Schuhaktion gegen die Schutzzonen - Foto: Michael Rothschädl
Schuhaktion gegen die Schutzzonen - Foto: Michael Rothschädl

Ein Denk-Mal gegen die Schutzzonen

Lesezeit: 3 Minuten

Seit gut einem Monat sind der Metahofpark und der Volksgarten nun Schutzzonen. Während AnnenviertlerInnen die Maßnahme mit einer künstlerischen Aktion kritisieren, spricht die Polizei von einem Erfolg. Die Annenpost hat sich die Situation genauer angesehen. 

Rings um einen Baum im Grazer Volksgarten stehen etliche Paar Schuhe – nur ihre Besitzer fehlen. Ein „Denk-Mal für die aus diesem Park Verschwundenen“, verrät eine schlichte Holztafel davor. Es ist ein künstlerisches Statement von AnnenviertlerInnen, die in der Errichtung von Schutzzonen im Volksgarten und im Metahofpark eine kritische Entwicklung sehen. „Die Parks sind jetzt steril“, bedauert eine Parkbesucherin während der Aktion.

Seit dem 6. März gibt es die Schutzzonen in Graz. In dieser Zeit sprach die Polizei rund 170 Betretungsverbote gegen mögliche Gefährder aus. In den Parks ist es seitdem ruhiger und leerer als sonst.

Mit diesen Tafeln informiert die Polizei über die Schutzzonen. - Foto: David Wiestner
Mit diesen Tafeln informiert die Polizei über die Schutzzonen. – Foto: David Wiestner

Mehrdeutiger Gesetzestext

Polizisten dürfen gegen Personen, die aufgrund bestimmter Tatsachen potentiell Straftaten begehen könnten, ein Betretungsverbot aussprechen, heißt es sinngemäß im Gesetzestext zu den Schutzzonen. Eine Formulierung, die der Polizei in der Praxis viel Spielraum gibt. Personen, gegen die ein solches Betretungsverbot ergeht, dürfen die Schutzzonen für 30 Tage nicht betreten.

„Diese Aktionen der Polizei lösen das Problem nicht längerfristig. Es wird nur verschoben. An andere Orte“, ist auch auf der Tafel zu lesen. Neben den Schutzzonen führt die Polizei deshalb auch an weiteren Orten Schwerpunktaktionen durch. “Von einer fixen Verlagerung auf bestimmte Örtlichkeiten kann derzeit noch nicht gesprochen werden”, erklärt Polizei-Pressesprecher Markus Lamb. Landespolizeidirektor Gerald Ortner versteht, „dass Schutzzonen alleine kein Allheilmittel im Kampf gegen die generelle Suchtmittelkriminalität sind.“ Gleichzeitig betont er den eigentlichen Zweck der Schutzzonen: „Minderjährige an öffentlichen Plätzen vor strafbaren Handlungen zu schützen.“  Um das Drogenproblem allgemein in den Griff zu bekommen, finden derzeit im Hintergrund weitere kriminalpolizeiliche Ermittlungsmaßnahmen statt, heißt es vonseiten der Polizei. Lamb: „Die Suchtgift-Szene ist mittlerweile verunsichert.“ 

Auch der Fußballplatz ist verwaist. - Foto: Michael Rothschädl
Auch der Fußballplatz ist verwaist. – Foto: Michael Rothschädl

Probleme für die Streetworker

Roland Maurer-Aldrian vom Jugendstreetwork Graz ist mit den Schutzzonen nicht gänzlich zufrieden: “Diese Personen werden dadurch kaum von diesen illegalen Geschäften abweichen, sondern sich wahrscheinlich eine andere gesetzeswidrige Erwerbstätigkeit suchen.” Die Jugendstreetworker Graz helfen Jugendlichen, die am Rande der Gesellschaft stehen, und sind dabei oft in den beiden Parks unterwegs. Für sie sind die Schutzzonen besonders problematisch: “Wir müssen nun versuchen, die Weggewiesenen unter unseren Klienten nicht aus den Augen zu verlieren.” Sollten diese nämlich erneut in den Schutzzonen von der Polizei erkannt werden, drohen ihnen Strafen von bis zu 500 Euro. „Wir haben aber auch einige Klienten, die auch ohne Betretungsverbot die Parks meiden“, bedauert Maurer-Aldrian. 

“In den meisten Fällen haben sich die Polizisten an der Amtsbekanntheit der Parkbesucher aufgehängt”, schätzt Maurer-Aldrian das Vorgehen der Polizei ein. Die Polizei berichtete außerdem von Fällen, in denen Dealer versuchten,  Polizisten in Zivil Cannabis zu verkaufen. Insgesamt stellten Polizisten im ersten Monat rund 1,5 Kilogramm Marihuana sicher. Ecstasy, Speed, Kokain und Medikamente wurden in kleineren Mengen beschlagnahmt, teilte die Polizei in einer Aussendung am 8. April mit. In der sie auch zu einem Informationsabend am 11. April um 17:00 im Volksgartenpavillon einlädt. 

Der Volksgarten wirkt leerer als sonst. - Foto: Michael Rothschädl
Der Volksgarten wirkt leerer als sonst. – Foto: Michael Rothschädl

Miteinander statt auseinander

Maurer-Aldrian sieht einen weiteren schmerzhaften Nebeneffekt der Schutzzonen. “Ich persönlich fühle mich durch so hohe Polizeipräsenz nicht sicherer, sondern eher verängstigt. Und ich glaube, damit bin ich nicht alleine.” Für ihn sei die Schutzzonen-Thematik auch eine Frage der Aufteilung öffentlichen Raums: “Ich wünsche mir mehr Maßnahmen, die den Austausch verschiedener sozialer Gruppen untereinander fördern, und keine, die weiter Misstrauen schüren.” Das Tischtennis-Rundgangerl oder die Morgen-Disko im Volksgarten besuchten zuletzt auch immer öfter Jugendliche, die mittlerweile aufgrund der Schutzzonen die Parks meiden. Maurer-Aldrian: “Wir sollten mehr Mittel in Aktivitäten des Miteinander investieren.” 

“In der Mitte der Gesellschaft angekommen”

Auf die Frage, was man nun effektiv gegen das Drogenproblem per se tun kann, ist Maurer-Aldrian um Antworten bemüht: “Wir müssen jedenfalls akzeptieren, dass Cannabis in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.” Er selbst kann sich sowohl eine Legalisierung als auch härtere Gesetze vorstellen: “Im Vorfeld muss es aber eine offene und grundlegende Diskussion geben.” Was er bei den Schutzzonen etwas vermisste. Im Vorfeld gab es keine Zusammenarbeit mit der Polizei, die Errichtung kam für Maurer-Aldrian recht überraschend. Weil die Zentrale der Streetworker aber in den Schutzzonen liegt, gab es dann schnell Gespräche mit der Polizei. Beide Parteien einigten sich darauf, dass Klienten der Jugendstreetworker für einen Besuch der Zentrale die Schutzzone betreten dürfen.

 

Schutzzonen Info-Abend

Wann: Donnerstag 11. April 17:00
Wo: Volksgartenpavillon / Rondo

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