Foto: Maxmilian Pless

Rote Karte für Gewalt im Fußball

Lesezeit: 3 Minuten

Physische und verbale Gewalt haben sich auf den heimischen Fußballplätzen etabliert. Das wollen Thomas Gremsl und Leopold Neuhold so nicht akzeptieren und sagen Gewalt am Fußballplatz den Kampf an.

Im Europacup-Spiel von SK Sturm Graz trifft den Schiedsrichter-Assistenten ein Plastikbecher und verletzt ihn schwer. Beim Regionalliga-Spiel des GAK gegen Wels stürmt ein Zuschauer auf das Feld und schlägt einen gegnerischen Spieler nieder. In Oberösterreich gibt es eine handgreifliche Auseinandersetzung zwischen zwei Müttern bei einem Nachwuchsspiel. Dies sind nur einige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit. Physische und verbale Gewalt häuft sich und stellt ein großes Problem auf heimischen Fußballplätzen dar.

Das soll sich ändern. Anfang Juni beschloss Thomas Gremsl gemeinsam mit Leopold Neuhold, Professor am Institut für Ethik und Gesellschaftslehre an der katholischen-theologisch Fakultät der Uni Graz, ein Projekt gegen Gewalt am Fußballplatz ins Leben zu rufen. Gremsl ist Schiedsrichter im steirischen Unterhaus und kennt die Probleme aus eigener Erfahrung. Speziell im letzten halben Jahr hat sich Gremsl, der auch als Studienassistent am Ethik-Institut arbeitet, intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. „Auf dem Platz bekomme ich das gar nicht so mit, was auf den Rängen passiert. Wenn man aber selbst als Zuschauer vor Ort ist, nimmt man das eher wahr. Allerdings wird das Thema verbale Gewalt irgendwie toleriert, was definitiv geändert gehört“, sagt Gremsl.

Gemeinsam etwas bewegen

Nun beschlossen die beiden, die seit 2016 an einem Buch über Sport-Ethik und verbale Gewalt arbeiten, auch konkret etwas dagegen zu tun. In ersten Gesprächen mit dem Steirischen Fußballverband (StFV) vereinbarten sie gemeinsame Ziele und legten erste Maßnahmen fest. Auch der Verband, der seinen Sitz in der Herrgottwiesgasse hat, will Bewusstsein für Fair-Play auf und neben dem Feld schaffen.

Am Beginn der Zusammenarbeit steht nun eine umfangreiche Umfrage, die noch bis 16. November abrufbar ist. Spieler, Schiedsrichter, Funktionäre, Zuschauer und Ordner – jeder soll zu Wort kommen dürfen. Rund 50 Fragen sollen das Thema möglichst genau erörtern. Unter anderem wird nach der subjektiven Wahrnehmung von Gewalt und Erfahrungswerten der Beteiligten gefragt. „Wir wollen niemandem den Schwarzen Peter zuschieben, nur gemeinsam können wir etwas verändern“, sagt Gremsl. „Wir wollen, dass die Leute mit dieser Umfrage sagen können, was nicht passt. Da soll dann angesetzt werden.“

Thomas Gremsl (Mitte) mit Schiedsrichterkollegen am Platz – Foto: Thomas Gremsl

Ende Jänner wollen Gremsl und Neuhold die Ergebnisse präsentieren und dem StFV ein Konzept vorlegen. Ethikleitlinien für alle Beteiligten sollen verfasst werden, um den Fußball und das miteinander von morgen zu verbessern. Bereits zu Beginn der Frühjahrssaison sollen erste Aktionen auf den steirischen Plätzen passieren. Einige mögliche Maßnahmen zeichnen sich bereits ab. So initiierte etwa der Oberösterreichische Fußballverband vor kurzem einen Workshops zur Prävention von Gewalt und Mobbing im Nachwuchsbereich. Ähnliches überlegen auch die Steirer.

„Hey Schiri, hast Tomaten auf die Augen?“

Handlungsbedarf sehen Gremsl und Neuhold auch bei der Ausbildung der Schiedsrichter. Darin soll es auch um Konfliktlösung und Deeskalationsmanagement gehen. „Es ist halt schwierig, wenn du als Junger anfängst und im Nachwuchsbereich die Eltern hast, die die eigenen Kinder überdurchschnittlich fördern wollen. Da geht es gar nicht nur um Beleidigendes, sondern um das Lautwerden generell”, sagt Gremsl. Für einen neuen, unerfahrenen Schiedsrichter sei es ohnehin schwierig, immer die richtige Entscheidung zu treffen, deshalb soll die Ausbildung sie bestmöglich auf diese Situationen vorbereiten.

Auch beim heimischen Ordnerwesen könne man ansetzen, sagt Gremsl. In den unteren Ligen gehört es zur Tagesordnung, Funktionäre und auch Fans mit Warnwesten kurzfristig zu Ordnern zu befördern, falls es überhaupt welche gibt. Für Profis fehlt das Geld. Schulungen müssten her. Die Kommunikation zwischen Ordnern und Schiedsrichtern solle verbessert werden. “Der Schiedsrichter sollte von den Ordnern unterstützt werden, das passiert momentan leider nur in seltensten Fällen”, spricht Gremsl aus eigener Erfahrung. Ordner dürften keine aktiven Förderer der Gewalt sein, sondern sollten Zuschauer bei verbalen Verfehlungen zurechtweisen.

Im Jänner wird das Gremium entscheiden, wie es weiter geht, für Ordner, Schiedsrichter und alle anderen Beteiligten. Klar ist, dass man sich weder am Ethik-Institut noch beim StFV mit der momentanen Situation abfinden will. In Zukunft soll ein anderen Ton auf und neben dem Platz herrschen. Der Fokus soll wieder bei einem familienfreundlichen Erlebnis liegen.

Umfrage: Gewalt am Fußballplatz

Die Umfrage zu Gewalt am Fußballplatz läuft noch bis 16. November auf der Homepage des StFV

http://stfv.at/umfrage.php

Als professioneller Passivsportler absolute Spitze. Weiß grundsätzlich alles besser, auch wenn er keine Ahnung hat. Vor dem ersten Kaffee oder Bier unerträglich.

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