Früchte der Vergangenheit

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Napoleons Butterbirne, Steirischer Maschanzker und Königlicher Kurzstiel: Im Eggenberger Schlosspark wachsen seit Mai 2017 mehr als 50 historische Äpfel- und Birnensorten. Ein Jahr nach der Eröffnung konnte nun der erste Apfel geerntet werden.

Uralte Baumriesen inmitten einer malerischen Parklandschaft, majestätisch stolzieren Pfaue umher. Der Park von Schloss Eggenberg könnte einem Landschaftsgemälde entsprungen sein. Doch der Schein trügt: In den letzten Jahren litten immer mehr Bäume an Pilzbefall und mussten gefällt werden. Im Winter 2015/16 traf es auch die barocken Hainbuchen in der Ostecke des Parks.

„Ich kämpfe um jeden Baum“

Die alten Hainbuchen erkrankten an Weißfäule, die durch Pilzbefall hervorgerufen wurde. Dabei greifen die Pilze hauptsächlich die Wurzeln an, was zu einer massiven Instabilität führt. In der Tat gab es im Schlosspark vier Baumstürze, einer davon direkt auf eine Parkbank. Um die Sicherheit der Besucher weiter zu gewährleisten, sah Barbara Kaiser, die vom Landesmuseum Joanneum betraute “Schlossherrin”, keinen anderen Ausweg, als die betroffenen Bäume zu fällen. Leicht fiel ihr das nicht: „Ich kämpfe um jeden Baum“, so Kaiser.

Baumsturz, hervorgerufen durch Pilzbefall – Foto: Universalmuseum Joanneum

Der Apfel fällt doch weit vom Stamm

Etwas Gutes hatte der Kahlschlag dennoch. Seit in der Ostecke wieder Platz ist, wachsen dort mehr als 50 historische Apfel- und Birnensorten in einem kleinen Obstgarten. Die Geschichte des Obstanbaus im Schlosspark reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Nun sah Kaiser die Möglichkeit, diese Tradition wieder aufleben zu lassen. Unterstützt wurde sie dabei von der Obstbaumschule Hubmann, der Landwirtschaftskammer Steiermark und zahlreichen BaumpatInnen. Der Entwurf des „neuen alten Obstgartens“ stammt von Thomas Ster, einem Fachmann für Gartengestaltung.

Inmitten von Quitten

Um die passenden Sorten auszuwählen, bezogen sich Kaiser und ihr Team unter anderem auf die Kataloge der Herbertstein’schen Handelsgärtnerei. Wie im 18. Jahrhundert üblich, wurden die 50 Apfel- und Birnensorten des Schlossgartens auf Hochstamm veredelt und in Linie gepflanzt. Konkret gibt es elf Reihen, wobei am Anfang jeder Reihe eine Quitte wächst. Diese Früchte waren schon im Barock sehr beliebt, was sich in den zahlreichen Rezeptbüchern über Quitten widerspiegelt. Einige dieser Quitten trugen heuer bereits erste Früchte. Trotzdem sei der Ertrag der historischen Obstbäume ungewiss, anders als bei den heutigen „Turbobäumen“, so Kaiser.

Birnenquitte – Foto: Christina Harrich

Äpfel, die nach Erdbeeren schmecken

Neben bekannteren Obstsorten wie Gravensteiner oder Champagnerrenette wachsen auch echte Raritäten im Schlosspark: Die älteste Sorte des gesamten Obstgartens ist beispielsweise die Römische Schmalzbirne. Diese 500 Jahre alte Birnensorte wurde von den Römern nach Germanien gebracht und hauptsächlich in Klöstergärten angebaut. Die berühmte Apfelsorte „Weißer Winterkalvill“ stellt eines der Herzstücke des Gartens dar. Der sogenannte „König der Äpfel“ ist aufgrund seines Geschmackes so kostbar, dass diese Sorte nur nach Stückzahl verkauft wurde. Kaiser beschreibt den Geschmack folgendermaßen: „Das Fruchtfleisch dieses Apfels hat einen erlesenen Weingeschmack, er soll so wunderbar schmecken wie in Champagner eingelegte Erdbeeren.“

Wer jetzt sehnsüchtig auf eine Kostprobe von Napoleons Butterbirne und Co. wartet, muss sich allerdings noch etwas gedulden: Die Apfelsorten können in etwa vier Jahren verkostet werden, bei den Birnen wird es in ungefähr acht Jahren so weit sein.

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