirksvorsteher-Stellvertreter von der ÖVP. Die FPÖ Graz unterstützt den Bau der Unterführung und kritisiert Kahr und ihre „Ideologisch motivierte Ablehnung des KFZ-Verkehrs” in einem Blogeintrag vom 29. November. „Nur die geplante Unterführung kann eine Entlastung bringen – einen flüssigeren Verkehr und dadurch weniger Fahrtzeit und weniger Feinstaub“, wird FPÖ-Verkehrssprecher Roland Lohr dort zitiert.
Atemschutzmasken für Radfahrer
Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) läuft bis 22. Dezember und ist online einsehbar. Am Mittwoch lud die Stadt Graz zusätzlich zu einer Planungsausstellung, um interessierten BürgerInnen die Möglichkeit zu geben, sich genauer und persönlich zu informieren. Baupläne sowie grafisch dargestellte Daten über Lärmbelästigung, Feinstaub- und Umweltbelastung während und nach der Bauphase waren im „Murinsel”-Raum des JUFA-Hotels ausgestellt. Die Untersuchungen hätten ergeben, dass negative Auswirkungen gering und das Projekt durchführbar seien, so Klaus Peter Masetti von der Stadtbaudirektion.
Anwesend bei der Ausstellung war auch Bezirksratsmitglied der Grünen Tristan Ammerer, der Unterschriften gegen das Projekt sammelt. Er findet die Feinstaubbelastung in der Rösselmühlgasse jetzt schon unerträglich und ist sich sicher, dass das durch die Unterführung entstehende Verkehrsaufkommen die Werte stärker erhöhen wird, als in der UVP dargestellt. „Zum Beispiel geht die UVP davon aus, dass es schon eine Straßenbahnanbindung der Reininghausgründe gibt”, sagt er. Außerdem „verschwinden tausende Autos” in den Berechnungen, und er findet die geschätzte Abbiegefrequenz bei den Kreuzungen in Josef-Huber-Gasse und Rösselmühlgasse fragwürdig. Seine Freundin habe sich auf Rat ihres Arztes fürs Radfahren eine Atemschutzmaske gekauft, und in der Stadt Sport zu betreiben, würde er wegen des Feinstaubs sowieso niemandem empfehlen. Viele anwesende BezirksbewohnerInnen gaben ihm Recht und unterschrieben bereitwillig. Mit den Unterschriften soll politischer Druck auf die Stadtregierung ausgeübt werden. Es kann aber bis zum Ende der UVP auch direkt Einwand erhoben werden. Jedoch nur „qualitative, projektbezogene Einsprüche” können berücksichtigt werden, betont Masetti.
- Unterschriften können bis Dienstag, 19. Dezember im Cafe Cuntra La Cultra am Griesplatz abgegeben werden
- Die Onlinepetition wird noch länger verfügbar sein
- Schriftliche Einwendungen sind bis 22. Dezember 2017 bei der Behörde (Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Abteilung 13 – Umwelt und Raumordnung, Stempfergasse 7, 8010 Graz) möglich