Eindrücke von der Uboot-Cypher - Foto: Lena Lotus

Noedge: der Grazer Wu-Tang Clan

Lesezeit: 3 Minuten

Das Grazer HipHop-Kollektiv Noedge hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Szene auf die Landkarte zu setzen. Der Annenviertler MC, DNA ist fester Bestandteil der Crew und der monatlichen Uboot-Cypher-Abende.

„Mich erinnern sie immer an die Blockpartys, von denen HipHop ursprünglich kommt.” So beschreibt DNA die Uboot-Cypher, die er mit seinen KollegInnen von Noedge einmal im Monat veranstaltet. Als Location für die Open-Mic-Session dient das Music-House. Und tatsächlich: Der Abend, an dem die 26. Ausgabe des Clubs über die Bühne geht, fühlt sich an wie aus einem Film über die Anfänge der HipHop Kultur. Alles bewegt sich zur Musik, der DJ ist echt , scratched mit Vinyl und spielt nicht einfach Beats über einen USB-Stick ab. Und jeder, der genug Mut aufbringt, kann auch einmal selbst das Mikro in die Hand nehmen, um ein paar Bars zum Besten zu geben.

DNA als Master of Ceremonies versucht immer wieder, das Publikum zu motivieren, auf die Bühne zu kommen. Er selbst ist fast durchgehend am Mikrophon und rapt, was ihm gerade in den Sinn kommt. Überzeugen kann er vor allem durch beeindruckende Flows und doppelbödige Zeilen. Seit etwas mehr als zwei Jahren gibt es die Cypher nun schon. Sie steht auch am Beginn der Geschichte von Noedge. Das Kollektiv baut seit 2016 an einer Plattform zum gemeinsamen Rappen, Scratchen, Beatboxen und Tanzen.

Bei Noedge wird noch auf Vinyl gescratched
Real HipHop: Bei Noedge wird noch auf Vinyl gescratched – Foto: Lena Lotus

„Wie der Wu-Tang Clan nur auf Graz”

Die Idee hinter Noedge war es, etwas für die Grazer HipHop-Szene zu tun. Sie überhaupt einmal auf die Landkarte zu setzen. Die Crew besteht aus vier MC´s (MC Struggle, NLPP, Strange und DNA), drei DJ´s ( Geef Boon, Creation Stepper und Fluss des Niels), zwei Fotografinnen (Lena Lotus und Bexus potatus), sowie einem Producer (DNS). Ihre Anfänge als Gruppe liegen etwas mehr als zwei Jahre zurück, kurz bevor die allererste Cypher stattfand. Diese war damals noch in der Cuntra am Griesplatz beheimatet. Aber nachdem die Besitzer dort wollten,dass Eintritt verlangt wird, wechselte man ins Music-House.

Noedge ist entgegen der allgemeinen Auffassung kein Musiklabel sondern nach Eigenbezeichnung ein Kreativ-Kollektiv. „Wir wollten etwas schaffen wie den Wu-Tang Clan – nur auf Graz.” Das sei der Grundgedanke, sagt DNA, der eigentlich Daniel Vollmann heißt. Alle Mitglieder arbeiten auch getrennt voneinander an ihren eigenen Projekten und Veranstaltungen. Diese werden dann über Noedge gepusht. Auch DNA ist – zusammen mit seinem Battle-Partner Ringelnatz – im Begriff, ein eigenes Event zu starten. Ab März 2019 soll es dann auch in Graz Rap-Battles geben. Als Location soll der Bunker in der Griesgasse dienen.

Von der EAV zum Battlerap

Daniel wohnt in der Annenstraße und wenn man ihn zum ersten Mal trifft, merkt man gleich, dass er mit vollem Herzen MC ist. In seinem Zimmer hat er sein eigenes kleines Homestudio eingerichtet. DNA kam das erste Mal durch die Erste Allgemeine Verunsicherung in Berührung mit Sprechgesang. Etwas später kaufte er sich aufgrund des Covers sein erstes echtes HipHop-Album: Encore von “Rap God” Eminem.  Danach ging es über 2pac zu Biggie und schließlich zum Wu-Tang Clan. Damals war Dan etwa 12, so richtig zu rappen begann er dann mit 14. Mit 17 gab es das erste Mikrofon und er begann Songs aufzunehmen. Das ist fünf Jahre her und DNA ist sich sicher, er rappt heute viel besser als damals.

Überprüfen kann man das leider nicht. Im Netz findet man gerade einmal drei Songs, auf denen er vertreten ist, der neueste ist auch schon ein Jahr alt. Dabei hat DNA vor zwei Jahren sogar ein Album aufgenommen hat. Aber da der Mix und das Master viel mehr Zeit als geplant in Anspruch nahmen, will DNA es heute nicht mehr veröffentlichen. “Ich kann dieses Album jetzt nicht mehr raushauen, es hält meinem eigenen Anspruch nicht mehr stand”, sagt er zu seinem Lost Tape. Diesen hohen Anspruch an sich selbst hört man auch. Denn für ihn ist die Raptechnik das Wichtigste. Er schreibt keine einsilbigen Reime und stellenweise erinnern seine Flows und Stimme sogar an den früheren Eminem. Die Instrumentals, die er berapt, sind meist Boom-Bap-Beats wie aus dem New York der 90er. Aber seit er Joyner Lucas entdeckt hat, probiert sich Daniel auch auf Trap-Sounds. Bei all seinem Talent hat er aber doch noch Luft nach oben. Er will sich auch stetig verbessern.

DNA auf der Bühne mit dem Mikro in der Hand
DNA (links) in seinem Element: Auf der Bühne mit dem Mikro in der Hand – Foto: Jakob Kotzmuth

Rap-Battles

Wie Eminem hat auch DNA eine Leidenschaft für Rap-Battles. Bei diesen freundschaftlichen Wettkämpfen geht es darum, sich selbst möglich positiv darzustellen, während man versucht, seinen Gegner schlecht zu machen. Etwa wie Sparring beim Boxtraining, nur dass es hier auch mal unter die Gürtellinie geht. Mit seinem Battlepartner war DNA auch schon beim Youtube-Format Du und deine Lines in Deutschland. Dort wird über drei Runden zu jeweils 90 Sekunden entschieden, wer besser rapt. “Es ist schon geil wenn man sich für Battlerap ein Flugticket checkt.”

Das heißt aber nicht, dass wir in Zukunft nicht auch noch echte Songs von DNA erwarten können. Gerade arbeitet er an mehreren Mixtapes gleichzeitig und will sich auch selbst als Produzent versuchen. “Das Ziel ist es, in Zukunft so unabhängig wie möglich zu sein.” Den Girls und Boys von Noedge will er aber als Teil des Kollektivs erhalten bleiben. “Andere Leute, andere Energien – das ist immer gut.”

Nächster Termin
Uboot-Cypher #27: Mittwoch 26.12.2018 im Music House

Gemütlicher Boy aus dem Herzen des Salzburgerlands. Hiphop und Fashion-Liebhaber. Außerdem beschäftige ich mich gerne mit Politik, Sport und der europäischen Weinkultur.

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