Griesplatz, Mariahilferplatz, Feuerbachgasse, Postgarage: Überall im Annenviertel hinterlässt Mario Paukovic seine Spuren. Von Acrylmalereien über Zeichnungen bis hin zu Graffitis – sein Repertoire ist breit. Doch wer ist eigentlich Mario Paukovic?
Von: Simone Hauser und Jasmin Hebenstreit
Die Zigarette in der einen und den Kohlestift in der anderen Hand, steht der Mann, der hinter zahlreichen Kunstwerken im Annenviertel steckt, vor seiner Leinwand. Der Kohlestift kratzt über das Papier, während er die Fragen der Annenpost beantwortet. „Es ist eine Sucht. Du merkst, wie du nervös wirst, wenn du drei Tage nicht zeichnest“, erzählt Mario Paukovic.
Mario Paukovic, geborener Kroate, seit acht Jahren Grazer, ist ein bekannter Künstler im Annenviertel. So findet sich etwa am Mariahilferplatz eine Auftragsarbeit eines Friseursalons, am Griesplatz ziert eine Malerei die Fassade eines Cafés, ein weiteres Kunstwerk schmückt die Postgarage.
Wobei, Künstler stimmt nicht so ganz: „Ich würde mich eher als Sammler bezeichnen, da ich mich nicht auf einen speziellen Stil festlege.“ Alles begann mit 14 Jahren, als er seinen ersten Auftrag in einem Café in Kroatien bekam. Seither ist er in der Szene aktiv – egal ob in den Niederlanden, in Tschechien, Deutschland oder jetzt in Österreich. In Graz hat er sich immer schon wohl gefühlt, er selbst komme aus einer kaputten Gesellschaft: „Österreich ist viel toleranter gegenüber anderen Nationen, sonst würden die auch nicht hier leben wollen“, so Paukovic.
Projekt Feuerbachgasse
Sein neuestes Werk befindet sich in der Feuerbachgasse gegenüber seiner Wandmalerei aus dem Sommer. Damals haben sich PolizistInnen, NachbarInnen und Kinder spontan eingebracht und verbrachten teilweise sogar Tage mit Malen. Paukovic fand das toll: „Ich hab‘ gesagt: Ja, macht‘s, haut‘s rein.“ Während dieser Auftragsarbeit fiel ihm dann die dreckige Wand gegenüber auf. Er machte den Besitzer des Gebäudes ausfindig. Dieser gab ihm grünes Licht für seine Pläne.
Bewusst hat Paukovic drei Portraits von Persönlichkeiten ausgewählt, die einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft hatten: Gandhi, Tesla und Cicero. Die Zitate behandeln die Themen Heimat, Verzeihung und den Mangel an Ideen. Für Mario Paukovic ist es wichtig, dass Menschen, deren ursprüngliche Heimat nicht Graz ist, sich etwas entspannen und besser integrieren. Nikola Tesla, kroatischer Physiker, Erfinder und Elektroingenieur, zu verewigen, war Paukovic ein besonderes Anliegen, da Tesla in Graz studierte, aber keine Straße nach ihm benannt ist. „Da habe ich ihm eine Straße gemacht“, erzählt Mario Paukovic, während er weiter auf der Leinwand herumkritzelt.
„Ich male alles, außer abstrakte Kunst.“
Ob Paukovic von seiner Arbeit leben kann? Bescheiden ja, trotzdem ist er auf Jobsuche. Warum sich diese schwierig gestaltet, erklärt er so: „Künstler gelten als faul und man wird gleich als schräger Vogel abgestempelt.“ Das stimme auch teilweise, denn „manche machen mehr Party als dass sie malen“. Die meisten seiner Auftragsarbeiten findet man im Annenviertel. Warum das so ist? Eine These wäre, dass vielleicht die Leute im Multikulti-Viertel toleranter und interessierter sind. „Oder die Viertel hier sind zu hässlich und die andere Murseite ist eh schon schön genug“, scherzt Paukovic, während er die nächste Zigarette anzündet.
Mario Paukovic malt alles. Er ist bloß kein Fan von abstrakter Kunst, da diese überteuert sei. Um das zu demonstrieren, hat er einen Pinsel in eine Leinwand „reingeknallt“ und das Kunstwerk mit einem teuren Rahmen versehen. Dieses hängt nun im Eingangsbereich seiner Wohnung. Was seine anderen Werke verbindet, ist das Thema Mensch. Auch über das Klima macht er sich Gedanken. In seinem Atelier finden sich Werke, die das Aussterben der Bienen thematisieren, aber auch sozialkritische Gemälde.
Träumer und Einzelgänger
Im Schnitt zeichnet Paukovic zwei Stunden am Tag. Seine Aufträge erhält er vorwiegend durch Mundpropaganda. Die Ideenfindung ist eine Geschichte für sich: „Manchmal träume ich ein Bild“, sagt Paukovic und durchbricht dabei das monotone Reiben seines Kohlestifts auf dem Papier. Inspiration von anderen Künstlern holt er sich nicht, denn er möchte sich nicht beeinflussen lassen. „Ich möchte kein Nachahmer sein.“
Die nächsten zwei Wände, die er bemalen möchte, hat er schon fixiert. Und beide befinden sich wieder im Annenviertel. Den Kohlestift legt er nun zur Seite. Ob das Bild eine Auftragsarbeit oder vielleicht doch käuflich ist? „Nein, wer beauftragt so ein schiaches Bild?“