Die Neugestaltung des Lendplatzes ist fixiert. Neben der Begegnungszone in der Ökonomiegasse und der Mariahilferstraße kommt eine Fußgängerzone in der Stockergasse. Aktivbürgern gehen die Pläne aber nicht weit genug.
Es ist später Samstagvormittag. Auf dem wöchentlichen Bauernmarkt mitten am Lendplatz geht es rund. Direkt daneben an der Kreuzung Volksgartenstraße – Lendplatz/Mariahilferstraße herrscht reger Autoverkehr. Dazwischen wimmelt es von Passanten und RadfahrerInnen, die versuchen, sich durch vorbeirasende Busse und PKWs ihren Weg zu bahnen. Verkehrsgewirr mitten im Annenviertel.
Um das Verkehrsaufkommen über und rund um den Lendplatz zu beruhigen, hat Verkehrsstadträtin Elke Kahr (KPÖ) verschiedene Varianten zur Umgestaltung des Lendplatzes herausgearbeitet. Gemeinsam mit Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) und Vizebürgermeister Mario Eustacchio (FPÖ) hat sie ein Neugestaltungspaket geschnürt. Der Anstoß dafür kam aus dem Bezirk Lend. Viele FußgängerInnen fühlen sich etwa auf dem Gehweg vor der Steirerstubn von RadfahrerInnen gestört. „Der Ruf nach einer Verkehrsberuhigung am Lendplatz wurde daher immer lauter”, so Bürgermeister Nagl.
(Fahr-)Plan für die Zukunft
Neben der Umwandlung der Stockergasse in eine Fußgängerzone ist ein im Uhrzeigersinn geführtes Einbahnsystem rund um den Lendplatz geplant. Neu ist auch, dass die Mariahilferstraße und die Ökonomiegasse zur Begegnungszone werden sollen. Das bedeutet, dass alle Verkehrsteilhabenden, sprich Passanten, KFZ/Auto- und RadfahrerInnen, gleichberechtigt die Verkehrsfläche nutzen dürfen. Doch das komme voraussichtlich erst 2021, sagt Verkehrsreferent Wolfgang Wehap, die rechte Hand von Kahr, weil das nicht gerade billig sei. „Da muss der gesamte Straßenraum umgestaltet und alles auf eine Ebene gebracht werden”, erklärt er.
Der Wunsch Kahrs nach einer reinen Fußgängerzone auch in der Mariahilferstraße sowie in der Ökonomiegasse hat sich leider nicht erfüllt, weil ÖVP und FPÖ dagegen waren. Laut Verkehrsabteilung wäre dies sehr wohl argumentierbar, seien doch rund um den Lendplatz mehr Räder als Kfz unterwegs. Kahr hofft, dass nach der Begegnungszone als zweiter Schritt auch noch eine Fußgängerzone kommt.
Neben diesen Vorhaben hat die Stadt Graz den Ausbau der Straßenbahnlinien bis 2030 vorgesehen. Die Nord-West-Linie soll demnach über den Lendplatz verlaufen. Laut Straßenamt sei mittlerweile die grobe Trassenfestlegung für die Straßenbahn in der Nähe des Lendplatzes fix, konkrete Haltestellen stünden aber noch keine fest.
Mehr Radeln, weniger Parken
Von der Umgestaltung profitieren vor allem die RadlerInnen. Das erste „Zuckerl” erhalten sie mit zusätzlichen Radabstellplätzen rund um den Lendplatz. Auch in der neuen Begegnungszone kommen laut Verkehrsreferent Wehap Plätze für Fahrräder dazu.
Der zweite Bonus für RadlerInnen geht mit der geplanten Einbahn um den Lendplatz einher. Entlang der Mariahilferstraße Richtung Norden, zwischen Volksgartenstraße und Marschallgasse, fällt dadurch eine PKW-Fahrspur weg, daher kann die Radspur in beide Richtungen breiter werden. Der geplante Zwei-Richtungs-Radweg soll baulich getrennt werden. Außerdem soll aus der Fußgängerampel bei der Kreuzung Volksgartenstraße – Lendplatz/Mariahilferstraße eine Rad- und Fußgängerampel werden.
Geteilte Meinungen
Stadträtin Kahr sieht wie Bürgermeister Nagl die Neugestaltung als „wichtigen Schritt, der die Qualität für alle verbessern wird: für Anrainer, Gewerbetreibende und Besucher.”
Für den Verein Radlobby ARGUS Steiermark dagegen „bleibt die Umgestaltung hinter den ursprünglich diskutierten Vorschlägen zurück und ist eine absolute Minimallösung. Im Rahmen einer lebenswerten Stadt, die sanfte, aktive Mobilität fördern will, ist der momentane Umgestaltungsplan viel zu wenig.”
Die MoVe-iT-Bewegung (Mobilität und Verkehr in Transformation) steht der Begegnungszone in der Mariahilferstraße und der Ökonomiegasse ebenfalls skeptisch gegenüber. Für sie ist eine Verkehrsberuhigung nur mit einer Fußgängerzone machbar.
Auch die fallengelassene Variante eines breiteren Radweges entlang dem Lendkai Richtung Norden hätte sich MoVe-iT gewünscht. „Der Radweg könnte problemlos ausgebaut werden, wenn eine Fahr- oder Parkspur am Lendkai entfernt wird”, sagt Stefan Kompacher, Initiator von MoVe-iT. Auch die Radlobby schließt sich da an. Bürgermeister Nagl lehnt dies ab. „Das ist ohne Verlust von Parkplätzen nicht mehr möglich”, so Nagl.
„Verkehrskonzept Lendplatz“ der Stadt Graz