Mit 16 rutschte Marko T. in die Kriminalität ab, verkaufte mehrere Jahre lang Marihuana. Heute ist er 24 und hat einen Job. Ein Gespräch über persönliche und politische Verantwortung, den Placebo-Effekt der Schutzzonen und den Rassismus der Gesellschaft.
Die Blätter der Pappeln im Josef-Huber-Park rascheln im Wind, während wir auf einer der Holzbänke Platz nehmen. Marko T.* blickt auf die mit Graffitis verzierten Wände. Hier begann vor mehreren Jahren seine kriminelle Laufbahn, die der 24-Jährige mittlerweile beendet und gegen einen Job als Lagerarbeiter eingetauscht hat. In Gries aufgewachsen, traf er sich seit er 16 Jahre alt war in diesem Park regelmäßig mit Kunden, um ihnen Marihuana zu verkaufen. Zur Liste seiner Straftaten sollten später noch Körperverletzungen hinzukommen. Um in einem solchen kriminellen Milieu zu landen, brauche es nicht immer eine dramatische Vorgeschichte, meint Marko T. und erklärt: “Bei vielen meiner früheren Kollegen und auch bei mir war es so, dass es mit der Schule nicht wirklich geklappt hat, aber alle den Traum vom großen Geld hatten. Der einzige Ausweg war dann die Kriminalität.” Ein Freund vermittelte ihm stetig neue Kunden, bei einem anderen kaufte er das Marihuana. Rückblickend bezeichnet er das Geschäft als Falle für junge Menschen und fordert politisches und gesellschaftliches Umdenken. Nur so sei eine Verbesserung der Situation möglich.
Falsche politische Lösungsansätze
Was die Bekämpfung dieser Kriminalität betrifft, sieht Marko T. von Seiten des Staates eine falsche Strategie. Es bringe nichts, mit Verboten und Strafen um sich zu werfen, stattdessen sollte es gar nicht erst zugelassen werden, dass Jugendliche in die Kriminalität rutschen, meint er. “Die Politik sollte dafür sorgen, dass junge Leute eine Perspektive haben und nicht auf dumme Gedanken kommen”, erklärt er. Die Verantwortung liege zwar gleichermaßen bei den Betroffenen selbst, allerdings sollte es für den Staat auch von Interesse sein, die Kriminalität in der Gesellschaft zu verringern. Dabei vermisst T. effektive Präventionsarbeit, an der es seiner Meinung nach vor allem in Bildungseinrichtungen oder Jugendzentren mangele.
Integration schwierig
Ebenso in der Verantwortung sieht Marko T. die Gesellschaft und meint, dass Integration für Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich äußerst schwierig sei. Rassismus stünde an der Tagesordnung, was Mauern anstelle von Brücken zwischen den Menschen baue. “Man kann es Jugendlichen nicht übel nehmen, dass sie sich in einer Gesellschaft nicht wohl fühlen, wenn sie in dieser aufgrund ihrer Herkunft ständig schief angesehen und diskriminiert werden.” Dies sei mit ein Grund gewesen, weshalb einige junge Männer, die T. kannte, auf die schiefe Bahn gerieten. Insbesondere junge Männer, die keinen Platz in der Gesellschaft finden, seien dann schnell bereit, in kriminelle Milieus auszuweichen. Laut dem 24-Jährigen habe auch die Flüchtlingswelle 2015 und der damit verbundene politische Ruck nach Rechts das Zusammenleben zwischen ÖsterreicherInnen und AusländerInnen negativ beeinflusst. Der EU-Wahl am 26. Mai spricht er daher eine hohe Bedeutung zu: “Die Wahl wird entscheiden, wohin sich ganz Europa bewegt. Ich befürchte aber, dass sich die Politik weiter nach Rechts verschieben wird.“
Verbote und Sanktionen nutzlos
Kritik äußert T. auch an den im März eingeführten Schutzzonen im Volksgarten und Metahofpark. Diese steigerten durch eine Art Placebo-Effekt lediglich das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Straftäter bekehren und somit die Kriminalität unterbinden, könne der Staat dadurch nicht. Besonders harsch attackiert der 24-Jährige den Interpretationsraum des Gesetzestextes, nach welchem PolizistInnen Betretungsverbote aussprechen dürfen. Dadurch käme es zur Normalisierung von Ethnic Profiling, der Verdächtigung und Kontrolle von Personen durch die Exekutive ohne Beweisgrundlage aufgrund ethnischer Eigenschaften. T. erzählt, dass einige seiner Bekannten in der Vergangenheit entsprechende Erfahrungen gemacht hätten. Seiner Meinung nach schwäche diese Art der Diskriminierung auch die Bereitschaft zur Integration und Bekennung zum Rechtsstaat. Er selbst sei nie im Gefängnis gesessen, doch einer Freiheitsstrafe nur knapp entgangen. “Irgendwann habe ich gemerkt, dass es sich nicht lohnt. Ich bin froh, dass ich die Kurve gekriegt habe, sonst wäre ich jetzt im Knast oder tot.”
*Da die Person unerkannt bleiben möchte, wurden keine Fotos vom Gespräch eingefügt und der Name von der Redaktion geändert.