Die Grazer Künstlerin Isa Riedl, in der aktuellen < rotor > – Austellung mit zwei Arbeiten vertreten, über Kunst in Zeiten des „Distancing“ und die Vorteile der analogen Welt.
Von: Alice Müller, Anna-Lena Müller und Paul Koren
Wenn sich Isa Riedl heute an den 6. März zurückerinnert, dann erinnert sie sich an eine Welt, in der Baby-Elefanten und MNS-Masken noch nicht zum alltäglichen Sprachgebrauch gehörten. An diesem Tag eröffnete die Künstlerin in der Leibnitzer Galerie Marenzi ihre Ausstellung “Magic Spells“ und ahnte nicht, dass es sehr lange dauern sollte, bis sie ihre Kunst wieder vor ähnlich viel Publikum zeigen würde können.
Dabei war der Lockdown für sie anfänglich eher eine willkommene Entschleunigung, erzählt sie bei einem Treffen im Kunstzentrum < rotor > in der Volksgartenstraße. Dort eröffnete am 19. September die Ausstellung “In der Schwebe“, die Werke von fast 30 steirischen KünstlerInnen versammelt. Um Risiken und Ungewissheiten geht es in vielen der Arbeiten, die die < rotor > KuratorInnen zusammengestellt haben. Isa Riedl zeigt in der Ausstellung zwei Blätter aus der Reihe “Konzept der Auflösung“, die vor einigen Jahren anlässlich eines Studienaufenthaltes in Prag entstand.
Zu Beginn, erzählt Riedl, habe sie aufgrund der Ausnahmesituation sogar einen neuen Zugang zur Kunst gefunden. Mit den Einschränkungen konnte sie gut umgehen, war sie es durch ihre Arbeit in der Kunstbranche ohnehin gewöhnt, sich zusätzlich zu ihrer Arbeit mit “Brotjobs” über Wasser zu halten und sparsam zu wirtschaften. “Man kommt mit viel weniger aus, als man denkt”, so Riedl.
Zwei künstlerische Schicksale
Riedl, die in Linz Grafik und Malerei studierte und wieder nach Graz zurückkehrte, hat im Annenviertel ein Atelier gemeinsam mit Karoline Rudolf. Rudolf, die sich hauptsächlich der Performance-Art verschrieben hat, empfand es als „frustrierend“, dass ihr künstlerischer Prozess so „eingefroren“ wurde, wie sie erzählt. So musste ihre im Frühjahr verschobene Arbeit „flüchtig“ mit einer beschränkten Zuschauerzahl von zehn Personen im Herbst gleich zweimal hintereinander stattfinden, um wenigstens 20 Leuten den Eintritt zu ermöglich. Langsam machte die Situation aber auch Isa Riedl zu schaffen. Aufgrund des Einbruchs an sozialen Kontakten und des fehlenden Dialogs mit anderen Kunstinteressierten begann sie sich einsam zu fühlen.
Grazer KünstlerInnen im Fokus
Die Ausstellung im < rotor >, die schon im Mai mit einer Plakatserie an den Seiten des Eingangsportals startete, gab Riedl dann die Möglichkeit, ihre Kunst endlich wieder vor Publikum zu zeigen. Zwar sei es nur 30 Personen gleichzeitig erlaubt gewesen die Werke zu bewundern, die Vernissage zog sich aber über den ganzen Nachmittag, was dennoch eine große BesucherInnenzahl ermöglichte. Für den < rotor > wiederum war das Projekt so etwas wie das Einlösen einer Verpflichtung gegenüber lokalen Kunstschaffenden, sagt Margarethe Makovec, Mitbegründerin des Kunstzentrums, im Gespräch: Grazer und steirischen KünstlerInnen eine Bühne zu geben, diese auch mit Honoraren zu unterstützen.
Isa Riedls Zwischenresümee nach acht Monaten Ausnahmezustand, die einige Kunstinstitutionen und Festivals wie der steirische herbst mit Online-Programmen zu überbrücken versuchten: Distanz einzunehmen mag zwar auch in der Kunst eine geeignete Methode sein, um eine neue Perspektive zu gewinnen. Aber KünstlerInnen leben zu einem großen Teil von und für die Eindrücke, die beim gemeinsamen Erleben einer Ausstellung mit dem Publikum entstehen. „Wir müssen diese analoge Welt verteidigen und einfordern“, sagt Riedl.