Comicverfilmungen spielen derzeit Millionen an den Kinokassen ein. Sind Thor, Wonder Woman, Justice League & Co auch bedeutend für die hiesige Comic-Kultur? Wir haben uns im Annenviertel umgehört.
Marvel und DC sind wohl die bekanntesten Comic-Verlage der Welt. Seit 1939, beziehungsweise 1934, unterhalten sie ihre Leser mit Geschichten über Superhelden, Bösewichte und die Rettung der Welt. Seit auch die Kinos erkannt haben, dass Superheldenfilme Verkaufsschlager sind, veranstalten sie – wie das Annenhof-Kino – Heroes-Nights oder verführen – wie das Cineplexx –, mit Aktionen wie dem Club der Superhelden dazu, Bonuspunkte in Superhelden-Filmen zu sammeln. Zusätzlich gibt es dort zu den Tickets die aktuelle Ausgabe der Austrian Superheroes, der homegrown Version von Batman und Spider-Man. In den USA und Kanada spielte Justice League 96 Millionen Dollar am Eröffnungswochenende im November ein. Spider-Man: Homecoming startete im Juni gar mit 257 Millionen Dollar. Die Handlungen der Filme sind meistens ähnlich: Eine neue Gefahr bedroht die Erde, Superhelden retten die Welt. Happy End. In den Comics funktioniert dieses Prinzip in immer neuen Variationen, die auch viel über die jeweilige Zeit aussagen, seit Jahrzehnten. Haben, seit mit Ironman im Jahr 2008 der erste Heroes-Kassenschlager ins Kino kam, auch die Comics selbst Konjunktur?
Amazon als Konkurrenz
Harald Hackensöllner ist seit 31 Jahren im Comic-Geschäft und Besitzer des Comicparadieses in der Annenstraße. Den Entwicklungen in der Comicszene steht er kritisch gegenüber. Die Comicszene in Graz sei sehr klein und nicht vergleichbar mit der in Prag, zum Beispiel. Neben Comics findet sich auch Merchandise in dem Geschäft in der Annenstraße. Von Superheldenfiguren über Tassen mit Superheldenmotiv ist alles vorhanden. Nach einigen Starts von Filmen wie Deadpool oder Guardians of the Galaxy seien diese etwas beliebter gewesen als sonst, meint Hackensöllner, doch der große Ansturm blieb aus. „Vor 2000 lief es super. Doch dann kam Amazon“, sagt Hackensöllner. Seine Kunden, die in der Regel zwischen 26 und 66 Jahren alt sind, würden die Comics eher online bestellen als sie bei ihm zu kaufen. Diesen Entwicklungen fällt Hackensöllner zum Opfer, Amazon ist zu stark – mit 31.1.2018 schließen sich die Pforten des Comicparadieses für immer.
„Die Leserschaft ist definitiv gewachsen“
Erich Obermoser hat seinen Laden EOW direkt im Cineplexx. Bei ihm gibt es ebenfalls von Comics über „Merch“ alles, was das Fanherz begehrt. Seiner Meinung nach sei die Comicleserschaft in Graz seit den bekannten Marvel-Verfilmungen um einiges gewachsen. Er merke es selbst an der größer werdenden Kundschaft, die besonders nach dem Anlaufen eines Films sein Geschäft vermehrt besucht. Die Leute wollen mehr über einen Charakter, den sie im Film gesehen haben, erfahren und kaufen sich die Comics. Dadurch würden viele der Charaktere endlich bekannter und beliebter, sagt Obermoser. „Vor 20 Jahren war es noch undenkbar, in Österreich mit einem Batman-T-Shirt herumzugehen. Du hast auch fast nirgendwo eines bekommen. Heute ist es absolut normal und die Leute finden es cool“, meint der Besitzer des Geschäfts, der sich nun mittlerweile seit 31 Jahren mit Comics beschäftigt. Für Comics begeistert er sich seit er sieben Jahre alt ist. „An Comics schätze ich am meisten, dass sie mir die Möglichkeit geben, dem Alltag und der Realität zu entfliehen. Ab und zu braucht man das eben.“ Das EOW ist ab Februar das einzige Comicfachgeschäft in Graz.
„Comics sind keine Kinderliteratur“
Das Verfilmen von Comics ist keine Neuerscheinung. Der erste Batman-Film erschien 1966, Captain America gibt es seit den 90ern auf der Leinwand zu sehen. Unzählige Fernsehserien wurden zusätzlich produziert. Jörg Vogeltanz, Comiczeichner – unter anderem für die Austrian Superheroes, besonders bekannt für seine Anger Diaries – und Regisseur aus Graz, ist fasziniert von diesen Serien, da sie seiner Meinung nach von sehr hoher Qualität sind. Seit seinem vierten Lebensjahr zeichnet er Comics und hat auch mit diesen lesen gelernt. Zum Zeichnen kam er, da er eigentlich Filme drehen wollte. „Die Medien Film und Comic sind als sequenzielle Künste formal sehr miteinander verwandt“, meint Vogeltanz. Er findet, dass sich noch nie zuvor so viele Leute für das Medium Comic interessiert hätten wie heute. Grund dafür seien definitiv die Verfilmungen. „Die Leute haben endlich auch im deutschsprachigen Raum verstanden, dass Comics nicht nur Kinder- und Jugendliteratur sind.“ Die Verkaufszahlen der Buchhandlung Moser in Graz scheinen diese Meinung zu bestätigen: rund 1500 Comics, Mangas und Graphic Novels gehen dort pro Monat über den Ladentisch, sagt Michaela Silberbauer-Csunyj, Ansprechpartnerin der Buchhandlung.
Ob Deadpool, Iron Man oder Superman, Superhelden sind beliebt und werden es immer mehr. Genug Material für Verfilmungen ist vorhanden.
Bis zum 31.1.2018 findet im Comicparadies in der Annenstraße 35 für Comicfans und die, die es noch werden wollen, ein großer Ausverkauf statt.