Linzer Kunststudierende machen das Potenzial eines längst vergessenen Ortes sichtbar. Das Projekt OEVERwerk findet großen Anklang im Bezirk Gries und bringt die Rösselmühle zurück in den Fokus der öffentlichen Diskussionen.
Von: Katharina Wakonig, Chiara Wenig, Laura Wiener
Ein schweres, eisernes Tor versperrte bis vor drei Wochen der Öffentlichkeit den Zugang zum Areal der alten Rösselmühle. Grüne Schlingpflanzen ranken sich dort um verfallene Werkshallen und Getreidelager. Schutt, Müllhaufen und zurückgelassene Mehlsäcke liegen auf dem verwinkelten Vorhof verstreut. Durch die Stille rauscht der Mühlgang. Und mitten im Industriegelände ein Kunstwerk: eine schillernde Glaswand, in der sich das Sonnenlicht spiegelt.
Das historische Gebäude mit seinen Hallen und Silos prägt den Bezirk Gries wie wenige andere, steht aber seit seiner Stilllegung 2014 leer und wartet auf neue Aufgaben. Seit kurzem zeigt sich nun ein anderes Bild: 15 StudentInnen der Linzer Kunstuniversität bringen neues Leben in diese geschichtsträchtigen Betriebsstätten.
Künstlerische Wiederbelebung der Rösselmühle
In Kooperation mit dem Institut für Kunst im öffentlichen Raum hat die Studentengruppe das Projekt OEVERwerk gestartet. Das Ziel ist es, öffentlichen Raum zu schaffen und eine Diskussion über das weitere Schicksal der Rösselmühle anzuregen, sagt Antoine Turillon, der das Projekt leitet. Zahlreiche Arbeiten befassen sich mit der Geschichte des Areals, auf dem bereits im Jahr 1270 erstmals eine Mühle urkundlich erwähnt war, und fügen sich nahtlos in die Industrieästhetik des Areals ein.
Das Projekt hat über die vergangenen beiden Wochen und zur Überraschung der Betreiber eine bunt gemischte Besucherschaft angelockt. Nicht nur Kunstbegeisterte sondern auch AnrainerInnen und ehemalige MitarbeiterInnen strömten aufs Gelände und können dort noch bis 4. Oktober die künstlerischen Arbeiten der Studierenden bewundern und an geführten Touren teilnehmen. Diese befassen sich mit Themen wie Spätarbeit oder der Geschichte der Rösselmühle.
Rösselmühle auf neuen Wegen
Laut einem Bericht der Kleinen Zeitung [Abo] suchen Inhaberin Eva Polsterer und ihre Miteigentümer schon länger nach einer neuen Nutzung. Für OEVERwerk haben sie das Gelände zur Verfügung gestellt. Auch viele Anrainer würden es begrüßen, wenn das Areal wieder zugänglich wäre. „Ich bin vom Kunstprojekt OEVERwerk begeistert, da es auf die Rösselmühle aufmerksam macht und eine gute Zwischennutzung ist”, sagt die Architektin Elisabeth Kabelis-Lechner, die in der Gegend wohnt und arbeitet. Sie setzt sich schon seit Jahren dafür ein, dass das Gelände eine neue Verwendung findet. Überhaupt habe der Bezirk Gries viele unerforschte Aspekte zu bieten, die es gilt, an die Öffentlichkeit zu bringen. Auch Thomas Pilz, Architekt, engagierter Viertelbewohner und Kämpfer für einen lebenswerten Griesplatz kann sich vorstellen, dass die Rösselmühle eine Art „Kunsthaus für Gries“ werden könnte. Auch Turillon ist optimistisch: „Gries hat viel ungenutztes Potenzial und ist der spannendste Bezirk in der Innenstadt, in dem seit Jahren nicht viel passiert ist.”
Wer das Gelände durchstreift, kann das Potenzial förmlich spüren. Dann, nachdem sich die Eisentore wieder schließen, geht man durch´s Viertel und hat dabei noch das idyllische Rauschen des Mühlgangs im Ohr. Und in der Ferne ragt der alte Getreidesilo in den Himmel.
Titelbild: Ein Kunstwerk am Eingang der Rösselmühle, Foto: Chiara Wenig
Letzte Mühlbesichtigungen: 02.-04.10.2020 (13-17 Uhr)
Kunstausstellungen:
Wasserfall 02.10.2020 (ab 19 Uhr)
Opus 4 03.10.2020 (ab 14 Uhr)
Hautfront 03.10.2020 (ab 17 Uhr)
Nähere Infos: https://oeverwerk.at/