Hohe Arbeitslosigkeit, massive Umsatzeinbußen, vorläufige Betriebsschließungen: Die Gastronomie kämpft enorm mit der Corona-Krise – so auch im Annenviertel.
Die Türen sind geschlossen und die Tische leer. Aber in der Küche des Marschallhofes wird nach wie vor gekocht. Seit 28 Jahren steht Johannes Koch in seinem Gasthaus hinter dem Herd. „Ich hab in den Jahren keinen Tag wegen Krankheit geschlossen gehabt“, sagt der 57-jährige Küchenchef. Jetzt muss er sein „Kind, das er mit allen Höhen und Tiefen großgezogen hat“, für den Gastrobetrieb zusperren.
Der Marschallhof ist nur einer von vielen Betrieben, die in der Covid-19-Krise ums Überleben kämpfen. Über 500.000 Menschen sind in Österreich derzeit als arbeitslos gemeldet – davon fällt der größte Teil in den Tourismus und die Gastronomie. Restaurants und Wirtshäuser können ihre Speisen ausliefern. Nun ist auch der Gassenverkauf wieder erlaubt.
Ausliefern als Notnagel
Johannes Koch setzt in der ungewohnten Situation auf das Ausliefern. Er und seine Frau haben in der Nachbarschaft Zettel ausgehängt und die Stammgäste informiert. Währenddessen sind auch neue Gäste auf den Marschallhof aufmerksam geworden und haben schon mehrmals dort bestellt. Die ganzen Kosten können aber nicht gedeckt werden. „Es ist ein bisschen, um laufende Kosten abzudecken“, sagt Koch. Was er sich für die Zukunft erhofft? Dass die ÖsterreicherInnen ihr regionales Bewusstsein beibehalten. „Wir haben regional, wie wir jetzt sehen, alles was wir brauchen. Jetzt können alle schätzen, dass wir von unseren Bauern versorgt werden“, fügt er hinzu.
Zugestellt wird auch vom Gasthaus Lendplatzl. Doch die Lieferungen helfen hier ebenfalls nur bedingt dabei, die Kosten zu decken. „Der Umsatz des Lieferservices ist für unsere Größe und Anzahl der Mitarbeiter so gering, dass damit nicht einmal die Fixkosten gedeckt werden können“, sagt Johannes Klug, Serviceleiter des Lendplatzl. Seit 1984 ist das Wirtshaus unter der Leitung seiner Familie. Für sie ist es nicht nur die Lebens- und Existenzgrundlage, sondern auch ihre Leidenschaft. Ihre MitarbeiterInnen haben sie größtenteils zur Kurzarbeit angemeldet. „Die Kurzarbeit ist eine große Hilfe“, betont Klug und fügt hinzu, dass auch die Hilfskredite schnell und unbürokratisch über die Bühne gegangen sind. Die Höhe reiche aber lediglich, um die Löhne für die nächsten zwei Monate bezahlen zu können. Wie es in der Zukunft weitergeht, ist auch hier ungewiss. Klug erhofft sich eines: Eine verhältnismäßige Rückführung in die Normalität.
Mehr Hilfe für Unternehmen
Im Wirtshaus Bernsteiner kocht Chef Eduard Bernsteiner auf Vorbestellung – das Essen kann dort abgeholt werden. Seit 13 Jahren betreibt er das Wirtshaus, das mehr als nur ein Job für ihn ist. „Das Wirtshaus ist mein Lebensinhalt, meine Verwirklichung“, sagt Bernsteiner. Die Maßnahmen treffen ihn daher auch sehr. Seine Angestellten musste er kündigen, bis sich die Sache wieder normalisiert. Was er am stärksten kritisiert, ist die Bürokratie bei den staatlichen Hilfen. „Wichtig ist, dass uns als Unternehmern geholfen wird und das soll viel unbürokratischer gehen“, sagt er und wünscht sich eine Automatisierung des Prozesses sowie eine Erhöhung der finanziellen Unterstützungen. „Wenn ich meinen Monatsumsatz nicht habe, dann kann ich gar nichts zahlen und die Kosten laufen weiter“, sagt er.
Quizzen für den guten Zweck
Am Mariahilferplatz hat „The Pub“ aufgrund von Corona geschlossen. Adrian Sadler, einer der Teilhaber des Pubs, hat sich für die schwierige Situation etwas einfallen lassen. Zusammen mit dem Office Pub organisiert er dienstags und donnerstags Online-Pub Quizzes. Diese Quizzes sind dabei frei für alle. Gleichzeitig sammeln die Organisatoren Spenden für das Rote Kreuz. Das 500€-Ziel haben sie dabei schon nach zwölf Stunden geknackt. Der derzeitige Stand liegt bei 830€. “Es ist vielleicht nicht viel, aber wir hoffen, dass wir etwas für die Gesellschaft im Annenviertel, in Graz und in Österreich machen können. Und gleichzeitig auch ein wenig Spaß vermitteln, während wir die Quarantäne ertragen“, sagt Sadler.
Frühestens ab Mitte Mai darf die Gastronomie wieder öffnen. Die Zeit rinnt hingegen weiter und das nicht zwingend zugunsten der Lokalbetreiber. Mit den Möglichkeiten Essen abzuholen und auszuliefern, haben die Unternehmen eine kleine Einnahmensquelle erhalten. Ob diese Einnahmen bis zum Eintritt in die Normalität reichen werden, steht jedoch in den Sternen.