Theater T’eig: fa(u)st vorbei

Lesezeit: 3 Minuten

Nach 10 Jahren und exakt 30 Produktionen schließen Regisseur Thomas Sobotka und sein Team ihr Theater t’eig. Und verabschieden sich mit “fAUSt – und vorbei”.

T’eig – ein recht ungewöhnlicher Name für ein freies Theater. Der Gründer Thomas Sobotka verrät, dass mehr hinter dem Namen steckt, als man erwarten würde: „Teig steht einerseits für den Versuch, dass die ganze Produktion eine homogene Masse aus verschiedenen Bestandteilen ergeben soll, andererseits kann sich ein Theater auch mal in die Länge ziehen, wie ein Strudelteig.“ Über die letzten zehn Jahre wuchs aus dem Verein, den man gründete, um Fördergelder zu erhalten, ein engagiertes Team aus Künstlern und Technikern. Jedoch waren nicht bei jeder Produktion nur Profis involviert.

Sobotka versuchte so, eine ganz eigene Dynamik in seine Inszenierung zu bringen. T’eig steht auch für extravagante Spielorte, zum Beispiel auf Dächern, in leeren Supermärkten oder in einer Kirche. Die Produktion “BARBAREN!” in der Welsche Kirche stellt für Sobotka das Highlight in seiner Laufbahn da. „Wir mussten dem Pfarrer versprechen, dass wir das Wort ,Arschloch´ nicht in der Kirche verwenden, im Gegenzug durften wir in der Kirche rauchen.“

Sich überfordern ist immer die beste Herangehensweise

Die Premiere der Produktion wurde auch über die Stadtgrenzen hinaus genau beobachtet. Sogar eine Diözese aus Bayern erkundigte sich, was es mit der Produktion in einer Kirche auf sich habe. Zum Nachdenken anregen und Sachen versuchen, die noch nicht umgesetzt worden sind – genau das ist die Intention von Theater T’eig. “Sich überfordern ist immer die beste Herangehensweise”, schildert der Regisseur im Gespräch.

fAUSt – Die Aufführung

Eine zeitgenössiche Interpretation des Klassikers „Faust“ des deutschen Dichters Johann Wolfgang von Goethe sei in mehreren Hinsichten die perfekte Abschlussproduktion der Theatergruppe, meint Sobotka. „Nicht nur, dass der Einstiegsdialog von zehn Jahren Weiterbildung handelt. Nein, Goethe ist zudem moderner als je zuvor.“ Auch der Theaterverein habe sich in den letzten zehn Jahren in jegliche Richtung weiterentwickelt und stehe, wie Faust, trotzdem vor der Entscheidung, alles zu beenden, oder seine Seele für Geld zu verkaufen. Außerdem ist Sobotka davon überzeugt, dass in uns allen sowohl Faust als auch Mephisto stecke. Ihm war es bei der Produktion sehr wichtig aufzuzeigen, wie diese unangenehmen Charakterzüge in jedem von uns vorkommen und unseren Alltag beeinflussen.

Die Schauspieler – Sobotka ist selbst einer von ihnen – wechseln in weniger als zwei Stunden Vorführungszeit mehr als 50 Mal ihre Kostüme. Jeder von ihnen spielt auch jede Rolle. So bekommen die inneren Dialoge im Stück eine ganz neue Facette. Die Proben laufen seit Mitte September, erzählt Sobotka. „Es wird sechs Mal die Woche für vier Stunden geprobt, ohne große Unterbrechungen, das ist ideal für uns.“

fAUSt und vorbei: Szene mit Flamingos
Außergewöhnliche Inszenierung – FOTO: David Wiestner

Der fAUSt Flohmarkt

Eine weitere Besonderheit der Produktion ist der Abverkauf der Requisiten und Kostüme des Theaters, welche sich über die letzten Jahre angesammelt haben. Man schreibt beispielsweise “Rote Lederjacke”, sein Gebot und seine Email-Adresse auf einen Zettel und gibt ihn nach der Vorstellung ab. Der Höchstbietende wird nach der letzten Aufführung kontaktiert und kann sich das ersteigerte Stück bei der Theatergruppe abholen. Neben den noch für die aktuelle Produktion benötigten Sachen können auch andere Requisiten sofort nach der Vorstellung ersteigern werden. Der Charakter eines Flohmarktes passe am besten zu einem Rohbau wie dem Albert Schweitzer Center Zentrum, wo die letzte t’eig-Produktion über die Bühne geht, meint Sobotka.

fAUSt und vorbei: Flohmarkt
Abverkauf der Requisiten und Kostüme des Theaters – FOTO: David Wiestner

Fehlende Fördergelder stoppen das Projekt

Nach dieser Produktion ist nun aber Schluss. Die Theatergruppe hat in den letzten Jahren stets um so viel Geld angesucht, dass die Produktionskosten gedeckt sind. Wie in der Szene üblich, wird bei der bewilligten Summe jedoch um bis zu 30 Prozent gekürzt. Während die Fördergelder gleich bleiben, steigen die allgemeinen Kosten jährlich. Der durch die notwendigen Einsparungen entstehenden Mehraufwand für die Teammitglieder sei einfach zu hoch, mehrere verschiedene Aufgaben innerhalb der Produktion sind keine Seltenheit. “Irgendwann sind die ideellen Ressourcen einfach aufgebraucht. Man will sich ja auch weiterentwickeln. Aber die Möglichkeiten waren einfach nicht mehr gegeben”, meint Sobotka.

Wie es für die einzelnen Teammitglieder weitergeht, ist im Moment noch unklar. Einige sind bereits in anderen Produktionen untergekommen, andere noch auf der Suche.

Und Sobotkas eigene Zukunft? “Zurzeit konzentriere ich mich voll und ganz auf die letzten Vorstellungen. Da bleibt wenig Zeit zum Nachdenken, was danach passiert. Aber im Grunde ist alles möglich.”

fAUSt und vorbei:
Nächste Vorstellungen: 14.,15.16.17.21.22.23.und 24. Nov. 2018
Uhrzeit: Jeweils um 20:00 Uhr
Ort: Albert Schweitzer Center, Albert-Schweitzer-Gasse 49, 8020 Graz

Erlangte in der Medienfrage der Kalenderwoche 41, im Jahr 2018 neun von zehn Punkten bei Heinz M. Fischer.

1 Comment

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

vierzehn − 13 =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Notschlafstelle: Eine Herbergsuche

Nächste Geschichte

Rote Karte für Gewalt im Fußball

Letzter Post in KULTUR