Der Grazer Künstler Julia G. übt mit kontroversen Ideen Kritik am klassischen Rollenbild. Sein neuestes Projekt: Ein Kalender, der männliche und weibliche Darstellungen bekannter Künstler vertauscht.
Leonardo da Vinci oder Michelangelo Buonarotti sind Vorbilder für die Fotos, die von 7. bis 20. November in der Herman Herzele Gallery ausgestellt sind. Sie gehören zum „Twisted Gender Role“ Kalender, einem Projekt des Künstlers Julia G., das sich mit einer differenzierten Betrachtung der Geschlechter auseinandersetzt.
„Man muss halt nur machen“
Julia G. heißt mit bürgerlichem Namen Stefan Reinisch und ist Kennern der österreichischen Musikszene seit 2015 bekannt. Mit der gleichnamigen Band produziert er Songs und Videos im Hardrock-Stil, die gleichzeitig Gesellschaftskritik sind. Die Hauptthemen sind Gleichberechtigung der Geschlechter und frei ausgelebte Sexualität. Damit will er Vorbild sein. „Ich möchte den Menschen zeigen, dass sie die Träume, die sie haben, auch verwirklichen können, man muss halt nur machen.“
Bereits im letzten Jahr realisierte Julia G. die Idee, mit einem Kalender humorvoll Probleme im täglichen Leben aufzuzeigen. Zu diesem Zweck stellte er sexistische Filmplakate mit vertauschten Geschlechterrollen dar. Bei der zweiten Ausgabe geht er noch einen Schritt weiter: Diese orientiert sich nämlich an klassischen Gemälden. Dabei legt sich der Künstler auch mit der Kirche an und stellt etwa „Das Abendmahl“ von Leonardo da Vinci oder „Die Erschaffung Adams“ von Michelangelo nach.
Zu diesem Zweck holte er sich einige Mitstreiter ins Boot: Die Idee entwickelte er zusammen mit Sascha Pseiner von Bergschaf. Die Fotografen Tanja van Lonsperch und Andreas Strick („Andy Joe“) sowie Pia Pozar als Art Direktorin vervollständigen das Team. Andy Joe wirkt übrigens auch im Organisationsteam des Tuntenballs mit, der 2019 sein 30-jähriges Jubiläum feiert.
Mehr geben als das, was man erreichen will
Mit den Bildern, die im „Twisted Gender Role“ Kalender visuell umgedeutet werden, sollen Barrieren in den Köpfen der Menschen bezwungen werden. Die Rollen der Geschlechter im alltäglichen Leben zu tauschen, stellt für Julia G. kein Problem dar. Stereotypen seien nur von der Gesellschaft vorgegeben. Es dürfe aber nicht im Vordergrund stehen, dass überall ein Tausch erzwungen gehört. Der wesentliche Gedanke müsse immer sein, dass für Männer, Frauen oder eben auch das dritte Geschlecht die gleichen Grundregeln gelten.
Zu diesen Regeln zählt der Künstler auch gleiches Grundeinkommen. Angesprochen auf das aktuelle Frauenvolksbegehren, das für Forderungen wie eine allgemeine 30-Stunden-Woche kritisiert worden war, meint Julia G., man müsse seine Ziele hoch stecken, um etwas durchzusetzen. „Wenn man 100 Prozent erreichen will, dann muss man mehr als 100 Prozent geben.“
„Wenn sie lachen, geht das einfach ins Herz“
Seit der Gründung 2015 steht Julia G. als Band für ironische und satirische Videos, die es unter anderem auf YouTube zu sehen gibt. Trotz der nicht immer ganz seriösen Darstellung hat Julia G. das Gefühl, ernst genommen zu werden. Die Leute seien mit Humor viel schneller und innerlicher zu erreichen als mit trockenen Nachrichten. Erst, wenn man etwas im Herz habe, fange man an, darüber nachzudenken – und „wenn sie lachen, geht das einfach ins Herz.“