Nicht nur klassischer Jazz erfreut sich in Graz derzeit hoher Beliebtheit: Auch verwandte Genres wie der Gypsy werden immer beliebter. Gitarrist Simon Reithofer spricht über Jazzbands, Unterhaltungsmusik und die perfekte Gitarre.
Seit dem Electro-Swing Hype rund um Parov Stelar gibt es es in der Musikszene einen großen Trend rund um das gesamte Swing Genre. Electro verschwand, doch der Swing ist geblieben. Swing-Cafés, Tanzabende im Schauspielhaus und Jazzkonzerte findet man auch in Graz en masse.
Der 32-jährige Simon Reithofer entdeckte den Gypsy-Swing nach seinem Jazzgitarre-Studium am Kärntner Landeskonservatorium für sich. Auch seine erste Band „Caravan” war bereits im Gypsy-Genre angesiedelt. An die 90 Mal trat die in dieser Zusammensetzung nicht mehr aktive, fünfköpfige Truppe im Miles Jazzclub in der Grazer Mariahilferstraße auf. Und das immer mit einem Merkmal, das sie von allen anderen Grazer Jazzbands unterscheidet: Die Musik ist rein akustisch.
„Zur Zeit von Django Reinhard gab es auch noch keine Verstärker”, sagt Simon Reithofer. Da beim Gypsy die Gitarre im Vordergrund steht, heißt es also, sich durch andere Techniken als elektrische Verstärker in den Vordergrund zu spielen. Zum Beispiel mithilfe des rest-stroke pickings: Eine spezielle Zupftechnik, mit der man schneller und lauter spielen kann und die Reithofer seit Jahren praktiziert.
Auf den Spuren von Django Reinhardt
Durch die Vermischung mehrerer schon bestehender Genres wie dem französischen Walzer und der Musik von Sinti und Roma hat der Gypsy-Jazz einige Synonyme wie zum Beispiel Jazz Manouche oder Sinti-Jazz. Das Genre ist eine Abwandlung des Swing und bietet sowohl dem Publikum, als auch den MusikerInnen, ungeahnte Möglichkeiten abseits des klassischen Jazz. Die Melodien, die dem Genre Gypsy-Jazz angehören, gibt es bereits seit den 1920er Jahren. Davor erklang in Europa meist nur der aus Amerika stammende Swing. Abgespalten vom amerikanischen Jazz, wurde die erste eigenständige europäische Jazzform vor allem durch namhafte Gitarristen wie Django Reinhard bekannt. Simon Reithofer spielt sehr schnell und ausdrucksstark. Seine Gitarre gilt in dieser Musikrichtung als Harmonie- und Begleitinstrument und sogar als Ersatz für das Schlagzeug. Zusätzlich ist sie das prägendste Melodieinstrument im Genre und deckt damit im Grunde alle musikalischen Funktionen ab, die eine Gitarre abdecken kann. Ganz im Gegensatz zum Gesang: Dieser kommt im Gypsy praktisch nicht vor. Einen Sänger findet man daher neben Reithofer auf der Bühne nicht.
Wenn man dem Gypsy-Jazz lauscht, werden die Ursprünge der Muskrichtung deutlich. Weite Reisen in altromantischen Wohnwägen, Zusammensitzen am Lagerfeuer und gemeinsames Musizieren. Der Club Mineur – das ist Reithofers aktive Gypsy-Band – setzt sich aus drei Gitarristen, einem Kontrabassisten und einem Violinisten zusammen. Ihr Ziel ist es, den Menschen den Gypsy und die dazugehörige Mentalität näher zu bringen.
Die perfekte Gypsy-Gitarre
Neben der Lautstärke braucht eine Gitarre für Simon Reithofer auch einen speziellen Sound. Seine Gitarren lässt er daher beim Grazer Gitarrenbauer Christoph Seewald fertigen. Zusammen haben die beiden auch an speziellen Gypsy-Gitarren gearbeitet. Das Erlebnis, ein Instrument von den ersten Schritten an zu begleiten, übt einen großen Reiz aus. Außerdem genießt es Reithofer, wenn Instrumente eine Geschichte erzählen. Diese entstehe bei herkömmlicher Stangenware erst nach jahrelangem Bespielen.
Die Menschen wollen die Musik wieder bewusster wahrnehmen
Der Jazz erfreut sich derzeit großer Beliebtheit. „Die Menschen wollen die Musik wieder bewusster wahrnehmen”, erzählt Reithofer. Das Unperfekte und Nahbare wird wieder zum Ideal. So praktiziert es der Grazer Musiker auch mit seinen sechs Bands. Das Spektrum reicht von Dixie bis Gypsy und hat immer einen Zweck: Die Musik dient der Unterhaltung.
Der Zukunft blickt Reithofer locker entgegen. Vielmehr versucht er, den Moment zu genießen und sich auf die Musik zu konzentrieren. Er findet es gut, dass es Veranstaltungen wie zum Beispiel den Lendwirbel gibt, die der alternative Musikszene eine Bühne geben und diese fördern können. Dort treten auch heuer wieder einige KünstlerInnen auf, die ihrer Kreativität freien Lauf lassen. „So etwas sollte es einfach öfter geben, ein Viertel zu beleben und vor allem den Leuten die Musik näher zu bringen.”
Neben den Gigs im Kunsthauscafé, die meist alle zwei Wochen stattfinden, und seinen ersten Live-Erfahrungen im Miles hat der junge Musiker einen speziellen Bezug zum Annenviertel. Der Lendplatz ist sein Lieblingsort in der steirischen Landeshauptstadt. Er verbindet für ihn Kreativität und Urbanität wie kein anderer.
22.4. Robert-Stolz – A Night in Vienna, 19:00, Helmut-List-Halle, Graz
25.4. Streetview Dixieclub, 20:00, Marenzikeller, Leibnitz
28.4. Club Mineur, 18:00, Die Graslerei, Graz
08.05. Jazzkuchl, 20:00, Kunsthauscafé, Graz