Was Kurz und Kogler, ein Horoskop-Automat und abstrakte Kunst gemeinsam haben? Acht Tage lang haben sich die gebürtigen Grazer Felix Schwentner und Sabin Meco für ihre Ausstellung von Boulevardzeitungen inspirieren lassen, um 2020 schon jetzt genauer unter die Lupe zu nehmen.
Von Nina Gyger & Nikolai Hartlieb
Kurz vor 19 Uhr. Der ganze Raum wird plötzlich still. Die Anwesenden drehen sich zu zwei jungen Männern um, die sich bereit machen, eine Rede zu halten. Felix Schwentner (24) und Sabin Meco (25) begrüßen die Besucher zu der Eröffnung ihrer Ausstellung namens „2020 – was bisher geschah“. Sie erzählen Anekdoten vom Schaffensprozess, von ihren Werken und was es mit ihrem Konzept auf sich hat. Bis zum 16. Jänner haben Besucher die Möglichkeit, diese in der Querort-Galerie, nahe dem Esperantoplatz, zu besuchen.
Felix Schwentner studiert Landschaftsarchitektur und Sabin Meco will sich an der Kunstuniversität bewerben. Das künstlerische Arbeiten haben sich beide jedoch selbst beigebracht. Die Freunde lernten sich in Wien kennen und veranstalten im Annenviertel ihre erste gemeinsame Ausstellung.
Geplante Spontanität als Konzept
Die Künstler erfuhren erst Anfang Dezember, dass sie am 8. Jänner im Querort ausstellen dürfen. Das alleine wäre schon wenig Zeit gewesen, um eine gesamte Ausstellung zu planen. Sie haben sich aber dazu entschieden, “auf den letzten Drücker”, also am 1. Jänner, mit dem Gestalten zu beginnen, erklärt Felix Schwentner. Um dies zu schaffen, arbeiteten die beiden täglich über 12 Stunden. Statt ein ausgereiftes Konzept zu erstellen, haben die Künstler zur Inspiration Boulevardblätter gelesen, nämlich die Gratiszeitung Österreich und die Kronen Zeitung. Am 6. Jänner erschienen weder Krone noch Österreich, weshalb die beiden kurzerhand eine eigene Zeitung gestalteten. „In der steht alles drinnen, worüber ihr alle nicht informiert worden seid”, erklären sie den Besuchern spaßend.
Die Künstler erzählen von langen Arbeitstagen, die durch absurde Zeitungsartikel aufgelockert wurden. „Im Vergleich zu Österreich wirkte die Krone wie der Standard“, scherzen die beiden. „In der Boulevardpresse werden oft irrelevante Sachen groß gemacht“, daher könne man nicht mehr entscheiden, was nun wirklich relevant sei. Der Print schrieb über Neujahrsvorsätze und Rückblicke, die die Künstler mit ihren Werken hinterfragen.
2020 kreativ veranschaulicht
Ausgestellt sind neben abstrakten Bildern und Collagen auch interaktive Stationen, drei selbst kreierte Zeitungen und eine Pappmaché-Figur in Form eines roten Stöckelschuhs. Beide Künstler erarbeiteten sich ihren eigenen Zugang zum Ausstellungsthema. Felix Schwentner erzählt, er habe sich bei seinem Teil der Werke auf die Zeitungslayout-Ästhetik und deren zugehörige Farben konzentriert, während Sabin Meco auch abstrakt malte. Manchmal ergab sich eine Mischung aus beidem, wie beispielsweise bei einem Gemälde in Orange, Schwarz und Weiß, auf dem die Umrisse der Politiker Sebastian Kurz und Werner Kogler erkennbar sind.
Ein Horoskop-Automat und zwei Abstimmungsmöglichkeiten sollen die Ausstellung auflockern. In ersterem verstecken sich Jahreshoroskope, welche aus absurden Zitaten, Textstellen und Fotos bestehen, die sie aus Zeitungen ausschnitten. Im WC stimmen Besucher für den „Top-Cop 2019“, eine Rubrik der Österreich; im Ausstellungsraum entscheiden sie sich für ihr Lieblingsfoto von Kanzler Kurz. Die Collage zeigt auf, wie häufig jener allein 2020 bereits in den Medien war.
Kunst Raum geben: QUERORT-(er)LEBEN
Bei der Vernissage der jungen Künstler war auch der Verwalter und “Miterschaffer” der Querort-Galerie anwesend, Jakob Böhme. Im November 2018 beschloss er gemeinsam mit Freunden, sein früheres Büro „neu zu beleben”. Mit der ersten Ausstellung im selben Monat entwickelte sich aus dieser Idee nicht nur ein Ort für Kunst, sondern auch der Verein QUERORT-(er)LEBEN.
“Unser Ziel ist es, junge Künstler und Künstlerinnen in allen kreativen Bereichen, ob bildnerisch, musikalisch, in Fotografie oder Literatur, zu fördern“, erklärt Böhme. Die Ausstellung gehört zum Projekt Die 8er-Serie. Das Konzept dahinter: An jedem 8. des Monats wird eine neue Ausstellung präsentiert, welche dann acht Tage lang ihre Türen für Besucher öffnet. Was die beiden Grazer von früheren Ausstellern unterscheidet? Jakob Böhme: “Abgesehen davon, dass diese Vernissage die bestbesuchte seit Entstehung der Querort-Galerie ist, fand ich die Idee, erst am 1.1. dieses Jahres zu beginnen und dabei nur Werke von 2020 zu präsentieren, so gut, dass ich mir dachte: Das gehört unterstützt!”
„2020 – was bisher geschah“ ist bis einschließlich 16.01.2020 jeden Werktag von 18:00-20:00 Uhr geöffnet. Die Ausstellungsstücke können erworben werden.
QUERORT – (er)LEBEN befindet sich in der Quergasse 3, 8020 Graz. Weitere Infos über Events gibt es auf ihrer Facebookseite und der Webseite.