Eat’n’Art in Lend

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Hip, trendy, modern. Dass das Lendviertel viel zu bieten hat, ist allseits bekannt. Auch in kulinarischer Hinsicht gibt der Bezirk in der Grazer Innenstadt viel her. Aus diesem Grund haben wir uns einer Kulinarikführung, angeboten vom Grazer Tourismus-Büro, angeschlossen, in der Hoffnung, den Lend von einer uns unbekannten Seite gezeigt zu bekommen.

Von: Elena Barnard und Marie-Sofie Kogler

Langsam wie eine Schnecke

In der Ära von Food Porn, in der wir uns auf Essen als ein Kunstwerk konzentrieren, geht der reine Genussfaktor oft verloren. Essen wird nicht mehr als schöner Teil des Lebens wahrgenommen, sondern kommerzialisiert: die inneren Werte zählen nicht mehr. Nachhaltigkeit und Regionalität werden von optisch ansprechender Präsentation verdrängt.

Wir produzieren im Jahr 320 Tonnen Fleisch, 60 Tonnen davon landen im Müll. Aus diesem und auch noch weiteren Gründen heraus hat der Italiener Carlo Petrini die Organisation “Slow Food” ins Leben gerufen. Diese hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Recht auf Genuss guter, sauberer und fairer Lebensmittel für alle Menschen zu unterstützen. Das Bewusstsein für Essen soll wieder im Mittelpunkt stehen, Nahrungsmitteln mehr Wertschätzung entgegengebracht werden. Auch im Lendviertel ist das Maskottchen der Organisation, eine Schnecke auf einfarbigen Hintergrund, in Form von Stickern mehrfach anzutreffen. Verschiedene Cafés und Restaurants bekunden ihre Mitgliedschaft durch den Sticker an den Eingangstüren ihrer Lokalitäten.

Slow Food in Graz – Foto: Marie-Sofie Kogler

Fresh und hip bleibt aus

Gleißender Sonnenschein – warm und vielversprechend – die Strahlen werden von den hellen Wänden der Franziskaner Kirche reflektiert. Eine bunt durchgemischte Gruppe von Leuten, jeder mit einem Graz Tourismus-Ticket in der Hand. Wir senken den Altersdurchschnitt dieser lustigen, kleinen Versammlung beachtlich. Sind wir nicht am falschen Murufer? Ein älterer Herr mit kräftiger Stimme, unser Guide, durchbricht das verlegene Gemurmel und leitet den Rundgang mit Gedanken zum Slow Food ein.  Mittlerweile befinden wir uns auch am richtigen Ufer der Mur für eine Lendführung. Doch wir haben uns zu früh auf spannende Einblicke gefreut, es gibt eine weitere Einführung in „moderne“ Essensgewohnheiten: Die nächsten zehn Minuten stehen unter dem Motto “60+ versucht vergeblich moderne Ernährungstrends zu erklären”.

Sterz im Mohrenwirt – Foto: Marie-Sofie Kogler

Nach der ermüdenden Ansprache geht es ins erste Lokal – den Mohrenwirt in der Mariahilfer Straße. Bei Sterz und Buttermilch lernen wir unsere Mittourenden kennen, ihres Zeichens an Graz interessierte Damen und Herren. Doch schon nach wenigen Minuten werden wir aufgefordert, aufzustehen, da das nächste Lokal schon wartet.

Mehr oder weniger gemütlich spazieren wir durch die Mariahilfer Straße an der Mariahilfer Kirche vorbei, bis wir zu unserem nächsten Stop kommen, dem  austro-amerikanische Lokal “The Hungry Heart”, wo das berühmte Pulled Pork serviert wird – in unserem Fall inklusive einer angeregten Diskussion über die Genießbarkeit amerikanischen Craft-Bieres. Dies erweist sich als das Highlight der Führung. Endlich eines der hippen kleinen Lokale, auf das wir uns vor der Führung gefreut hatten. Doch auch hier verweilen wir nicht lange und machen uns weiter auf den Weg zum Lendplatz. Einer unserer Tourkollegen meinte an dieser Stelle passend: ,,Also, entspanntes Verdauen der Kost, fällt mir im Laufschritt leider ein wenig schwer.”  Einen kleinen Zwischenstopp gibt es hier an einem der unzähligen Standln auf ein Fritz-Kola, bis wir letzten Endes mit einer deutlich kleineren Gruppe als zu Beginn im Restaurant Am Lendplatzl zu Kaiserschmarrn einkehren. Dort gibt es eine kurze Diskussion, ob die Getränke selbst zu bezahlen wären oder nicht, bis sich unser Guide schließlich von uns verabschiedet.

Pulled Pork-Sandwich aus dem Hungry Heart – Foto: Marie-Sofie Kogler

Zurück zur Tradition vs. Lendviertel: Geht das ?

Die Geheimnisse, welche Lend zu verbergen scheint, offenbarten sich uns leider nicht – wir wollten um unbekannte Ecken schnuppern und die unzähligen kleinen Geschichten hören, die Lend zu etwas so Besonderem machen.

Das Lendviertel ist dafür bekannt, die Wiege moderner Stadtkultur und Hotspot für Junge und Kunst zu sein. Ist hier der richtige Ort für eine langatmige monologreiche kulinarische Führung? Wir meinen Nein. ,,Ich habe mich leider auf etwas ganz Anderes eingestellt”, sagt  eine andere Teilnehmerin. ,,Ich habe gedacht, dass der Abend gemütlicher verlaufen würde.”

Man könnte aus einer Führung wie dieser so viel herausholen, so viele kleine Lokale vorstellen, die in ihrer vollen Erscheinung für den Lend-Flair stehen, so wie unter anderem Harry’s Ice Cream in der Mariahilfer Straße oder auch die Süße Luise am Lendplatz. Die Rundgang sollte von jemandem geführt werden, der dieses Viertel liebt und mit seiner ganzen Erscheinung für den Lend steht. Denn schließlich ist der Lend mehr als ein Bezirk – es ist ein Lebensgefühl.

 

Fährt Moped und macht einen auf Karla Kolumna. Trägt gern rosa und sieht (fast) alles positiv. Ist süchtig nach Tee, egal ob warm oder kalt, und trinkt Unmengen davon. Interessiert sich für Politik, ihren Hund und Lifestyle.

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