Seit 15 Jahren unterstützt der Sozialverein ISOP Menschen, die jeden Tag mit AsylwerberInnen und MigrantInnen zu tun haben. Diese lernen, wie sie helfen können, was der Staat darf, was nicht und wie Integration am besten funktioniert. Bis 2. April können Interessierte sich für den neuen Lehrgang bewerben.
Wer gut integriert ist, soll ein Bleiberecht bekommen. Das wünscht sich Gertraud für Österreich. Die pensionierte AHS-Lehrerin arbeitet mit Asylwerbern zusammen, hilft ihnen beim Deutsch-Lernen und unterstützt sie im oft schwierigen Alltag. Beim Thema Abschiebung werden ihre Augen glasig. Mit zitternder Stimme erzählt sie von einem ihrer Schützlinge, der in die Pflegeschule gegangen sei und ausgezeichnete Bewertungen für seine zwei Praktika bekommen habe. In beiden Heimen hätten sie ihn nach dem Abschluss der Schule sofort genommen. Ob es je dazu kommt, weiß niemand. Der junge Mann durfte die Ausbildung nicht abschließen, weil er bis dato keinen positiven Asylbescheid hat. „Wir haben einen so dringenden Pflegenotstand, er würde diese Aufgabe super machen und das Innenministerium sagt trotzdem Nein“, so Gertraud.
In der Arbeit mit AsylwerberInnen oder Menschen mit Migrationshintergrund kommt es nicht selten zu Situationen wie dieser. Situationen, mit denen UnterstützerInnen wie Gertraud nicht immer umzugehen wissen. Genau hier setzt der Lehrgang zur interkulturellen Bildung der Sozialeinrichtung ISOP in der Dreihackengasse im Gries an. Die Kursteilnehmerinnen – aktuell besuchen ihn ausschließlich Frauen – kommen aus Berufen, in denen das Thema Integration ständig präsent ist. Von der Arbeit mit Frauen über den Kindergarten bis hin zur Arbeitslosenberatung ist ein breites Spektrum an Tätigkeiten abgedeckt.
Ausgewogene Expertise
Die Frauen setzen sich etwa zweimal im Monat mit unterschiedlichen Migrationsaspekten auseinander. ExpertInnen aus den jeweiligen Bereichen begleiten sie dabei von April bis Februar. Für den heuer startenden Kurs stehen beispielsweise die Salzburger Konfliktlöserin Hania Fedorowicz und der Extremismusforscher Moussa Al-Hassan Diaw als Vortragende fest. Die Kurskosten betragen 580 Euro.
Bei der Auswahl der ReferentInnen wird auf Ausgewogenheit geachtet: Nicht nur zwischen männlichen und weiblichen Vortragenden, sondern auch ihre Herkunft betreffend. „Wir wollten die Expertise von Leuten hereinholen, die selbst Erfahrungen mit Migration gemacht haben“, sagt Margareta Brigitzer. Sie ist eine der Organisatorinnen des Kurses und selbst Referentin.
Was sich geändert hat
Begonnen hat der Lehrgang vor 15 Jahren, seitdem hat sich einiges verändert. Lange Zeit arbeitete ISOP bei dem Projekt mit dem BFI zusammen. Dieses stieg aus finanziellen Gründen vor einigen Jahren aus, weswegen jetzt alle Teile des Kurses in Gries stattfinden. Die hohe Nachfrage war der größte Beweggrund dafür, den Lehrgang zu initiieren. Im ersten Jahr bewarben sich gleich um die 200 Personen. „Der Bedarf war ganz klar da“, sagt die Leiterin des Projekts, Helga Schicho. „Wir waren schon damals in einem Netzwerk mit vielen MigrationsexpertInnen. Die haben ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass es hier immer wieder zu Problemen kommt.“ Heute verzeichnet der Lehrgang nicht mehr ganz so viele Bewerber. Das liege laut Schicho daran, dass einige Teilnehmende nach dem Kurs zu Ansprechpersonen für ihre KollegInnen wurden, die den Lehrgang dann nicht mehr selbst machen müssen.
Türkis-Grün: „Nicht Kickl, aber knapp dran“
Gertraud will im Kurs lernen, wie sie Menschen am besten bei der Integration unterstützen kann. Nach ihrer Meinung zur Migrationspolitik der neuen Bundesregierung gefragt, schnauft sie verächtlich. Sie ist von den Grünen enttäuscht. Die Partei hätte die Flüchtlinge für ein paar Kleinigkeiten im Klima einfach verkauft. Es sei nicht mehr Kickl, aber knapp dran. „Das tut mir weh, weil ich mit diesen Menschen lebe und sehe, wie unglaublich bemüht sie sind. Trotzdem wird immer nur davon geredet, dass sie Lästlinge sind, die man loswerden will“, sagt sie.
Mit dem Lehrgang ist sie bisher zufrieden. Neben den Vorträgen schätzt sie den Austausch mit den anderen Teilnehmerinnen. „Man lernt einander gut kennen und die Themen werden von neuen Seiten beleuchtet. Jeder kann etwas dazu erzählen, das macht alles greifbarer. Wir reden nicht über Theorien, sondern über praktische Erfahrungen“, sagt sie.
Zuerst hinschauen, dann reden
Marlies, die ebenfalls am Lehrgang teilnimmt, ist der gleichen Meinung. Die Berufsschullehrerin hat in der Arbeit mit Sprachbarrieren zu kämpfen. „Vor allem die Fachwörter stellen ein Problem dar. Die Schüler übersetzen die deutschen Begriffe zuerst in die Muttersprache. Wenn sie die Wörter aber auch in ihrer Sprache nicht kennen, tun sie sich schwer und der Erklärungsaufwand ist groß“, erzählt sie. Im Kurs stößt sie auf offene Ohren. Einige andere Teilnehmerinnen kennen dieses Problem ebenfalls und können ihr nützliche Tipps geben.
Für den neuen Kurs, der im April startet, hoffen die Organisatorinnen auf viele Bewerbungen. Normalerweise schwankt die Anzahl der Teilnehmenden zwischen 12 und 18. Bewerben kann man sich noch bis 2. April.